Kreis Lippe. „Die lippischen Unternehmer wissen nun mal: Bäume wachsen nicht in den Himmel." Darum und wegen der unsicheren politischen Entwicklungen weltweit knicke die Kurve bei den Zukunftserwartungen der heimischen Unternehmen nach unten ab, sagt Maria Klaas, Geschäftsführerin bei der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK). Der lippischen Wirtschaft gehe es an sich gut.
"Die Wirtschaft geht gut gelaunt in den Frühling"
Einmal mehr hat die IHK 700 Unternehmen im Kreisgebiet nach ihrer derzeitigen Wirtschaftslage gefragt. 144 von ihnen, die insgesamt 19.300 Arbeitnehmer in den Bereichen Industrie, Handel, Dienstleistung, Bau und Kreditgewerbe beschäftigen, haben geantwortet. Und zwei Drittel von ihnen beurteilen die Lage als gut.
Sichtlich zufrieden stellte der stellvertretende IHK-Präsident Volker Steinbach in Vertretung von IHK-Präsident Ernst-Michael Hasse beim Pressegespräch gestern die Wirtschaftstrends vor: „Der Konjunkturmotor läuft rund, die Wirtschaft geht gut gelaunt in den Frühling."
Zwei Drittel derer, die sich an der traditionellen Konjunkturumfrage beteiligt haben, seien überzeugt, dass sie den eingeschlagenen Wachstumskurs beibehalten könnten. Nur elf Prozent bleiben skeptisch, stehen vor Umstrukturierungen und Neuausrichtungen, die sie erst einmal bewältigen müssen.
Brexit, Trump und Co. bereiten Sorgen
Dem Optimismus steht allerdings auch die Ungewissheit gegenüber: Wie wirkt sich der Brexit aus? Was passiert nach der Landtagswahl in NRW? Werden in Frankreich am Ende die EU-Gegner obsiegen? Wird es den gefürchteten Protektionismus in den USA tatsächlich geben?
„Diese Unwägbarkeiten dämpfen den Optimismus natürlich", sagt Volker Steinbach. Sein eigenes Unternehmen unterhält seit Jahren eine Niederlassung in den Vereinigten Staaten. „Es wird immer viel geredet, bis jetzt ist aber noch nichts passiert."
Was aber nicht heißt, dass die Ungewissheit keine Auswirkungen hätte, sagt IHK-Chef Axel Martens. „Das ist eine Frage der Psychologie." Darum kommt die IHK bei der Auswertung auch zu dem Schluss, „der Blick in die Zukunft wird überschattet von der Unsicherheit im Hinblick auf die politische Entwicklung. Verlässliche Vorhersagen werden immer schwieriger."
Ausbildung von Fachkräften steht an erster Stelle
Den Sorgen stehen aber auch Erwartungen gegenüber, etwa die an die künftige Landesregierung. Hier haben die lippischen Unternehmen eine klare Priorität: Aus zwei Dritteln der Antworten geht hervor, dass für sie die Ausbildung von Fachkräften an oberster Stelle steht, dicht gefolgt von der Infrastruktur, also sowohl der Verkehrs- als auch der Breitbandanbindung.
„Natürlich ist da mittlerweile einiges passiert, aber es ist auch klar, dass das bei weitem nicht reichen wird", betont Axel Martens. Avisiert seien für 2023 eine flächendeckende Versorgung mit Leitungen, deren Leistung bei 50mbit/sek liege, doch würden solche Anforderungen dann schon längst überholt sein: „Es ist ein ständiges Hinterherlaufen."
"Der Landesentwicklungsplan ist ein Horrorszenario"
Nicht minder wichtig für hiesige Unternehmen sei das Thema Gewerbeflächen. Noch gibt es in Lippe kein Unternehmen, das durch den Landesentwicklungsplan aktiv gehemmt werde, aber in benachbarten Kreisen habe die Bezirksregierungen im Hinblick auf den Plan bereits Genehmigungen verweigert.
„Der Landesentwicklungsplan ist für uns ein Horrorszenario." Die Erweiterung von Betrieben innerhalb vorhandener Planungsflächen scheitere nur oft an Nachbarschaftskonflikten – ein Problem, das in Düsseldorf nicht gesehen werde.
Die Händler
Der Optimismus, der im Bereich Industrie, Bau, Dienstleistung und Kreditwirtschaft weitgehend den Ton angibt, ist im Bereich Handel sehr viel verhaltener: Die lippischen Händler zeigten sich mit ihrer gegenwärtigen Geschäftslage unzufriedener als noch zum Jahresende. „Die Lagerbestände sind im Einzelhandel größer als saisonüblich, und das Kaufverhalten wird weiterhin verstärkt als zurückhalten eingestuft", berichtet Geschäftsführerin Maria Klaas.Örtlich, wie in Lemgo, sei das unter anderem auf die Baustelle in der Innenstadt zurückzuführen – aber da sei eben der Preis, der für die Attraktivitätssteigerung zu zahlen sei. „Da können Sie von einem Umsatzrückgang von 10 bis 20 Prozent ausgehen."
Ein wenig komme es auch darauf an, wie so eine Baustelle ausgewiesen werde: „Wenn man mittendrin Baken aufstellt, die eine Vollsperrung suggerieren, obwohl man eigentlich seitlich daran vorbeigehen kann, ist das nicht förderlich", sagt die Geschäftsführerin, es entstehe eine psychologische Hürde. Der zunehmende Online-Handel trübe ebenfalls die Stimmung bei den örtlichen Händlern ein.