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Chefarzt Dr. Andreas Luttkus über Sinn und Unsinn von Kaiserschnitten

Martin Hostert

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Im Kreißsaallabor: Professor Andreas Luttkus an einem Blutgas-Analysegerät. - © Martin Hostert
Im Kreißsaallabor: Professor Andreas Luttkus an einem Blutgas-Analysegerät. (© Martin Hostert)

Detmold. In Lippe bringt jede vierte Frau ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt – deutlich weniger als im Landes- und Bundesdurchschnitt. Diese Zahl des Statistischen Landesamtes macht Professor Andreas Luttkus durchaus stolz.

Der Chefarzt der Frauenklinik im Klinikum Lippe kommentiert die Daten, von der „IKK classic“ veröffentlicht, mit Wohlwollen. Der jetzt publizierten Statistik aus dem Jahr 2013 ist zu entnehmen,dass 413 der 1664 Babys in Lippe per Kaiserschnitt zur Welt kamen, also 25 Prozent. Im NRW-Durchschnitt sind es 33 Prozent, in ganz Deutschland 32 Prozent.

Für Dr. Luttkus ist ein Kaiserschnitt selbstverständlich eine angemessene und notwendige Methode, um Kinder auf die Welt zu holen. Dann, wenn die Schnittentbindung medizinisch begründet ist, wenn die Sorgen um die Kinder – etwa bei einer vorzeitigen Plazenta-Ablösung – groß sind. Dass Frauen Angst vor Schmerzen haben oder Komplikationen befürchten, ist für ihn keine Begründung.

„Dagegen können wir etwas machen. Vor allem müssen wir uns vorher für die Frauen Zeit nehmen. Und das tun wir.“ Gegebenenfalls würde etwa bei einem Schwangerschaftszucker eine Geburt vorzeitig eingeleitet, um zu vermeiden, dass das Kind zu groß wird.

Er und sein Team legten allergrößten Wert auf Aufklärung – und auf Vorsorgeuntersuchungen. Im Falle von schlechten Herztönen im Geburtsverlauf müsse nicht zwingend ein Kaiserschnitt gemacht werden. „Vielmehr kann mit einer   Analyse des  Blutes des Fötus ein Kaiserschnitt vermieden werden.“ Dafür wird dem ungeborenen Kind ein Tröpfchen Blut entnommen. „Es gibt Kliniken, die machen das nicht“, weiß Dr. Luttkus und nennt eine andere Zahl: „90 Prozent aller Kinder geht es ja gut.“

Ein Kaiserschnitt sei ein großer medizinischen Eingriff – unter anderem mit der Konsequenz,  dass Narben lange heilen müssen und sich die Geburt eines eventuell gewünschten weiteren Kindes verzögern muss. In Zeiten, in denen Mütter ohnehin immer älter werden, sei dies schwerwiegend. Außerdem haben Kaiserschnittkinder ein höheres Risiko, später an Diabetes, Allergien, Asthma und Zöliakie zu erkranken.

Warum aber entbinden so viele Frauen per Kaiserschnitt? Professor Luttkus sieht mehrere Gründe – etwa die Schwangerschaftsdiabetes, häufig mit der Folge, dass die Mütter zu viel Gewicht mit sich herumschleppen. So werden auch die Babys immer größer und eine natürliche Geburt komplizierter. Auch die Sorge mancher Klinik vor Gerichtsverfahren, sollte bei einer natürlichen Geburt irgendetwas schieflaufen, lasse die Zahl der Kaiserschnitte ansteigen – ebenso der Wunsch von Müttern, das Kind zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Welt zu bringen. Für den Arzt sind dies keine tragfähigen Argumente. So blickt er kopfschüttelnd in eine Klinik nach Wien, wo Mütter begründen müssen, warum sie keinen Kaiserschnitt wünschen.

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