Bielefeld/Detmold. Ratlos stehen potenzielle Bahnreisende am Gleis 3 des Bielefelder Hauptbahnhofs. Eigentlich wollen sie gleich mit der Eurobahn Richtung Münster fahren. Doch der Blick auf die Anzeigetafel ernüchtert sie: „Zug fällt heute aus" ist dort zu lesen. So geht es immer mehr Nutzern der Eurobahn in diesen Tagen.
Berufsschüler kommen zu spät zum Unterricht, Fußballfreunde verpassen den Anpfiff auf der Alm, Pendler den Arbeitsbeginn: Die vielen Verspätungen und Ausfälle von Zügen in der Region rufen jetzt die Politiker auf den Plan. „Sie treten vor allen Dingen bei der Eurobahn, in geringerem Maße bei der Nordwestbahn auf und haben zu deutlichem Kundenunmut geführt", heißt es in einer Vorlage für die am Donnerstag stattfindende Verbandsversammlung des Verkehrsverbundes Ostwestfalen-Lippe (VVOWL).
Indes: „Die Verfehlungen der Eurobahn sind nicht stark genug, um ihr kündigen zu können", stellt der Vorsitzende des Gremiums, Kurt Kalkreuter, im Gespräch mit dieser Zeitung fest. Sie muss über jeden Zugausfall und jede Minute Verspätung Bericht erstatten und wird vom VVOWl jedes Mal mit mehreren hundert Euro zur Kasse gebeten. Es sei allerdings zu befürchten, dass die Probleme noch länger bestehen.
Zeiten, in denen sich der VVOWL nur an den guten und steigenden Fahrgastzahlen habe erfreuen können, seien vorbei, sagte der Lagenser SPD-Politiker. Die Beschwerden von Bahnkunden häuften sich und fänden sich nicht nur in Artikeln, Facebook-Beiträgen und Leserbriefen wieder, sondern erreichten selbstverständlich auch die Gremien. Kalkreuter versucht eine Erklärung für die Ausfälle: „Es gibt einen generellen Mangel an Triebfahrzeugführern. Die sind knapp." Dies spüre vor allem die Eurobahn, denn die wenigen Zugführer arbeiteten offensichtlich lieber bei anderen Bahnunternehmen. Laut Kalkreuters Einschätzung sind Manager und Disponenten zudem oft überfordert.
Außerdem vermutet Kalkreuter: „Die Fahrzeuge der Eurobahn sind jetzt 15 Jahre alt und müssen häufiger instand gesetzt werden." Er erinnert daran, dass die Privatbahn damals landesweit die erste gewesen ist, die eine Strecke (Lemgo-Rahden) von der Deutschen Bahn übernommen habe und damals alle sehr zufrieden gewesen seien. Die Zahlen seien stetig gestiegen, samstags und sonntags führen mehr Züge, die Takte seien enger geworden.
„Wir müssen überlegen, das Kreuzungsgleis in Ehlenbruch wiederzubeleben", stimmt Kalkreuter der Initiative „Pro Bahn" zu, die genau dies seit Jahren fordert. Dafür sieht die für Bauvorhaben zuständige DB Netz AG, ein Tochterunternehmen der Deutsche Bahn, bislang keine Notwendigkeit. Scharf kritisierte er in diesem Zusammenhang, dass die Bahn bereitstehende Gelder für Bahnhofsrenovierungen nicht in Horn investiere.
Als Mindestmaß an Service erwartet Kalkreuter, dass die Fahrgäste an den Bahnhöfen von Verspätungen und Ausfällen rechtzeitig erfahren: Aufs Smartphone, aber auch per Lautsprecherdurchsagen und auf Tafeln.
Danica Dorawa, Sprecherin der Eurobahn, bestätigt die Zugausfälle, die im wesentlichen auf einen akuten „massigen Krankenstand" bei Triebfahrzeugführern zurückzuführen seien. „Es wird mit Sicherheit heute noch mal zu Ausfällen kommen", sagt sie und fügt hinzu: „Es tut uns leid." Man arbeite aber intensiv an einer Verbesserung der personellen Ausstattung in diesem Bereich, den Dorawa für den Jahreswechsel in Aussicht stellt.