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Stallpflicht für alle lippischen Hühner und Gänse

Erol Kamisli

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Dürfen erstmal nicht ins Freie: Die Bio-Legehennen auf dem Hof Meiwes in Detmold müssen bis auf Weiteres im Hühner-Mobil bleiben. Ausflüge auf die Wiese sind gestrichen. - © Bernhard Preuss
Dürfen erstmal nicht ins Freie: Die Bio-Legehennen auf dem Hof Meiwes in Detmold müssen bis auf Weiteres im Hühner-Mobil bleiben. Ausflüge auf die Wiese sind gestrichen. (© Bernhard Preuss)

Kreis Lippe. Aus Sorge um eine Ausbreitung der Vogelgrippe darf Geflügel in Lippe von Freitag an nicht mehr ins Freie. „Für Verbraucher besteht kein Grund zur Panik", betont Tierärztin Ricarda Rottmann vom Veterinäramt des Kreises.

Für wen gilt die Stallpflicht?

Information

Verhaltensregeln für Geflügelhalter

Auch Halter mit einer kleineren Zahl an Geflügeltieren müssen ab Freitag besondere Schutzmaßnahmen treffen. Die Eilverordnung des Bundesagrarministeriums gilt im gesamten Bundesgebiet und besagt im Wesentlichen, keine Unbefugten in die Ställe zu lassen, Schutzkleidung zu tragen und Hände sowie Stiefel zu desinfizieren. So müssen die Klein- und Hobbyhalter im Kreis Lippe die Anzahl der Geflügel aufzeichnen. Zudem sollen auch Hunde und Katzen von den Geflügelställen ferngehalten werden.

„Alle Geflügelbesitzer müssen ihre Tiere ab Freitag, 25. November, im Stall lassen", sagt die Veterinärin. Eine solche Stallpflicht für das gesamte Kreisgebiet sei zuletzt im Jahr 2005 ausgesprochen worden.

Was wird getan, um Geflügel in Lippe zu schützen?

Neben der Stallpflicht gilt derzeit ein Ausstellungsverbot. Zudem seien die lippischen Jäger aufgefordert worden, Proben von erlegten Vögeln zu nehmen. „Wir kontrollieren in Risikogebieten, dazu zählen Sammelplätze von Zugvögeln", berichtet Rottmann.

Sind Geflügelfleisch und Eier sicher?

Laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, gibt es für die Möglichkeit einer Infektion des Menschen durch rohe Eier oder Geflügelfleisch von infizierten Tieren keine Belege. Bei der Verarbeitung sind allgemein geltende Hygieneregeln – Händewaschen, rohe Geflügelprodukte getrennt von anderen Lebensmitteln aufbewahren – zu beachten.

Kann man die Weihnachtsgans noch essen?

Um gar zu werden, benötigt die Gans eine Kerntemperatur von 90 Grad. Rottmann: „Bei diesen Temperaturen ist der Vogelgrippe-Erreger – sollte das Fleisch tatsächlich infiziert sein – abgestorben". Nach Angaben des FLI sollten Geflügelspeisen ohnehin grundsätzlich gründlich durchgegart werden. Das bedeutet, dass im Geflügel für mindestens zwei Minuten eine Kerntemperatur von 70 Grad erreicht werden muss. Laut Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft sind zwei Drittel der deutschen Weihnachtsgänse bereits geschlachtet und eingefroren.

Über welche Wege kann der Erreger in einen geschlossenen Betrieb eingeschleppt werden?

Grundsätzlich geht das FLI davon aus, „dass Wildvögel, die den hochgefährlichen Erreger H5N8 tragen, Nutzgeflügel infizieren", sagt die Tierärztin. Die Infektion kann durch direkten Kontakt von Wildvögeln und Nutzgeflügel übertragen werden. Ebenso können Menschen die Infektion in den Stall tragen – beispielsweise an Schuhsohlen, durch verunreinigte Fahrzeuge, Geräte oder Verpackungsmaterial. In Lippe gibt es rund 2500 Geflügelhalter mit rund 280.000 Tieren.

Woran erkennt ein Geflügelhalter eine Infektion?

Die Hauptsymptome der Vogelgrippe sind laut Rottmann zunächst ein drastischer Rückgang des Futterverbrauchs. Dann folgen grippetypische Krankheitssymptome wie Apathie, Durchfall oder auch ein Einbruch der Eierproduktion. „Meist sterben zeitgleich viele Tiere. Es kann aber auch zu einem Massensterben ohne vorherige Symptome nach der Infektion kommen."

Was unternehmen die Behörden gegen die Ausbreitung der Grippe?

Ist die Vogelgrippe in einem Bestand ausgebrochen, wird als Vorsichtsmaßnahme der gesamte Bestand getötet. „Damit soll neben einer weiteren Ausbreitung auch verhindert werden, dass kontaminiertes Fleisch oder Eier in den Handel geraten", erklärt Rottmann. Infektionen des Geflügels seien anzeigepflichtig. Sie werden bekämpft, indem die Tiere getötet und fachgerecht beseitigt werden.

Züchter und Tiere leiden gemeinsam

Kreis Lippe. Damit die Zugvögel auf ihrem Flug in den Süden den aggressiven Geflügelpesterreger H5N8 nicht in Lippe verbreiten, gilt für heimisches Geflügel vorerst ein Hausarrest. Für viele Betriebe, die von der Geflügelzucht leben, ist die Stallpflicht eine finanzielle Katastrophe.

Dies sagt Udo Reihl, der im Vorstand des Geflügelzuchtvereins Detmold sitzt. „Züchter und Tiere leiden unter dem Geflügel-Hausarrest." Der 69-Jährige ist auch Hühnerwart auf dem Detmolder Biohof Meiwes und kümmert sich um die 450 Tiere des Betriebs. „Wir wollen die Hühner nicht im dunklen Stall unterbringen, sondern in geschlossenen Kunststoff-Gewächshäusern, damit sie Tageslicht bekommen", sagt er. So werde die Eierproduktion gesichert, „denn im Stall legen sie einfach weniger Eier", so Reihl.

Doch wie lange dürfen Eier von Hühnern, die nun eingesperrt sind und normalerweise mit dem Etikett „Bio" oder „Freiland" versehen werden, unter dieser Bezeichnung verkauft werden? „Grundsätzlich dürfen die Geflügelhalter bei einer amtlich verordneten Stallpflicht insgesamt zwölf Wochen die Eier als Freilandprodukte vermarkten", sagt Tierärztin Ricarda Rottmann vom Veterinäramt des Kreises Lippe. Die Eier mit Bio-Status könnten über die zwölfte Woche hinaus ohne Einschränkungen verkauft und konsumiert werden. „Als Geflügelstall gelten auch Volieren, Kunststoff-Gewächshäuser und ein Unterstand, der mit Kaninchendraht überzogen ist", fügt sie hinzu. Wichtig sei, dass der Kontakt mit Wildvögeln vermieden werde.

Auch Donate Schönle-Viehmeister, die auf dem Blomberger Radtkehof 13 Gänse und 40 Hühner hält, hat ihre Tiere in Sicherheit gebracht. „Wir hoffen mal, dass das nicht so lange dauert." Für die Gänse sei die Stallpflicht ganz schlimm, denn sie stellten erst mal das Fressen ein und verlören dann an Gewicht – mindestens ein Kilo. Doch sie halte sich an die Vorschriften.

Dies empfiehlt auch die Verbraucherzentrale NRW, die Züchter und Konsumenten auf die Hygiene bei der Essenszubereitung aufmerksam macht. Rohe Geflügelprodukte und andere Lebensmittel müssten getrennt gelagert und zubereiten werden, insbesondere wenn Letztere nicht noch einmal erhitzt werden. Zudem sollten Eier vor dem Verzehr gekocht werden, bis Eiweiß und Eigelb fest sind, dies bedeutet mindestens sechs Minuten.

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