Kreis Lippe. Rund zwei Prozent aller neuen Krankenhauspatienten tragen einen MRE-Keim in sich, sind also gegen einige Antibiotika immun. Klinikum und Senioreneinrichtungen zeigen sich im Kampf gegen die Keime gewappnet.
Wenn Keime oder Bakterien resistent und nicht mit Medikamenten zu behandeln sind, „gefährdet das insbesondere Patienten mit geschwächtem Immunsystem“, sagte Dr. Helmut Günther vom Gesundheitsamt des Kreises gestern bei einer Siegel-Verleihung im Medicum Detmold. Bereits kleinere Infektionen könnten tödlich verlaufen, „wir fallen auf den Stand vor 1950 zurück“. Vor allem Patienten, die eine Chemotherapie durchlaufen, Ältere und chronisch Kranke seien gefährdet.
Verliehen wird das Siegel vom "Regionalen Netzwerk zur Prävention multiresistenter Erreger in OWL". In dem Netzwerk kooperieren alle Gesundheitsämter in Ostwestfalen-Lippe und die Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld. Um das Siegel zu erhalten, müssen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen zehn Qualitätsmerkmale erfüllen. Damit die Neutralität gewahrt bleibt, prüft das land die Kriterien. Nach Auskunft Dr. Helmut Middeckes sind jüngst in Münster 39 Siegel für NRW-Häuser verliehen worden. Zehn der ausgezeichneten Einrichtungen, darunter die lippischen, haben das Siegel zum ersten Mal bekommen; den anderen gelang es, die Qualitätsmerkmale zu bestätigen.
Patienten, die MRE-positiv getestet werden, müssen zwingend auf eine Isolierstation. Das Testergebnis liegt spätestens binnen 24 Stunden vor, aber die Übertragungswahrscheinlichkeit in diesem Zeitraum sei verschwindend gering, sagte Krankenhaushygieniker Dr. Jens Gieffers.
In Lippe sind prozentual nicht mehr und nicht weniger Menschen mit den multiresistenten Keimen belastet als im übrigen Bundesgebiet. „Wir können diesem Risiko also mit den bereits ergriffenen Maßnahmen begegnen“, erklärte Gieffers. Dazu zählen eben das Screening der neuen Patienten, Schulungen der Kollegen und eine Hygiene-Kommission. Das nunmehr verliehene Siegel motiviere zu einer strukturellen Weiterarbeit und würdige die Bemühungen – das sei auch angesichts wachsender Flüchtlingszahlen wichtig, betonte Dr. Helmut Middecke, Ärtzlicher Direktor des Klinikums Lippe
Dorothea Ruhe, Prokuristin der Kreissenioreneinrichtungen, nannte die maximale Hygiene eine „Herausforderung für die Altenhilfe“. Es gelte, die Menschen aufzuklären und ihnen Ängste zu nehmen, denn Hygiene werde in der Gesellschaft immer noch zu wenig thematisiert.
Landrat Friedel Heuwinkel lobte die Zusammenarbeit zwischen Kliniken, Senioreneinrichtungen und auch dem Gesundheitsamt. Dass dieses als Aufsichtbehörde des Klinikums gleichzeitig Kooperationspartner ist, stellte Dr. Heike Scharpenberg, Fachbereichsleiterin für Gesundheit und Verbraucherschutz, heraus. In den Krankenhäusern und Seniorenheimen arbeiten Hygienefachkräfte, sie führen Aufsicht, beraten Pflegekräfte und Ärzte. Im Intranet der Einrichtungen gibt es exakte Verhaltensanweisungen.
Tierärztin Scharpenberg forderte zudem, dass der Antibiotika-Einsatz sinken müsse. „Es wird kritisch, wenn Antibiotika prophylaktisch zu inflationär eingesetzt wird.“ Multiresistente Keime kommen auch in der Massentierhaltung vor, besonders unter Schweinen und Hühnern.