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Bundestagswahl
#BTW17: Das sollten Erstwähler zur Wahl wissen
| von Yvonne Glandien

Am 24. September wird der neue Bundestag gewählt. - © Pixabay
Am 24. September wird der neue Bundestag gewählt. (© Pixabay)

Kreis Lippe. Dürfen Straftäter wählen? Und was ist überhaupt der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme? Wer zum ersten Mal vor der Wahl steht, hat noch viele Fragen. Am Sonntag, 24. September, können deutschlandweit 61,5 Millionen Bürger ihre Stimme abgeben. 4,8 Prozent von ihnen sind Erstwähler.

So viele Wahlberechtigte gibt es in diesem Jahr

Eine von 14.562 Erstwählern in Lippe ist Lorien Göner. Lorien ist 18 Jahre alt und wohnt in Lemgo. Sie war dort auf dem Engelbert-Kaempfer-Gymnasium und beginnt im Oktober ihr Studium in Bochum. Ihre Fächerkombination: Medienwissenschaft und Koreanistik. Sie ist ein großer Asienfan und hat in der Schule neben Englisch auch Japanisch gelernt. In ihrer Freizeit ist Lorien sportlich unterwegs. Sie ist im Wushu- und Kampfkunstclub Lippe aktiv.

- © Yvonne Glandien
Lorien Göner (© Yvonne Glandien)

"Politik gehört zum Leben dazu"

Du hast in diesem Jahr Abi gemacht. Gab es in der Schule Vorbereitungen auf die Bundestagswahl?

Lorien Göner: Es fängt ja schon in der achten Klasse an, dass man über die Parteien und die Wahlen spricht. Wahlprogramme recherchieren und schauen, wie sie einzuordnen sind, gehörte dazu. In der Oberstufe haben wir uns hauptsächlich auf Europa-Politik konzentriert.

Man wirft deiner Generation, den Millennials, häufig vor, sich nicht für Politik zu interessieren. Wie siehst du das?

Lorien Göner: Das kommt ganz drauf an, auf die Persönlichkeit selbst und die Interessen. Ich würde nicht sagen, dass es eine Politikverdrossenheit gibt. Für mich ist es so, dass Politik zum Leben dazu gehört und dass es auch unsere Pflicht ist, sich zu informieren - mindestens zu recherchieren, die Wahlprogramme anzugucken und sich zu fragen, was passt zu mir. Natürlich hat jeder seine individuellen Schwerpunkte, aber ich kenne niemanden, der sagen würde, Politik ist mir total egal.

Findest du, dass sich das in den letzten Jahren geändert hat?

Lorien Göner: Seit Trump in den USA Präsident geworden ist, ist Politik ein noch größeres Thema. Wir haben im Unterricht gesessen und mit unseren Handys auf die Ergebnisse der Wahl gewartet - mit dem Lehrer zusammen. Als dann fest stand, dass es Trump ist, war das Entsetzen schon groß. Dafür haben sich alle interessiert, und es wurde im Anschluss viel diskutiert, im Unterricht und auch danach.

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Du hast den amerikanischen Wahlkampf verfolgt, der läuft viel auch im Netz, zum Beispiel über Twitter. Wie siehst du das im Vergleich zu Deutschland?

Lorien Göner: Die meisten Institutionen in Deutschland nutzen Twitter auch, aber es hat nicht so den großen Nutzwert wie in Amerika. Was Politiker angeht, denke ich, das würde so in Deutschland nicht funktionieren. Es ist hier schon etwas konservativer. Es würde komisch wirken, wenn jetzt auf einmal Merkel Posts absetzen würde, ohne dass diese vorher besprochen würden. Wobei die Jugendlichen vielleicht mehr auf diesen Zug aufspringen würden. Abseits von Merkel und Schulz - bei einem jüngeren Politiker könnte das sicherlich gut funktionieren. Jemand, der auch moderner rüberkommt und einen persönlichen Bezug aufbauen kann.

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Mit solch einer ähnlichen Strategie ist Christian Lindner von der FDP schon in den Wahlkampf zur Landtagswahl gezogen, um das Bild der Partei zu modernisieren. Wie siehst du die stereotypen Bilder der Parteien?

Lorien Göner: Ich glaube, die älteren Generationen denken ganz anders darüber und haben ein anderes Bild als wir. Sie haben anderes erlebt und dadurch einen ganz eigenen Bezug zu den Parteien. Bei mir ist das anders. Ich sehe die Plakate und verbinde noch nicht viel damit. Ein Beispiel ist die FDP. Man sagt ihr nach, dass sie die Partei für Unternehmer ist und sich nicht um die ärmere Klasse kümmert. Es gehe ihnen vorrangig um die Stärkung der Wirtschaft. Aber persönlich habe ich da gar keinen Bezug zu. Wenn man sich die Junge Liberale anguckt, setzt diese viel stärker auf den Freiheitsgedanken, das kommt gleich ganz anders rüber.

Die Positionen von Links und Rechts werden zur Zeit viel diskutiert. Wie stellen sich die Extreme in der jungen Generation dar?

Lorien Göner: Extreme sind nicht gut. Ich kann mir vorstellen, dass in meinem Alter viele anfangen, sich stark für Politik zu interessieren, auf Demos gehen und für irgendetwas mitlaufen wollen. Ich denke, man muss beide Seiten betrachten. Viele Aspekte von links sind gut, zum Beispiel sollte man Flüchtlingen helfen. Andererseits ist es auch wichtig, dass an den Staat gedacht wird. Dass soziale Hilfen gut verteilt werden. Es sind beide Seiten in der Hinsicht wichtig, aber im Extrem vergisst man wieder andere Interessen. Es gibt eben nicht die eine Meinung.

Wie informierst du dich denn über die Parteien?

Lorien Göner: Online stehen zum Beispiel alle Wahlprogramme. Außerdem gibt es ja auch die Poltiker vor Ort, die Info-Veranstaltungen anbieten und für Fragen bereit stehen. Auf Youtube findet man auch die Wahlwerbespots der Parteien.

"Würden wir die Wahl verweigern, ergibt die Demokratie keinen Sinn"

Reicht denn das Informationsangebot, um die jungen Wähler anzusprechen?

Lorien Göner: Wir jungen Leute kriegen eh immer zu hören 'Geht wählen!' Ich wurde in der Schulzeit darauf geprägt, dass es wichtig ist, sich zu beteiligen. Denn wir leben in einer Demokratie, und würden wir die Wahl verweigern, ergibt diese Demokratie keinen Sinn. Dann können unsere Interessen, die Interessen des Volkes, nicht umgesetzt werden, weil sie nicht bekannt sind. Daher ist es für mich klar, dass ich auf jeden Fall wählen gehe. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass man keinen großen Bezug dazu hat, wenn man schon länger aus der Schule raus ist. Manche sind dann vielleicht auch einfach zu faul, zur Wahl zu gehen. Da finde ich es schwierig zu sagen, wie man die Jugend motivieren soll.

Eine fehlende junge Beteiligung wird auch in Großbritannien bemängelt. In der Brexit-Diskussion hieß es unter anderem, die Medien hätten nicht ausreichend berichtet. Wie siehst du das in Deutschland?

Lorien Göner: Ich denke nicht, dass Jugendliche den klassischen Medien so folgen. Vielleicht noch im Fernsehen, aber viele sind auf Facebook oder anderen sozialen Medien unterwegs. Gut wäre es, wenn mehr auf die Wahlprogramme hingewiesen würde, wenn präsenter wäre, welche Partei für welche Werte steht. Gut fand ich die Berichterstattung einiger Sender vor der Landtagswahl, da wurden einzelne Kandidaten befragt - auch die der AfD. Ein Problem sehe ich darin, dass die Themen, die in den Parteien aufgegriffen werden, häufig nicht die sind, die Jugendliche betreffen.

Welche Themen wären das denn deiner Meinung nach?

Lorien Göner: G8 und G9 wurden viel diskutiert, aber die Probleme liegen woanders. Es geht eigentlich nicht darum, ob man das eine Jahr mehr oder weniger hat, sondern darum, dass die Schüler besser gefördert werden müssen. Es fehlen überall Fachlehrer oder das Geld dazu - ich hatte in der elften Klasse sechs Lehrerwechsel in Englisch! Sowas wird überhaupt nicht genug thematisiert. Ein anderes Thema ist BaföG. Das wird kaum noch in der Politk besprochen. Das funktioniert in der Realität so nicht und sollte völlig überarbeitet werden, damit alle Kinder, alle Studenten, die Chance auf Bildung haben. Unabhängig von den Eltern.

Fotostrecke: Fakten zur Bundestagswahl

Weißt du schon, wo du bei der Bundestagswahl deine Kreuze machst?

Lorien Göner: Ehrlich gesagt: nein. Ich habe ein paar Vorstellungen und weiß, welche Parteien da ungefähr hinpassen. Aber richtig entscheiden werde ich mich erst in den letzten ein bis zwei Wochen vorher.

Gibt es denn etwas, das dich an bestimmten Parteien anspricht?

Lorien Göner: Ich finde zum Beispiel Sozialpolitk sehr wichtig, da ist ja die SPD immer sehr weit bei vorne. Zum Beispiel Kita-Plätze oder die Unterstützung von Familien. Ich bin außerdem sehr für Naturschutz und finde, dass das nicht genug thematisiert wird und Dinge wie Klimawandel häufig runtergespielt werden. Dabei finde ich, dass gerade wir Jugendlichen uns viel stärker für die Zukunft des Planeten einsetzen sollten.

Der Wahl-O-Mat

Ihr seid euch noch nicht sicher, welche Partei am besten zu euch passt? Mit Hilfe des Wahl-O-Maten könnt ihr testen, welche Partei bei wichtigen Themen eure Meinung vertritt. Entwickelt wird das Tool von der Bundeszentrale für politische Bildung. 32 von 33 Parteien haben die politischen Thesen beantwortet. Hier geht es zum Wahl-O-Maten.

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Das #BTW17-Glossar

Abgeordneter

Im Deutschen Bundestag sitzen zur Zeit 630 Abgeordnete. Bei der Bundestagswahl wird mit der Erststimme der Abgeordnete gewählt.

Briefwahl

Früher konnte die Briefwahl nur beantragt werden, wenn ein besonderer Grund vorlag. Heute ist das nicht mehr so.

Chronik

Der erste deutsche Bundestag ist am 14. August 1949 gewählt worden. Acht Bundeskanzler waren seitdem im Amt. Mit 16 Jahren und 27 Tagen war Helmut Kohl bisher am längsten Kanzler.

Direktmandat

Hier spielt die Erststimme eine Rolle. Wer in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen erzielt, darf direkt in den Bundestag einziehen.

Erstattung

Parteien erhalten Geld für jede Stimme, die an sie geht. Dies ist für die Wahlkampfkosten gedacht. Für die ersten vier Millionen Stimmen werden jährlich jeweils 85 Cent pro Stimme erstattet. Aber: Die Parteien müssen einen Stimmanteil von mindestens 0,5 Prozent erreicht haben. Jede weitere Stimme bringt jährlich 70 Cent.

Fünf-Prozent-Hürde

Um Mandate für den Bundestag zu erhalten, muss eine Partei mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen einfahren. Kommt sie nicht über diese Grenze, können nur ihre direkt gewählten Kandidaten (siehe Direktmandat) im Bundestag sitzen.

Gültigkeit

Nach der Wahl prüft der Bundeswahlleiter, ob die Abstimmung ordnungsgemäß verlaufen ist. Ob es zu einer Wiederholung kommt, entscheidet aber der Bundestag.

Hochrechnung

Am Wahltag beginnt die mediale Berichterstattung schon lange vor den endgültigen Ergebnissen. Wenn um 18 Uhr die Wahllokale schließen, werden die ersten Hochrechnungen veröffentlicht. Dazu werden Ergebnisse bestimmter Stimmbezirke ausgewertet, die ein repräsentatives Bild widerspiegeln sollen.

Immunität

Abgeordnete des Bundestags sind immun und damit vor Strafverfolgung geschützt. Damit die Polizei gegen einen Abgeordneten ermitteln darf, muss der Bundestag die Immunität zuerst aufheben.

Jamaika-Koalition

Ob Ampel, Jamaika, Kiwi oder Kenia - diese kreativen Begriffe bezeichnen verschiedene Zusammensetzungen der Regierung. Schließen sich etwa CDU, SPD und Grüne zusammen, spricht man von der Ampel. Jamaika meint die Konstellation aus CDU, FDP und Grünen.

Kandidatur

Wer bei der Bundestagswahl antritt, muss zunächst durch seine Partei demokratisch gewählt werden. Parteien, die (noch) nicht im Bundestag vertreten sind, können mit Hilfe von Unterschriftenlisten ihre Kandidaten durchsetzen.

Legislaturperiode

Ein anderes Wort für Wahlperiode. Sie beginnt mit dem Tag, an dem der neue Bundestag zum ersten Mal zusammentritt, das ist spätestens am 30. Tag nach der Wahl. Mit dieser Sitzung endet die Legislaturperiode des vorherigen Bundestags.

Misstrauensvotum

Der Bundestag kann sich dem Bundeskanzler entgegenstellen. Für ein Misstrauensvotum müssen die Hälfte der Mitglieder einen neuen Kanzler wählen und der Bundespräsident muss den amtierenden entlassen.

Nachwahl

Eine Nachwahl gibt es nur, wenn ein Wahlkreis zum Beispiel wegen einer Naturkatastrophe nicht wählen kann, oder wenn ein zugelassener Wahlkreiskandidat noch vor der Bundestagwahl verstirbt.

Organisation

Der Bundeswahlausschuss mit dem Bundeswahlleiter an oberster Stelle kümmert sich um die Abläufe der Wahl. In der Regel wird der Leiter des Bundesamts für Statistik zum Bundeswahlleiter ernannt.

Parteien

Zur #BTW17 sind 48 Parteien zugelassen. 2013 waren es nur 34.

Qualifikation

Wer Bundeskanzler werden will, muss mindestens 18 Jahre alt sein und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Ein Mandat im Bundestag braucht man aber nicht. Der Bundespräsident schlägt einen Kandidaten vor, dieser muss von der absoluten Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden.

Repräsentative Demokratie

In Deutschland gilt die repräsentative Demokratie als Staatsform. Das heißt, dass politische Entscheidungen nicht unmittelbar vom Volk getroffen werden. Das Volk wählt aber seine Vertreter.

Sitzverteilung

Wie die Sitze im Bundestag verteilt werden, entscheidet sich nach einem mathematischen Verfahren. Dazu werden Wählerstimmen in Abgeordnetenmandate umgerechnet.

Tod eines Abgeordneten

Stirbt ein Abgeordneter, nimmt ein Nachfolger seinen Platz ein. In der Regel ergibt sich das durch den nächsten Platz der Landesliste der jeweiligen Partei.

Überhangsmandat

Erhält eine Partei bei der Bundestagswahl mehr Direktmandate durch die Erststimme als Sitze durch die Zweitstimme, nennt sich das Überhangsmandat.

Verhältniswahl

Wenn die Besetzung der Wahlämter im Verhältnis der abgegebenen Stimmen erfolgt, nennt sich das Verhältniswahl. Die Bundestagswahl ist eine kombinierte Verhältniswahl. Die Zweitstimme erfolgt nach diesem Prinzip, die Erststimme ist eine Mehrheitswahl. Außerdem gilt der Zusatz der Fünf-Prozent-Hürde.

Wahltermin

Der Termin für die Bundestagwahl wird durch den Bundespräsidenten bestimmt. Der Termin darf frühestens 46 Monate und spätestens 48 Monate nach dem Beginn der laufenden Legislaturperiode liegen. Außerdem muss es ein Sonntag oder gesetzlicher Feiertag sein.

X

Ihr Kreuz machen können am 24. September rund 61,5 Millionen Deutsche, davon 31,7 Millionen Frauen und 29,8 Millionen Männer.

Y- Generation

Generation Y ist ein Begriff, der für junge Menschen, die zwischen den 80ern und 2000ern geboren wurden, verwendet wird. Y steht außerdem in englischer Aussprache für "Warum" - denn die Generation gilt als neugierig und aufgeschlossen. Ein Grund genug, wählen zu gehen.

Zeitung

Die Lippische Landes-Zeitung berichtet rund um das Thema Bundestagswahl auf allen ihren Kanälen. Auch am Wahltag wird es einen Liveticker zu den aktuellen Ereignissen geben.

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