Detmold. Blutüberströmt stand er mitten in der Nacht vor den Nachbarn. Die bekamen einen großen Schreck, als sie den fremden Mann so vor sich sahen - erst recht als er ihnen gestand: "Ich habe einen Menschen umgebracht."
Sofort wurde die Polizei informiert. Das wird im Bericht der LZ vom 24. Juni 1975 deutlich. Die Beamten nahmen den mutmaßlichen Täter schließlich fest und führten ihn ab. Doch was war passiert und wen will der Fremde getötet haben?
Jochen P. und Otto S. (alle Namen von der Redaktion geändert) waren Freunde. Gelegentlich unternahmen der 59- und der 84-Jährige etwas miteinander und tranken ein, zwei Glas Bier. So war es auch an diesem Sommerabend im Jahr 1974. P. und S. besuchten zunächst die Sommerkirmes. Danach kehrten sie in eine Kneipe ein, wo sie Bier und Schnaps tranken. Später am Abend machten sie sich auf zu dem kleinen möbilierten Zimmer, das S. bewohnte. Hier wollten die Freunde noch eine Partie Schach spielen. Doch dann kam alles ganz anders.
Der Rentner, der sein ganzes Leben lang sehr sparsam gelebt hatte, erzählte dem 59-jährigen P. von seinen Rücklagen: insgesamt rund 28.000 Mark. Schon zuvor hatte S. meistens die Rechnungen beglichen. Der Taxifahrer, der sie damals von der Kneipe zu S., fuhr, sagte später aus. Im LZ-Bericht vom Prozess heißt es: "Den Taxifahrer forderte P. auf, dem Alten ruhig etwas mehr Geld abzunehmen, da er 'Moos' genug habe. Der Taxifahrer lehnte das ab und setzte die beiden Freunde in der [...]straße ab."
Gewürgt - geschlagen - getreten
In der Wohnung soll es dann zu einem Streit gekommen sein - warum, konnte nie geklärt werden. Aus dem Keller hatte P. eine Fugenkelle geholt und war mit dieser auf den Rentner losgegangen. Er soll den wehrlosen alten Mann zu Boden geworfen und ihn mit der Kelle geschlagen haben. Anschließend würgte und knebelte er S., bis dieser schließlich tot war. Doch schon kurz danach klingelte er bei den Nachbarn und stellte sich der Polizei
Mord 'auf Bestellung' nahm das Schwurgericht dem Angeklagten nicht ab
Knapp ein Jahr später erzählte der Angeklagte dem Gericht mehrere sich widersprechende Varianten des Tathergangs. Worauf er beharrte, war allerdings, dass er von dem Bruder des Opfers zu der Tat angestiftet worden sei. Er soll ihm 5.000 Mark für den Mord geboten haben. Der Bruder des Opfers bestritt diese Anschuldigung vor Gericht vehement - er habe ein sehr gutes Verhältnis zu dem 84-Jährigen gehabt.
Doch Geld nahm der Angeklagte nach der Tat in der Wohnung auch nicht an sich. Im Gegenteil, er hatte es zwar zunächst vor, steckte es dann aber wieder zurück in die Hose des toten Rentners, wo es auch später gefunden wurde. Außerdem stellte sich P. sofort nach der Tat. Viele Fragen blieben einfach offen - vor allem die nach dem Motiv. Am Ende steht eine wirre Aussage des Angeklagten und ein toter Mann.
Das Gericht verurteilte den 59-jährigen P. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes. "Dabei ließ das Gericht offen, ob P. aus Habgier, Abneigung, Ärger, Wut oder Hass gehandelt habe. Auf keinen Fall sei er zu der scheußlichen Tat angestiftet worden", heißt es im LZ-Bericht vom 24. Juni 1975 abschließend.