Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Keine Mitläufer: Lipper schätzen Altbewährtes auf dem Teller

Janet König

  • 0
Christian Steffen hat sich im Lippischen Hof auf ein Jahrhunderte altes Handwerk spezialisiert – das Fleisch reift beim Abhängen in der Trockenkammer. - © Torben Gocke
Christian Steffen hat sich im Lippischen Hof auf ein Jahrhunderte altes Handwerk spezialisiert – das Fleisch reift beim Abhängen in der Trockenkammer. (© Torben Gocke)

Kreis Lippe. Wat der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Diese Redensart könnte für Lipper erdacht worden sein. Spektakuläre Food-Trends sucht man in der Region vergebens. Heißt jedoch nicht, dass die Lipper hinterm Mond leben. Im Gegenteil. „Die meisten Trends halten sich eh nur kurz", sagt Profikoch Jan Diekjobst. Der gebürtige Detmolder hat im Lippischen Hof in der Residenz gelernt und kocht inzwischen im Drei-Sterne-Restaurant „The Table" in Hamburg. Und selbst dort wird nicht jeder Trend mitgenommen, sagt der 24-Jährige: „Worauf es wirklich ankommt, ist Regionalität." Und die scheint bei den Lippern eh hoch im Kurs zu liegen.

Transparenz ist ein Muss

Denn Gäste achten in den lippischen Gastronomien immer mehr darauf, woher das Essen auf dem Teller eigentlich kommt, beobachtet auch Holger Lemke, Betreiber der Windmühle Fissenknick in Horn-Bad Meinberg. „Die Herkunft der Produkte auszuzeichnen, ist enorm wichtig geworden", sagt der Koch. Sobald der Gast genau weiß, dass er eine Forelle aus Blomberg und Kartoffeln aus Lage vor sich auf dem Teller hat, sei er zufriedener. Daneben steige die Nachfrage regionaler Produkte ungemein an. Dazu zählten auch vergessene Klassiker wie etwa Rübchen.

Aus Alt mach Neu

Dass sich der Gast immer mehr mit dem Grundprodukt auseinandersetzt, beobachtet Cristian Steffen. Der Chef des Lippischen Hofs in Bad Salzuflen hat sich im Restaurant „Walter’s Pharmacy" auf „Dry Aged Beef" spezialisiert. Die Bezeichnung klingt modern, dahinter versteckt sich aber eine Jahrhunderte alte Technik der Trockenreifung, mit der Aromen freigesetzt werden. „Das gilt nicht nur für Fleisch, es wird auch mit Gemüse experimentiert", sagt Steffen. Fermentiertes Gemüse eröffne dem Gast ganz neue Möglichkeiten. „Durch den Gärungsprozess können ganz unbekannte Geschmackserlebnisse kreiert werden", sagt Steffen. Zum Beispiel bekämen gedörrte Karotten nach dem Anbraten in der Pfanne fast schon einen fleischigen Geschmack.

Information

Lecker Lippe

Schicken Sie uns noch bis zum 
14. Juli Ihr Rezept fürs neue LZ-Kochbuch 
„Lecker Lippe" und gewinnen Sie mit Glück ein exklusives Kochevent mit Meisterkoch Jürgen Rabe! Infos und Teilnahmebedingungen finden Sie hier.

Bodenständigkeit ist in

Minimalistisch und kunstvoll angerichtete Speisen sind bei den Gästen nicht mehr sonderlich gefragt, beobachtet Holger Lemke in der Windmühle. „Unsere Gäste wünschen sich wieder etwas auf dem Teller", sagt er. Während zwischenzeitlich mehr Wert auf die Optik gelegt wurde, scheint der Gast inzwischen mit einer ordentlichen Portion weitaus glücklicher.

Altes Handwerk neu belebt

Nicht nur bei den Speisen setzt der Lipper wieder auf Altbewährtes. Bei Getränken verdrängt die Kunst des Craft-Beer-Brauens mehr und mehr das gängige Fassbier aus dem Lippischen Hof. „Das liegt wahrscheinlich an der Philosophie des Bierbrauens", vermutet Christian Steffen. Beim Craft Beer stehe das Handwerk des Brauens wieder im Fokus. „Es geht um unterschiedlichste Aromen, die herausgefiltert werden", sagt Steffen. Am gängigen Pils hätten sich die Gäste möglicherweise satt getrunken.


Beim Backen zählen Klassiker

Selbst beim Backen erleben alte Getreidesorten – wie Emmer und Einkorn – ein Comeback, weiß Bäckermeister Fred Meffert. Und das nicht grundlos. „Die sind zwar nicht so ertragreich wie die neuen, dafür aber viel widerstandsfähiger", sagt der Chef der gleichnamigen Bäckerei. Für die neueren Lieblinge wie Weizen, Roggen und Dinkel müssten zwangsläufig Insektizide und Düngermischungen eingesetzt werden – darauf könne man beim Anbau der Klassiker verzichten. Daneben versuche sich die Getreideindustrie an „Hybrid-Sorten", um gegen Anfälligkeiten vorzugehen. Doch auch das sei nachteilig. „Die Sorten sind instabil und können nur einmal angebaut werden", sagt Meffert. Die Saat könne nicht erneut benutzt werden, sonst trenne sich das Korn bei der Nachzucht wieder und die erzüchteten Vorteile seien passé.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.

Kommunalwahl-Abo

Angebot zur Kommunalwahl

5 Wochen Lippische Landes-Zeitung lesen -
gedruckt UND digital!

Jetzt bestellen
Kommunalwahl-Abo