Kreis Lippe. Wenn keine Heilung möglich ist. Wenn es Familie nicht gibt oder sie überfordert ist. Wenn Todkranke Beistand brauchen. In all diesen Fällen sollen ehrenamtliche Helfer Palliativmediziner und -pfleger am Klinikum Lemgo unterstützen.
„Wir suchen mehrere Ehrenamtler, die sich vorstellen können, auf der Palliativstation mit den derzeit neun Patienten Zeit zu verbringen", sagt Sascha Hetmeier, Fachbereichsleitung Pflege am Klinikum Lippe. Dazu gehörten Spaziergänge, Kochstunden und Gespräche. „Das kommt immer auf die Bedürfnisse des jeweiligen Patienten an", so Hetmeier.

Natürlich habe man gegenwärtig schon einige ehrenamtliche Helfer, die Einkäufe erledigten oder für Lesestunden bereit stünden. Doch die künftigen Freiwilligen sollen nach einem Bewerbungsverfahren und anschließender Fortbildung „Experten für Palliativ-Patienten" werden. Um dies zu erreichen, werde gemeinsam mit der ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienst Lippe (AHPB) eine 30-stündiges Seminar angeboten. „Dies ist wichtig, da der Hilfebedarf schwerkranker und sterbender Menschen von Fall zu Fall unterschiedlich ist und sich auch im Verlauf der letzten Lebensphase verändern kann", sagt Andreas Lüdeke vom AHPB.
Daher sei eine vernetzte Versorgung vonnöten, die ein reibungsloses Ineinandergreifen verschiedener Hilfsangebote gewährleiste. „Neue und bestehende Angebote müssen vernetzt werden, damit Schwerkranke und sterbende Menschen entsprechend den individuellen Wünschen und Bedürfnissen versorgt und betreut werden können", betont Lüdeke.
In diesem Netzwerk sollen die künftigen Ehrenamtler eine „Schlüsselrolle" einnehmen und dabei Angehörige, Pflegende und Ärzte entlasten und Sterbenden ein Leben in Würde bis zuletzt ermöglichen. Da die Begleitung eines Sterbenden immer auch eine intensive Erfahrung für die Begleitenden bedeute, sei es wichtig, sich gut darauf vorzubereiten und nachzuarbeiten. „Es wird regelmäßige Weiterbildungsangebote, Treffen mit anderen Ehrenamtlichen sowie Supervision geben" sagt Lüdecke. Die bedeute, dass alle Ehrenamtlichen sich einzeln oder in der Gruppe mit einem Spezialisten über die belastenden Seiten des Dienstes austauschen können. „Seelenhygiene" – das gehöre dazu, fügt Lüdeke hinzu.
„Die Helfer sollen nicht nur achtsam mit dem Betroffenen, sondern auch mit sich selbst sein", erklärt Pflegegruppenleiterin Ursula Block, die auf der Palliativstation 13 Mitarbeitern vorsteht und die neun Menschen auf der Lemgoer Palliativstation betreut. Sie freue sich auf die neuen Helfer. „Wir können jede Hand gebrauchen", fügt die 54-Jährige hinzu. In welchen Bereichen die Helfer einsetzt würden, werde sich mit der Zeit einspielen.
Grundkursus umfasst 30 Sekunden
Am 23. April startet ein neuer Grundkursus „Sterbende begleiten". Er umfasst insgesamt 30 Stunden und ist speziell für Menschen, die später als ehrenamtliche Mitarbeiter des Hospizdienstes schwer erkrankte Menschen auf der Palliativ-Station des Klinikums in Lemgo oder in Altenpflegeeinrichtungen begleiten und unterstützen möchten.
Wichtigstes Ziel des Kurses sei, die Teilnehmer für den eigenen Lebensweg, für Lebensereignisse wie Krankheit, Sterben, Tod, Abschied und Trauer zu sensibilisieren und so für die spätere Arbeit zu schulen, sagt Andreas Lüdeke. Die Teilnahmegebühr beträgt 95 Euro.
Infos unter www.hospiz-lippe.de
Kommentar: Sterben ist Teil des Lebens
von Erol Kamisli
Nach der Einrichtung der Palliativstation in Lemgo vor mehr als zwei Jahren geht das Klinikum Lippe gemeinsam mit dem ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienst Lippe neue Wege. Per Bewerbungsverfahren werden Ehrenamtliche gesucht, die einen Teil ihrer freien Zeit unbezahlt für die Begleitung Kranker, Sterbender und deren Angehöriger zur Verfügung stellen wollen.
Ein guter und überfälliger Schritt, der Transparenz schafft. Denn durch den Einsatz der Freiwilligen, die professionell vorbereitet werden, öffnet das Klinikum erstmals in dieser Art und Weise die Türen der Palliativstation und zeigt, dass Sterben ein Teil des Leben ist. Der ehrenamtliche Einsatz auf der Station soll nicht laut sein – wichtig ist Zeit für die Sterbenden, die ihre letzten Lebensabschnitt nicht alleine verbringen sollen, betonen die Profis. Manchmal ist es nur eine Sitzwache bei einem unruhigen Patienten, der eine Hand zum Festhalten braucht, eine beruhigende Stimme, ein Zeichen der Zuwendung – dafür haben die Ärzte, Pfleger und Schwestern oft keine Zeit, weil der nächste Fall ruft.
Doch die Ehrenamtlichen dürfen nicht die „Ausputzer" sein, die alles tun, was sonst keiner tun will. Und sie dürfen nicht als unlautere Konkurrenz anderen die Arbeit wegnehmen und die Preise verderben. Daher ist es richtig, dass die Ehrenamtler eingebettet sind in ein professionelles Netzwerk, das ihnen Aufgaben zuweist.