Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Vom Praktikanten zum Museumsdirektor

Erol Kamisli

  • 0
Viel Ausblick: Dr. Michael Zelle genießt in seinem Büro die freie Sicht auf Ameide, Schlossgraben und nahende Besucher. - © Bernard Preuss
Viel Ausblick: Dr. Michael Zelle genießt in seinem Büro die freie Sicht auf Ameide, Schlossgraben und nahende Besucher. (© Bernard Preuss)

Kreis Lippe. Von seinem Büro aus kann Dr. Michael Zelle direkt auf den Schlossgraben schauen. Der 49-Jährige ist der Museumsdirektor. Das 20 Quadratmeter große Büro ist lichtdurchflutet. Durch die Fensterfront direkt vor seinem Schreibtisch, hat er einen großen Vorteil. „Wenn ich hier sitze, kann ich sehen, wer ein- und ausgeht“, lacht der studierte Archäologe, der seit 2011 an der Spitze des Lippischen Landesmuseums steht und gemeinsam mit 22 Mitarbeitern neue Projekte entwickelt.

In Minden geboren, zog es ihn nach dem Abitur im Alter von 19 Jahren nach Münster, dann nach London und Perugia. Er studierte Klassische Archäologie, Alte Geschichte sowie Ur- und Frühgeschichte. Als er seinen Eltern den Studienwunsch mitgeteilt habe, habe sich die Begeisterung in Grenzen gehalten. „Sie sagten, dass dieses Studium brotlose Kunst ist und ich mir doch ein anderes Fach suchen sollte“, erinnert sich der 49-Jährige. In den Semesterferien lernte er als als 19-jähriger Praktikant das Landesmuseum kennen. Heute, rund 30 Jahre später, ist er dessen 
Direktor.

Doch bis dahin war es eine lange Strecke mit vielen Umwegen, die nicht immer einfach gewesen seien. Denn nach erfolgreichem Studium und Promotion habe die spannende Jobsuche angefangen.
„Ich hatte immer wieder tolle archäologische und historische Projekte an Universitäten, Museen und in internationalen Forschungsvorhaben in Xanten, Köln, Krefeld, Türkei oder Griechenland. Dieser Projektwechsel ist im Kulturbereich nichts Ungewöhnliches. Irgendwann sehnt man sich aber nach mehr Planungssicherheit, gerade wenn man eine Familie zu ernähren hat“, sagt der dreifache Vater.

Dann habe er das Angebot bekommen, die inhaltliche Leitung der Mythos-Ausstellungen im Varusjahr 2009 im Lippischen Landesmuseum zu übernehmen. „Der Auftrag war sehr interessant, dafür habe ich die Pendelei zwischen Köln und Detmold in Kauf genommen.“ Die Ausstellung war ein großer Erfolg. „Wir haben mehr als 100.000 Besucher begrüßt.“

Danach wollte man ihn nicht mehr gehen lassen – die Versammlung des Landesverbandes Lippe hat ihn einstimmig zum Nachfolger von Professor Dr. Rainer Springhorn gewählt. Da war er 43 Jahre und konnte seine Unterschrift unter einen unbefristeten Vertrag setzen. „Es ist wunderbar, in einer Stadt zu arbeiten und jeden Abend zur Familie zurückzukehren.“

Von seinem Vorgänger hat er einen großen Teil der Einrichtung im Chefbüro übernommen – den dunkelbraunen Eichenschreibtisch, der auf zwei naturfarbenen Holzklötzen steht. Dazu sechs braune Regale, die er nun mit Fachbüchern bestückt hat. Derzeit spielt er mit dem Gedanken, die Regale rot streichen zu lassen. Neu sind der eckige Besprechungstisch aus Naturholz samt sechs Kunstlederstühlen und der rostbraune Teppichboden. Er mag es eher pragmatisch.

Zelle will kein Frühstücksdirektor sein, der sich seine Telefonate von der Vorzimmerdame durchstellen lässt. „Da greife ich lieber selbst zum Hörer“, sagt er. Das Wort „Vorzimmerdame“ ist bei ihm ohnehin verpönt: „Es ist meine Assistentin, die mir wichtige Aufgaben abnimmt.“ Er habe immer ein offenes Ohr und Herz – nicht nur für die politischen und gesellschaftlichen Vorgänge in Lippe, sondern rund um Globus.

„Die Welt ist mir nicht egal“, sagt Dr. Zelle, und sein Blick fällt auf ein Biedermeier-Gemälde des heimischen Malers Wilhelm Tegeler, das er seitlich an der Wand platziert hat. „Es gefällt mir, weil er den Blick vom Hiddeser Berg Richtung Detmold sehr schön mit viel Natur eingefangen hat.“ Hinter seinem Tisch an der Wand hängen drei Bilder – zwei Porträts des römischen Kaisers Augustus, seine Forschungsleidenschaft, und die Fotografie eines barocken Deckengemäldes aus einem italienischen Schloss. „Ich bin großer Italienfan und kann nach meinem Auslandsaufenthalt in Perugia auch einigermaßen die Sprache.“

Einen Ausgleich findet der Fußballfan, dessen Herz für den 1. FC Köln schlägt, beim Reisen und der Gestaltung des eigenen Gartens. „Das macht mir Spaß, dabei kann ich gut entspannen.“ Die Muße schwindet nur, wenn er samstags im Garten das Radio einschaltet und „sein“ FC ein Tor kassiert. Im Moment – Tabellenplatz 4 – sieht es aber sehr gut für den Verein aus: „Ich glaube an den Titel.“

Information
4 Antworten
1. Ich bin derzeit sehr zufrieden, weil...

wir die Archäologische Landesausstellung „Revolution Jungsteinzeit" gemeinsam mit viel Elan und Engagement erfolgreich umgesetzt haben.

2. Gegenwärtig läuft es bei uns gut, weil...
wir den Besucherzahlen nach zu urteilen, unser Ziel, diese Sonderausstellung vielen Menschen zeigen zu können, erreichen können.

3. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass...
es gelingt, das LLM in absehbarer Zeit neu aufstellen und noch attraktiver machen zu können.

4. Meine Mittagspause verbringe ich...
in der Regel bei einem Spaziergang durch die Innenstadt.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.