Kreis Lippe/Paderborn. Es ist ein Volkssport, Handwerkerrechnungen zu hinterfragen; und die Zahl derer, die nicht zahlen, wächst – beides hat die Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe (KH) dazu bewogen, einen speziellen Inkassoservice für die 2.200 Innungsbetriebe anzubieten.
Andrea Hegerbekermeier ist Rechtsanwältin und für die KH tätig. 300 bis 400 Anfragen habe es bislang pro Jahr gegeben. Bislang sei der Service aber eher nebenbei gelaufen. Auch weil sich die Zahlungsmoral „massiv verschlechtert hat", habe man ein neues Konzept unter dem Titel „Reden ist Silber, Inkasso bringt Geld" aus der Taufe gehoben.
Es geht um kleine Beträge, aber auch um Existenzen. Aus ihrer Praxis kennt sie einige Fälle, in denen der Zahlungsausfall eine Insolvenz nach sich zog. „Im vergangenen Jahr musste ein Zimmererbetrieb aufgeben, weil 250.000 Euro ausstanden. Zwei Baubetriebe gingen ebenfalls deshalb pleite." Hohe Summen kämen schnell zusammen, denn vor allem im Baugewerbe würden die Betriebe in Vorleistung treten und das Material kaufen.
„Ist die Existenz gefährdet, wird eher der Weg über einen Rechtsanwalt gewählt", sagt Hegerbekermeier. Gehe es um eine tiefergehende rechtliche Beratung, weil zum Beispiel eine Baumängelhaftung im Raum stehe, sei der Inkassoservice auch nicht die richtige Adresse. In solchen Fällen sei Anwaltlicher Rat gefragt. „Aber es ist eben auch so, dass sich dieser Weg wegen kleinerer Forderungen nicht rechnet. Außerdem dauert es zuweilen länger, überhaupt einen Termin zu bekommen", sagt die Rechtsanwältin.
30 Jahre lang kann gepfändet werden
Die Handwerker zahlen eine Servicegebühr, die sich an der Höhe der Forderung orientiert. Bis 250 Euro sind 50 Euro fällig, für eine Forderung von 1.250 bis 2.500 Euro müssen 100 Euro auf den Tisch gelegt werden. 200 Euro sind der Höchstsatz, der für Beträge über 10.000 Euro gilt.
Die Handwerker hätten den Vorteil, dass die Sache postwendend abgewickelt werde. Rechnung und Mahnschreiben werden an die Kreishandwerkerschaft geschickt, die Inkassostelle setzt dann ein Schreiben an den Schuldner auf mit einer Zahlungsfrist. „Wir rufen die Schuldner dann an und lassen nicht so schnell locker", sagt Hegerbekermeier.
Es werden Vergleichsverhandlungen geführt, Ratenzahlungen vereinbart und der pünktliche Eingang auch überwacht. Habe dieses Vorgehen keinen Erfolg, stelle der Inkasso-Service einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids und eines Vollstreckungsbescheids. „An diesem Punkt geben wir eine Einschätzung ab, ob sich das lohnen könnte. Denn die Gerichtskosten müssten die Handwerksbetriebe tragen."
Soll das Verfahren in Gang gebracht werden, dann wird der Inkassoservice aktiv. „Wenn man einen Titel hat, dann kann der 30 Jahre lang vollstreckt werden. Ändert sich die Vermögenssituation, dann kann man pfänden und sämtliche Kosten inklusive Zinsen müssen von dem Schuldner übernommen werden."
Irina Dojan ist bei der Kreishandwerkechaft Ansprechpartnerin und unter Tel. 05231-970130 zu erreichen. Per Mail gibt es Kontakt unter inkasso@kh-paderborn-lippe.de.