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Ertränkt, erschlagen, erwürgt: Darum musste ein 26-Jähriger 1973 drei Tode sterben

Janet König

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In einer trüben Novembernacht starb Lucas R. eines dreifachen Todes  - © Symbolbild: Pixabay
In einer trüben Novembernacht starb Lucas R. eines dreifachen Todes  (© Symbolbild: Pixabay)

Detmold/ Extertal. Am 21. Januar 1975 müssen sich Ben M.  (29) und Fritz. H. (20) wegen eines der schwersten Verbrechen, das unser Gesetzbuch kennt, vor Gericht verantworten. Es geht um Mord- und Rachlust, heißt es in der damaligen LZ. Die Angeklagten hatten zwei Jahre zuvor einen 26-Jährigen in Extertal ertränkt, erschlagen und erwürgt. Er starb drei Tode, soll der Richter fasslungslos gesagt haben.

Ein Motiv für die entsetzliche Tat am 15. November 1973 gab es nicht. Zumindest keines, das die bestialische Brutalität des Mordes hätte in Ansätzen erklären können. Das Opfer hatte keine Chance. Das Gericht verurteilte die beiden Männer zu je acht Jahren Freiheitsentzug. Strafmildernd wirkte sich nur eins aus: sie sollen zur Tatzeit zwei und 2,5 Promille Alkohol im Blut gehabt haben.

Aus der Kneipentour wird Folter

Wie konnte die Kneipentour zur Folternacht eskalieren? M. aus Asemissen soll am Tag des Mordes schon ab dem Nachmittag "tüchtig gebechert" haben, heißt es im Prozessbericht. Mit wechselnden "Zechkumpanen" zog er von Kneipe zur Kneipe - landete zwischendurch sogar in einer Eisdiele. Um zwei Uhr nachts traf M. in einer Gaststätte auf den späteren Mittäter H. aus Bösingfeld - und das Opfer Lukas R., dessen Vater Engländer war. Es kam zum Streit. Grund war ein Feuerzeug, das Mittäter H. angeblich gestohlen hatte, es dann aber wie ein Zauberkünstler aus der Tasche des späteren Opfers R. zog.

Die Täter, das Opfer und ein späterer Zeuge verließen die Kneipe. Auf dem Heimweg eskalierte die Auseinandersetzung. H. soll auf die Frage von M., warum dieser das Feuerzeug in der Tasche gehabt hätte, geantwortet haben: "Ist doch egal." Mit dieser lapidaren Aussage läutete der englischsprachige Lipper sein Ende ein. M. war das nicht egal.  Er schlug sein Opfer ins Gesicht. Vor Gericht hieß es später, M. hätte R. fälschlicherweise für einen Amerikaner gehalten - und seinen Hass auf ihn projiziert. In Linderhofe stationierte Amerikaner hatten M. einst verprügelt.

Der 26-Jährige bekam das jetzt zu spüren. Der Schlag war nicht genug: Knapp 100 Meter weiter warf M. sein Opfer über ein Brückengeländer in die Exter. Das Opfer, das selbst knapp drei Promille im Blut gehabt haben soll, fiel ins 15 Zentimeter tiefe Wasser. Der Angeklagte äußerte sich im Prozess: "Ich lief ihm hinter ihm her, und als er auf mich zutaumelte, habe ich ihm erneut ins Gesicht geschlagen. Da ist er hingefallen. Da habe ich ihn getreten."

Dann mischte sich H. ein. Er lieferte sich ein Wortgefecht mit dem Opfer und sah plötzlich rot."Irgendwie muss bei mir eine Klappe gefallen sein", sagte er vor Gericht.  Ein Zeuge versuchte noch vergebens, den wutentbrannten Mann zurückzuhalten. Doch H. riss sich los, zerrte das wehrlose Opfer ans Ufer und würgte ihn. Eine halbe Minute lang, sagte H. im Zeugenstand: "Mir ist das selbst unverständlich. R. hatte mir doch nichts getan."

Der 26-Jährige starb noch am Tatort. Ein Zeuge sagte aus, das Opfer habe regungslos auf dem Bauch gelegen - mit dem Kopf im Wasser. Besonders bitter: Der Zeuge rannte zum nächsten Telefon und wählte die 110. Weil er seinen Namen nicht nennen wollte, glaubte ihm die Polizei nicht. Der Einsatzwagen rückte nicht aus.

In der Verhandlung wurden M. und H. wegen gemeinschaftlichen Mordes überführt und verurteilt. Das Gericht untermauerte seine Fassunglosigkeit: "Die Schwere der Tat, ihre Durchführung mit einer an Grausamkeit grenzenden Roheit und Brutalität sei mit Worten kaum zu schildern", heißt es im LZ-Bericht. Das Opfer hätte den Angeklagten nichts getan, sei einfach zu Tode gefoltert worden. "Er habe einen dreifachen Tod sterben müssen." Er sei von zwei Fremden ertränkt, erwürgt und erschlagen worden.

Alle Namen von der Redaktion geändert.

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