Leiterin der Blomberger Pestalozzischule geht in den Ruhestand

Blomberg. Am 1. Februar hätte sie Dienstjubiläum feiern können. Knapp verfehlt. Nach (fast) 40 Jahren geht Silke Ilemann, Leiterin der Pestalozzischule, am Donnerstag in den Ruhestand. Monika Ostmeier übernimmt die Schulleitung.

Kurz hält sie inne, schmunzelt, lächelt dann: &bdquo;Ich hätte nie was anderes machen wollen." Besser kann ein Arbeitsleben wohl nicht enden. Und dabei ist in der Rückschau bestimmt nicht alles rosig gewesen. Damals, 1979, als der Schulrat die gerade einmal 25-Jährige nach Blomberg an die &bdquo;Sonderschule" holte – nur zur Aushilfe, denn &bdquo;eigentlich wollte ich als Grundschullehrerin nach Elbrinxen gehen". Daraus wurden vier Jahrzehnte, wer hätte es gedacht. &bdquo;Wer einmal hier ist, der bleibt", sagtdie Schiederanerin mit leicht verklärtem Blick. Für sie jedenfalls galt das – und für viele Kollegen ebenso. Doch die Zeiten waren andere: 14 Pädagogen unterrichteten damals in dem erst 1976 bezogenen Flachdachbau an der Ulmenallee, die Hälfte davon Männer. Es war ein konstantes Team, die meisten blieben bis zur Pensionierung.

Heute gibt es 170 Schüler, das Kollegium ist auf 25 angewachsen, darunter nur eine Handvoll Männer. Und neben dem Schwerpunkt &bdquo;Lernen" gehört seit 1999 der Schwerpunkt &bdquo;Sprache" in der Primarstufe zum Portfolio. Die Personalplanung stellt Ilemann, die zwölf Jahre die Schule leitete, zwischenzeitlich auch die vor zwei Jahren geschlossene Turmschule in Horn, immer wieder vor neue Herausforderungen: Sonderpädagogen sind sehr gefragt – und seit 2009 die Inklusion Einzug in die Regelschulen hielt, müssen die Förderschulen immer wieder Fachkräfte in diese Richtung abgeben.

Abordnung nennt man das. Die Förderschulen stopfen die Lücken so gut es geht, auch mit Studenten und Praktikanten. Ilemann lobt, das bringe auch &bdquo;frischen Wind" in die Schulen – aber sie weiß um die Probleme und auch um die Unruhe, die diese Abordnungen ins Kollegium bringen.

Der Gedanke der Inklusion ist auch für Silke Ilemann der richtige – &bdquo;allerdings nicht für jedermann"; und wenn, dann unter den richtigen Voraussetzungen: Kleine Einheiten, unterstützende Fachkräfte in den Klassen, keine Ausgrenzung der Kinder mit Förderbedarf. Viele Eltern entschieden sich, ihre Kinder auf die Regelschule zu geben – nicht wenige kehrten später zurück: &bdquo;Nicht alle kommen dort klar. Und die Förderschule ist eben ein Schonraum." So muss die Pestalozzischule nicht nur mit schwankendem Personalbestand zurecht kommen, sondern auch mit ständig neuen Schülerzahlen – aus einer achten Klasse sind mittlerweile zwei geworden.

Auch das Einzugsgebiet hat sich mit der politisch gewollten Schließung verschiedener Förderschulen deutlich vergrößert – von Schlangen bis Köterberg und sogar über Kreis und Landesgrenzen hinaus reicht es. Und die Probleme der Kinder sind komplexer geworden: &bdquo;Es gibt viele Arten von Autismus, aber auch ausgeprägte Entwicklungsverzögerungen."

Die Schule hat auf die Veränderungen reagiert, versucht, die Klassen mit 12 bis 15 Schülern klein zu halten. Acht Integrationshelfer und ein Schulsozialarbeiter gehören zum Team, auch Praktiker wie ein Tischlermeister. &bdquo;Unsere Absolventen haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt – einige in den Behindertenwerkstätten, andere auch auf dem ersten Arbeitsmarkt", hebt Ilemann hervor. Das sei auch ein Verdienst der guten Berufsvorbereitung.

Viele, die in der Gesellschaft einmal Fuß gefasst hätten, würden naturgemäß nicht mehr gerne mit ihrer alten Schule in Verbindung gebracht. Aber es gibt auch andere: Der Lkw-Fahrer, zum Beispiel, der jüngst im Büro von Silke Ilemann auftauchte und freudestrahlend sagte, er wolle mal sehen, was aus den Räumen geworden sei – er habe 1993 hier seinen Abschluss gemacht. Das sind Momente, an die sich die Schulleiterin genauso gerne erinnert wie an Klassenfahrten in die Berge oder an die See und an die gute Zusammenarbeit mit der Schulaufsicht, den Kollegen und vielen Eltern. Und die zeigen ihr: Die vergangenen vier Jahrzehnte haben sich gelohnt.

Zehn Förderschulen - 1300 Schüler Im Kreis Lippe gibt es insgesamt zehn Förderschulen in öffentlicher Trägerschaft mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Neben der Pestalozzischule in Blomberg haben auch die Erich-Kästner-Schule in Bad Salzuflen und die Gustav-Heinemann-Schule in Detmold den Schwerpunkt &bdquo;Lernen". Nur zwei Schulen im Kreisgebiet haben den Förderschwerpunkt &bdquo;Sprache": Neben der Blomberger Einrichtung auch die Irmela-Wendt-Schule in Lage-Pottenhausen. Zudem gibt es die Schwerpunkte &bdquo;emotionale und soziale Entwicklung" und &bdquo;geistige Entwicklung". Knapp 1300 Schüler besuchen eine lippische Förderschule. Die Personalausstattungsquote liegt nach Angaben der Bezirksregierung bei 95,78 Prozent (Lehrkräfte). Zur Altersstruktur gibt es keine Statistik. Absolute Zahlen hat die Behörde ebenfalls nicht, auch nicht zur Ausstattung mit sonstigen Mitarbeitern.

&bdquo;Die Decke ist immer zu kurz" Ein Kommentar von Silke Buhrmester

Zehn öffentliche Förderschulen in Lippe, an denen rund 1300 Kinder mit unterschiedlichen Defiziten unterrichtet werden. Allein diese Zahlen zeigen: Inklusion gelingt nicht immer.

Sonderpädagogen wie Silke Ilemann stehen dem Gedanken der Inklusion – der gemeinsamen Beschulung von Menschen mit und ohne Behinderung – positiv gegenüber. Sie haben aber auch mit den Konsequenzen zu kämpfen:

Da sind zum einen die ständig schwankenden Schülerzahlen. Eltern haben ein Recht darauf, ihre Kinder auf eine Regelschule zu schicken. Sie haben aber auch ein Recht darauf , das Kind (zurück) auf die Förderschule zu schicken.Da sind zum anderen schwankende Lehrerzahlen. Sonderpädagogen werden an der Förderschule dringend benötigt, um eine Doppelbesetzung im Unterricht zu garantieren. Diese Fachkräfte werden aber inzwischen ebenso an Regelschulen gebraucht. Ergo werden sie &bdquo;abgeordnet", müssen für einen begrenzten Zeitraum den Arbeitsplatz wechseln. Das stößt nicht gerade auf Begeisterung – und macht den Beruf des Sonderpädagogen nicht attraktiver.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Klientel an der Förderschule verändert hat: Die Probleme der Kinder, die dort verbleiben, sind vielschichtiger. Sie kommen an der Regelschule trotz Inklusion nicht zurecht. Und gerade sie bräuchten doch eine optimale Förderung.

Egal, wohin man die Decke zieht: Sie ist immer zu kurz.

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