Mord in der Silvesternacht 1952: Zehn Stiche mit dem Küchenmesser

Kreis Lippe. Es sollte eine schöne Feier ins neue Jahr werden – doch die Silvesternacht 1952 endete mit einer schweren Bluttat. Heimtückisch soll ein damals 26-jähriger Bad Salzufler den 27-jährigen Karl A. mit einem Küchenmesser erstochen haben (alle Namen geändert).

Als der Prozess am Amtsgericht Bad Salzuflen startete, gab der Angeklagte Werner X. an, sich nicht erinnern zu können, was in den entscheidenden Stunden dieser Nacht passiert ist. &bdquo;Ich weiß von nichts!", sagte er aus. Das Interesse am Prozess war dementsprechend groß.

Doch was genau geschah in jener Nacht? Werner X. war von seinem Freund Fritz A. zur Silvesterfeier eingeladen worden. Also erschien er mit seiner Frau an dem Abend in der Wohnung von A. Drei oder vier andere Familien, darunter auch Familienmitglieder der beiden Freunde, feierten ebenfalls im gleichen Haus.

&bdquo;Es war eine Silvesterfeier, bei der getrunken, etwas getanzt und auch geküsst wurde. Man war angeheitert, wie die Zeugen zu berichten wussten. Alles verlief in bester Harmonie", heißt es damals im Zeitungsbericht der LZ. Dies sei auch noch der Fall gewesen, als gegen 23 Uhr überraschend Karl A., der Bruder von Fritz A., mit seiner Frau vorbeikam. Um 12 Uhr habe man sich noch gegenseitig ein "Frohes neues Jahr!" gewünscht.

Doch dann ging es los. Werner X. schlug einen Freund seines Bruders und dann seinen Großvater, als dieser ihn zurückhalten wollte. Auch der Vater von X. mischte sich ein. Erst begann die Schlägerei in der Wohnung, dann wurde sie im Hausflur fortgesetzt. Die Brüder A. und ihre Frauen riegelten die Wohnung von innen ab.

Anschließend donnerten Schläge gegen die Wohnungstür. Fritz A. schnappte sich schnell noch einen Kinderstuhl, dann flog die Tür auf und Werner X., gefolgt von seinem Vater, kam herein. Es folgte ein undurchsichtiges Handgemenge zwischen den Männern.

Später lag Karl A. auf dem Fußboden mit zehn Messerstichen im Körper, ein Stich davon im Herzen. Das Messer soll der Großmutter von X. gehört haben. Niemand hatte einen Schrei gehört, niemand sprach etwas. Doch dann schnappte sich der Bruder des Ermordeten eine Flasche, stürmte auf den Flur, und schlug Werner X. die Flasche auf den Kopf mit den Worten &bdquo;Du hast meinen Bruder erstochen!". Es sollte der letzte Schlag in dieser verhängnisvollen Silversternacht gewesen sein, wie es die verschiedenen Zeugen schilderten.

Der Prozess Der Andrang und das Interesse am Prozess, der Werner X. am Amtsgericht in Bad Salzuflen gemacht wurde, war riesig. Jeder wollte wissen, was sich wirklich in der Silvesternacht abgespielt hatte. So musste die Polizei am zweiten Verhandlungstag den Verkehr auf der Straße und im Korridor des Gerichts regeln, denn immer mehr Menschen wollten den Prozess miterleben. Die Scheibe der Eingangstür wurde eingedrückt. Viele, die keinen Platz mehr im Zuhörerraum erhielten, warteten stundenlang, um wenigstens in den Pausen etwas vom Prozessverlauf aufzuschnappen.

Auch die Anzahl der zu vernehmenden Zeugen wurde auf 50 Personen erhöht. Dadurch musste sich das Gericht jedoch durch einen Dschungel von sich widersprechenden Aussagen kämpfen: &bdquo;Die Aussagen der mittelbar und unmittelbar Beteiligten, Angehörigen und zur Tatzeit im Haus Anwesenden stellten das Gericht vor eine schwere Aufgabe, kam es doch mehr als einmal vor, dass ein Zeuge das krasse Gegenteil von dem des vor ihm Vernommenen aussagte", schrieb die LZ am 29. Mai 1953.

"Es fehlte nicht an dramatischen Höhepunkten. Die Tante von X. erlitt bei ihrer Vernehmung einen hysterischen Schreikrampf und musste aus dem Saal geführt werden, X. 10 Jahre jüngerer Bruder war der Ohnmacht nahe und wurde hinausgeführt, und X.' Mutter war bereits am Vorabend zusammengebrochen", heißt es in dem Bericht weiter.

Darüber hinaus wurden zwei Gutachten vorgetragen. Demnach hatte Werner X. aufgrund seines Alkoholkonsums in jener Nacht einen mittleren Rausch, der Ermordete nur einen leichten. &bdquo;X. ist ein reizbarer, stimmungslabiler, ellipsoider Psychopath", lautete der Befund im Gutachten des Psychiaters. Die Zurechnungsfähigkeit von X. sei erheblich vermindert, aber er sei zurechnungsfähig, stellte der Psychiater fest. Zwar gab es keine hundertprozentigen Beiweise, aber eine große Anzahl an Indizien sprach für Werner X. als Täter.

Urteil: Sechs Jahre Zuchthaus Nach fünf Verhandlungstagen und einer schwierigen Beweisaufnahme wurde das Urteil gesprochen: Werner X. wurde zu sechs Jahren Zuchthaus und zwei Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für den Totschlag aus Rache verurteilt. Ein völlig lückenloses Bild der Silvesternacht konnte sich das Gericht allerdings nicht verschaffen. Auch das Motiv des Täters blieb unklar. "Einige der Hauptpunkte werden wohl ewig im Dunkeln bleiben", hieß es abschließend.

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