Kreisverwaltung verabschiedet Profi-Netzwerker Jürgen Kohlhagen

Kreis Lippe. Er kennt jeden Weiler in Lippe und jeden Schleichweg. Jürgen Kohlhagen ist von Bechterdissen im Westen bis Hünkergrund ganz im östlichsten Zipfel Lippes kein Orts-Eingangsschild fremd. Andererseits kennen ihn alle Bauamtsleiter, Planer und Bürgermeister der 16 Kommunen. Diese Woche geht der Profi-Netzwerker in Ruhestand.

Meist hat er gut abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit im Hintergrund gearbeitet, der Leiter der Abteilung Kreisentwicklung beim Kreis – ein direkt dem Landrat zugeordneter Stabsbereich. Dort geht es darum, die Kommunen zu beraten, denn sie haben ja die Planungshoheit – &bdquo;und die gilt es, strikt zu beachten." Gleichzeitig hat der Kreis aber auch Planungsaufsicht – diese beiden Aspekte unter einen Hut zu bekommen, war nicht immer ganz einfach. Themen sind Baugenehmigungsverfahren, Planungsrecht, Bauordnung, Nutzungsänderungen, An- und Umbauten... &bdquo;Da geht es immer um vernünftige Beratung. Darum, Ermessensspielräume auszunutzen."

Kohlhagen ist stolz darauf, wie gut das alles funktioniert hat, &bdquo;Ich habe immer gefragt: ,Können wir das genehmigen? und nicht ,wie können wir das ablehnen?." Ganz wichtig: Entscheidungen mussten gerichtsfest sein. Wenn es dennoch mal vor das Verwaltungsgericht ging, weil Antragstellern nicht jeder Wunsch erfüllt werden kann – &bdquo;dann habe ich nicht einen Prozess verloren."

Stolz ist der 65-Jährige auf ein Versprechen des Kreishauses, an dem er mitgearbeitet hat: Die Wirtschaft bekommt Baugenehmigungen binnen sechs Wochen – wenn alle Unterlagen dort vorliegen. Gleichzeitig stimmten 2006 alle Behörden zu, sich innerhalb von zwei Wochen statt der gesetzmäßigen zwei Monate zu äußern. &bdquo;Diese Vereinbarung 2006 zu unterzeichnen, war mein schönster Augenblick als damaliger Leiter des Bürger- und Unternehmensservice. So eine Vereinbarung ist einmalig." Zuletzt beriet Jürgen Kohlhagen die Kommunen bei der Aufstellung des neuen Regionalplanes – dafür muss etwa ein Konzept für die Gewerbeflächen her.

Jürgen Kohlhagen hat den Blick des Fachmanns auf Lippe – es ist ein zuweilen durchaus sorgenvoller Blick. Leerstände in den Dörfern erfordern Leerstandsmanagement, &bdquo;der Kreis ist mit dem Dorfcoach auf einem guten Weg." In kleinen Orten, aber auch in Innenstädten wie in Horn fehlt es oft an Einkaufsmöglichkeiten. &bdquo;Ja, da sind Fehler gemacht worden", resümiert er. Die großen Läden auf der Grünen Wiese ziehen die Kunden an, vom Kauf des vergessenen Liters Milch können kleinere Geschäfte nicht überleben. Kohlhagen ist da ein wenig ratlos – eine Wende wäre durch die Schaffung von genügend Arbeitsplätzen in erreichbarer Entfernung vielleicht möglich. Einen guten Ansatz sieht er in dem Projekt &bdquo;smart country side" . Das sei auch ein positives Beispiel für gut investierte Fördergelder, die nicht lediglich um eines später einschlafenden Projektes Willen eingesetzt würden.

Kohlhagen geht durchaus mit Wehmut. Die Arbeit hat er immer gern gemacht. Wenn er am 11. März verabschiedet wird, steht er ausnahmsweise im Mittelpunkt, es werden wohl reichlich Bürgermeister, Bauamtsleute und Kollegen kommen. Und anschließend geht es letztmals mit Startpunkt Kreishaus nach Hause, zum überhaupt allerschönsten Ort zwischen Bechterdissen und Hünkergrund: Nach Pivitsheide. Und zwar ins einzig wahre Pivitsheide: Nach V.L.

Neue Aufgabe bei Gericht Jürgen Kohlhagen ist gelernter Architekt und seit 1981 bei der Kreisverwaltung. Obwohl er mit einem weinenden Auge in den Ruhestand geht, ist ihm davor nicht bange: Künftig hat er mehr Zeit für die Familie – und für die Jagd, sein großes Hobby. Außerdem arbeitet er nun als Schöffe bei Gericht.

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