Ärzte aus aller Welt arbeiten am Klinikum Lippe

Kreis Lippe. Im Klinikum Lippe arbeiten insgesamt 415 Ärzte. Ein Teil von ihnen hat ausländische Wurzeln – 163 Mediziner sind nicht in Deutschland geboren. Für die Kommunikation zwischen Arzt und Patient kann das Schwierigkeiten bedeuten. Kritiker dieser Personalpolitik sehen das Patientenwohl gefährdet, doch die Klinikleitung argumentiert genau anders herum und ist froh, über jeden Kollegen aus dem Ausland.

Die Kritik: CDU-Politiker Stephan Grigat bringt das aus seiner Sicht größer werdende Problem jüngst im Gesundheitsausschuss des Kreises zur Sprache. Bei ihm würden sich Beschwerden häufen, wonach es für Patienten im Klinikum Lippe immer schwieriger werde, sich mit ihrem Arzt zu verständigen. Grigat sagt: &bdquo;Viele Ärzte aus dem Ausland sprechen schlicht nicht ausreichend Deutsch. Und auch ihre Rechtschreibkenntnisse reichen nicht aus, um verständliche Arztbriefe zu schreiben." Er sei der Meinung, dass ein Arzt so seinen Job nicht richtig ausüben könne.

Die Sicht der Klinik: Prof. Dr. Christoph Redecker, Ärztlicher Direktor des Klinikstandortes Lemgo, macht deutlich: &bdquo;Wir sind sehr froh über die Unterstützung durch die internationalen Kollegen." Denn der Ärztemangel sei im Klinikum keine bloße Phrase, sondern handfeste Realität. Die deutschen Universitäten lieferten schlicht nicht genügend Nachwuchs. &bdquo;Die Alternative zu Ärzten aus dem Ausland ist gar kein Arzt", betont Prof. Christoph Redecker.

Die internationalen Ärzte: Sie kommen aus den unterschiedlichsten Ländern nach Lippe. &bdquo;Wir haben etwa Mediziner aus Ägypten, Syrien, Griechenland oder den ehemaligen Sowjetrepubliken", sagte Klinik-Pressespecher Christian Ritterbach auszugsweise. Wer in Detmold oder Lemgo ins Klinikum eingeliefert werde, habe eine hohe Chance auf einen Arzt zu treffen, der seine Ausbildung im Ausland absolviert habe: &bdquo;39 Prozent unserer Mediziner haben ausländische Wurzeln", sagt Ritterbach.

Der Sprachnachweis: Ärzte, die aus dem Ausland kommen, müssen Deutschkenntnisse nachweisen, um hierzulande Patienten zu behandeln. Nach Auskunft des Klinikums Lippe ist für die entsprechende Überprüfung die Ärztekammer Westfalen-Lippe zuständig. &bdquo;Es gibt dazu einen verbindlichen Test, den die Kollegen in Münster ablegen müssen", sagt Prof. Redecker. Die Anforderungen seien in den vergangenen Jahren deutlich erhöht worden. Heute entspreche der Test im &bdquo;Medizindeutsch" dem sogenannten &bdquo;C1 Sprachniveau". Dieses attestiert nach europäischen Standards, dass jemand eine neu gelernte Sprache kompetent beherrscht. Für die Klinik sagt der Mediziner: &bdquo;Wir lassen hier keinen Arzt auf die Patienten los, der nicht ausreichend gut mit ihnen sprechen kann." In der Regel würden die internationalen Kollegen vor Dienstantritt zunächst eine Hospitanzzeit, die drei bis sechs Monate dauere, in Detmold oder Lemgo durchlaufen. Darüber hinaus biete das Klinikum Sprachkurse für die neuen Ärzte an, die nach Auskunft von Pressesprecher Christian Ritterbach sehr stark nachgefragt seien.

Die medizinische Qualität: Auch hier spricht Chefarzt Prof. Redecker deutlich Worte: &bdquo;An der fachlichen Qualität dieser Kollegen habe ich keinerlei Zweifel. Im Gegenteil – ich erlebe die jungen Mediziner aus dem Ausland häufig als zielstrebige und ehrgeizige Ärzte, die hier wirklich etwas aus sich machen wollen." Einen qualitativen Unterschied zu den in Deutschland ausgebildeten Ärzten erkenne er nicht, unterstreicht Prof. Redecker.

"Die Klinikleitung sieht die Realität" Ein Kommentar von Torben Gocke

Recht hat, wer es problematisch findet, wenn Ärzte nicht mehr fehlerfrei mit ihren Patienten sprechen können. Es ist offensichtlich und naheliegend, dass eine mangelhafte Kommunikation in diesem Bereich das Risiko von Fehleinschätzungen erhöht. Richtig ist allerdings auch, dass in Deutschland viel zu wenig Mediziner von den Hochschulen ausgebildet werden.

Im Lippischen kommt erschwerend hinzu, dass die Standorte nahe Werre und Bega ganz sicher nicht die erste Wahl sind bei jungen Absolventen. Wenn die Entscheider im hiesigen Klinikum nach Alternativen Ausschau halten, dann ist das erst einmal nicht problematisch, sondern nur folgerichtig. Stünde hier kein Arzt aus dem Ausland, dann stünde hier gar kein Arzt, so lautet das Argument dahinter und das ist genau so einfach, wie es richtig ist.

Das Patientenwohl wäre deutlich stärker in Gefahr, würde eine Klinikleitung sich dieser Realität verwehren. Dazu kommen die Vorteile, die ein Arzt aus weiter Ferne mitbringen kann. Denn neben den Medizinern werden in hiesigen Krankenhäusern auch die Patienten immer internationaler. Ein großes Arsenal von Sprachen in der Belegschaft ist hier ganz klar ein großer Bonus. Ferner ist es sicher etwas Gutes, wenn die Expertise etwa eines Arztes aus Syrien mit der eines in Münster ausgebildeten zusammenfließt.

Um die Qualität der Behandlung in Lippe muss man sich wohl an dieser Stelle erstmal keine großen Sorgen machen.

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