Sadisten in Lippe: Tierquäler gehen Weihnachten 1979 auf die Jagd

Detmold. Hilflos zappeln die Fische im engmaschigen Netz. Langsam geht ihnen die Luft aus. Doch für sie gibt es kein Entkommen. Wer auch immer die Fangnetze in den Forellenteichen in Hummersen an Heiligabend 1979 ausgeworfen hatte, nahm den Tod hunderter Tiere billigend in Kauf. Für die Polizei ist der Einsatz an Weihnachten nicht nur auf einen Dummejungenstreich zurückzuführen. Die Ermittler haben einen schlimmen Verdacht: Sind sie etwa Sadisten auf der Spur?

Die Ereignisse in Hummersen reihen sich in eine ganze Serie von Fällen ein, die die Polizei in den vergangenen Wochen auf Trab gehalten haben. Und spätestens seit dem Verbrechen am Forellenteich ist den Beamten klar, dass es sich nicht um Einzelfälle handeln kann. Zu sehr ähneln sich die Vorkommnisse. "Sogar am Heiligen Abend waren sie unterwegs" titelt die LZ vor knapp 40 Jahren in der Zeitung. Doch wer waren diese Tierquäler?

Keiler zu Tode geprügelt Alles fing an in der Nacht auf den 4. Oktober 1979, ist aus damaligen LZ-Artikeln überliefert. Unbekannte waren in das Wildschweingehege im Erlenpark in Lügde eingedrungen. Sie hatten es auf einen Keiler abgesehen. Mit Holzlatten und einem Messer schlugen und stachen sie so lange auf das Tier ein, bis es tot zusammenbrach. Am nächsten Morgen gab es auch am Forellenteich einen grausigen Fund, aus dem die Täter das Wasser abgelassen hatten: Auf dem Grund lagen dicht an dicht etwa 1500 verendete Forellen. Auch in Sabbenhausen töteten sie die Fische in einem Forellenteich. Zuvor waren sie in eine Fischerhütte eingebrochen.

Hinweise, wer für die Taten verantwortlich ist, gibt es zunächst nicht. Stattdessen verbreitet sich die Nachricht von einem weiteren abscheulichen Verbrechen. Erneut hatten die Täter nachts zugeschlagen. Am 21. Dezember fiel ihnen zunächst in Lügde ein Schaf zum Opfer. Die Unbekannten verletzten das Tier mit ihren Misshandlungen so schwer, dass es geschlachtet werden musste. Sie zogen weiter nach Rischenau. In einem Stall packten sie sich zwei Schafe. Mit einem Feuerzeug versuchten sie, die Wolle der Tiere in Brand zu setzen.

Wenige Tage später fallen sie dann über die Forellen in Hummersen her. Ihre Meucheltour hat damit aber noch kein Ende gefunden. Die Ermittler, die ihnen zwar auf den Fersen sind, führen sie aber auch im neuen Jahr an der Nase herum. Die Polizei kann vorerst weiter nur von einem Fundort zum nächsten eilen. So auch am 5. Januar 1980. Diesmal führt sie das Verbrechen in eine Scheune nach Hummersen. Mit einem Messer hatten die Tierquäler dort auf Rinder eingestochen - und auch von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht: Mit Kleinkalibergewehren schossen sie auf die Tiere.

Tauben und Fasane sterben im Kugelhagel Scheinbar auf den Geschmack gekommen, griffen sie kurz darauf wieder zur Waffe: An einer Fischerhütte in Polle schlugen sie die Scheiben ein, um mit dem Luftgewehr durchs Fenster auf mehrere Tauben und Fasane zu schießen. Die Tiere, die nicht im Kugelhagel starben, wurden mit einem Beil erschlagen. Mitte Januar 1980 nimmt die Serie der sadistischen Verbrechen ein jähes Ende. Die Polizei nimmt drei junge Männer Anfang 20 fest. Ihnen wird vorgeworfen, für zahlreiche Einbrüche verantwortlich zu sein. Welche dicken Fische den Ermittlern tatsächlich ins Netz gegangen sind, wird sich erst noch herausstellen.

Das Einbrecher-Trio landet in der Untersuchungshaft. Dort legen die Männer umfassende Geständnisse ab. Erst jetzt wird das ganze Ausmaß ihrer Taten bekannt. Längst sind es nicht nur Einbrüche und Diebstähle, die auf ihr Konto gehen. Es sind die gleichen Männer, die zahlreiche Tiere gequält hatten. Während ihrer Gräueltaten hausten sie in den Hütten, die sie verwüstet hinterließen.

Trio zu Jugendstrafen verurteilt Vor dem Detmolder Jugendschöffengericht wird dem Trio im Mai 1980 der Prozess gemacht und zu empfindlichen Jugendstrafen verurteilt. In zwei Fällen auf unbestimmte Dauer - jedoch zu mindestens einem Jahr und acht Monaten, höchstens aber zu drei Jahren und sechs Monaten. Gegen den dritten Angeklagten wird eine feste Jugendstrafe von 18 Monaten verhängt.

Die ganze traurige Bilanz der Straftaten, die letztlich bei der Urteilsfindung berücksichtigt werden: 21 schwere Diebstähle, ein versuchter Diebstahl, sechs Diebstähle in Tateinheit mit Sachbeschädigung, ein Einbruch in Tateinheit mit Tierquälerei, vier Fälle von Tierquälerei und drei weitere Fälle von Sachbeschädigung.

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