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Kreis-Pflegehaus am Klinikum soll im Dezember fertig sein

Nach der Insolvenz von Müller Bau muss mit Firmen nachverhandelt werden – Baukosten steigen um zehn Prozent

Astrid Sewing

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Schwarze Fläche: Auf der Baustelle steht noch das alte Schild, aber alle Hinweise auf Müller Bau sind abgedeckt. Nach der Insolvenz hat der Kreis Lippe die Gewerke neu vergeben. - © Preuss
Schwarze Fläche: Auf der Baustelle steht noch das alte Schild, aber alle Hinweise auf Müller Bau sind abgedeckt. Nach der Insolvenz hat der Kreis Lippe die Gewerke neu vergeben. (© Preuss)

Kreis Lippe. Der Rohbau steht, dann meldet der Generalunternehmer Müller Bau am 26. Januar Insolvenz an. Der Kreis Lippe hat zwei Großprojekte kurzfristig umgeplant: die Pflegeeinrichtung in Lemgo und die Rettungswache in Bad Salzuflen.

Das Unternehmen aus Lügde-Rischenau hatte 2013 den Zuschlag zunächst für zwei Projekte bekommen. Die Rettungswache in Lemgo und die Senioreneinrichtung des Kreises am Klinikum, die die Einrichtung an der Echternstraße in Lemgo ersetzen soll, wurden mit 8,1 Millionen Euro angesetzt.

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Neues Schlaflabor

Die Kliniken in Detmold und Lemgo haben sich spezialisiert. In Detmold sind die Familienklinik, die Chirurgie und die Behandlung von Herzkrankheiten Schwerpunkt, in Lemgo sind es mehr Lungen und Alterskrankheiten. In der neuen Einrichtung wird es 72 seniorengerechte Zimmer geben. Weiterhin werden sechs spezielle Pflegeplätze für Patienten vorgehalten, die auf mobile Beatmungsgeräte angewiesen sind. Im Erdgeschoss wird ein Schlaflabor mit sechs Zimmern eingerichtet – das erste in Lippe, das einer Klinik angegliedert ist. Der Schlaf von Patienten wird überwacht, Hirnströme, Atmung, Muskelspannung oder Sauerstoffsättigung des Blutes werden in Messwerten dargestellt. Durch dieses Schlafprofil können die Ärzte Rückschlüsse auf die Schlafqualität ziehen.

Später wurde das Paket um den Auftrag ergänzt, auch die Rettungswache in Bad Salzuflen zu bauen. „In Lemgo ging das auch alles planmäßig über die Bühne, die Rettungswache wurde pünktlich eingeweiht. Doch bei der Pflegeeinrichtung lief es ab November vergangenen Jahres schleppend“, sagt Meinolf Haase, der den Katastrophenschutz organisiert und deshalb auch bei den Rettungswachen ein Wörtchen mitredet.

Immer wieder sei versichert worden, dass alles im Zeitplan erledigt werde – bis zum 26. Januar. „Abends wurde uns geraten, nachts ins Internet zu schauen. Da werde die Insolvenz öffentlich“, erinnert sich Haase. Das Pflegeheim stand im Rohbau, und von einem auf den anderen Tag musste alles neu geregelt werden. Der Kreis Lippe ließ eine Fotodokumentation durch einen Sachverständigen erstellen. Haase und die Kreis-Architektin Claudia Nolte übernahmen die Verhandlungen mit den Subunternehmern, die zum Teil hohe fünfstellige Forderungen gegen Müller Bau hatten.

Der Kreis Lippe hingegen hatte anders abgerechnet. Landrat Friedel Heuwinkel gibt zu, dass er erst einmal ein mulmiges Gefühl hatte. „Doch zum Glück hatten wir Abschläge an Müller Bau gezahlt, aber auch die Leistungen dafür schon bekommen.“ Die Subunternehmer blieben dennoch bei der Stange und mussten ihre Auftragsplanung ebenso ändern wie der Kreis Lippe. Statt einer Fertigstellung im Frühjahr wird der Bau voraussichtlich erst zum Ende des Jahres stehen.

Mit einigem Vorlauf wolle man den Umzug der Senioren aus der Einrichtung an der Echternstraße vorbereiten. „Es ist uns klar, dass das für den einen oder anderen schwierig ist. Deshalb werden wir das auch nicht übers Knie brechen“, verspricht Heuwinkel. Im Grundsatz sei er aber überzeugt davon, dass die Entscheidung für den Neubau und gegen die Sanierung Echternstraße richtig sei. „Der Komfort wird größer, wir erweitern auch das Betreuungsspektrum und richten Pflegeplätze für Ältere ein, die nach einem Klinikaufenthalt noch eine Betreuung brauchen. Ideal ist die Angliederung an das Klinikum“, sagt der Landrat.

Die Verzögerung wirkt sich nicht nur auf die Umzugspläne, sondern auch auf die Kosten aus. Es wird teurer, mit rund zehn Prozent rechnen die Experten des Kreises. „Wir haben es jetzt mit einzelnen Firmen zu tun, nicht mit einem Generalunternehmer. Das bedeutet, dass wir 20 Gewerke ordnen mussten, sonst wäre die Gewährleistung nicht übernommen worden“, sagt Heuwinkel. Apropos Gewährleistung: Müller hat auch die Familienklinik gebaut. „Da gibt es eine Bürgschaft über drei Prozent der Baukosten. Vor Ablauf der Gewährleistungsfrist werden wir alles prüfen und etwaige Mängel anzeigen“, sagt Nolte. Aus dem Kreishaushalt muss auch kein Geld für das noch unvollendete Projekt zugeschossen werden. Die Gesamtkalkulation des Baus liege immer noch in dem Bereich, der durch die Pflegekassen bezuschusst werde.

Die neue Ausschreibung für die Rettungswache in Bad Salzuflen laufe parallel. „Da sind bislang nur die Erdarbeiten und einige Kanäle angefallen. Das ist deshalb wesentlich einfacher“, sagt Haase.

Kommentar: Einsatz des Kreises ist klasse

Der Kreis Lippe hat ein großes Bauprojekt durch außerordentlichen Einsatz wieder auf die Schiene geschoben – das war klasse, auch wenn sich einiges verzögert und sich die Senioren, die noch in der Echternstraße leben, vielleicht freuen, weil sie ohnehin nicht umziehen möchten.

Das kann man verstehen, aber trotzdem ist es richtig, dass sich der Kreis Lippe gegen die Sanierung an der Echternstraße entschieden hat, denn der neue Bau bietet mehr Chancen. Pflegeplätze, die an einer Klinik angegliedert sind, helfen den Senioren, die nach einer Behandlung nicht sofort nach Hause können. Die Ärzte nebenan – das vermittelt ihnen Sicherheit. Und für die, die nur mit Hilfe eines Beatmungsgerätes ihren Alltag meistern können, gilt das ebenfalls.

Im Wettbewerb der Kliniken kann Lemgo sein Profil weiter schärfen. Atemwegserkrankungen sind in Deutschland der zweithäufigste Grund für Arbeitsausfälle und weltweit die zweithäufigste Todesursache. Die Lungenkrankheiten Asthma und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung gehören mit jeweils etwa sieben Millionen Patienten zu den Volkskrankheiten in Deutschland. Der Kreis investiert mit diesem Projekt also in die Zukunft, was allen zu Gute kommt.

asewing@lz.de

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