The Boys: Eine bitterböse Superheldenserie ohne echte Helden

Explodierende Menschen, skurrile Sexszenen und ein zynischer Humor, der die Grenzen des guten Geschmacks neu absteckt. Die US-amerikanische Superheldenserie &bdquo;The Boys" ist nichts für zarte Nerven, bietet dafür aber atemberaubende Unterhaltung.

Der etwas andere Blick auf Helden Superheldenfilme und auch -serien gibt es ja eigentlich zuhauf. Im Kino vergeht eigentlich kein Jahr, in dem nicht mindestens drei neue Marvel-Filme laufen. Und auch als Serie gibt es die klassischen Helden bei Netflix, Amazon und Co. nur zur Genüge. Eigentlich müsste das Publikum die Heldenthematik doch irgendwann Leid sein. Zumindest beschleicht den gelernten Seriengucker gelegentlich das Gefühl, alles irgendwie doch schon mal so ähnlich gesehen zu haben. Oder etwa doch nicht?

Nein, denn die Amazon-Originalserie &bdquo;The Boys" dreht den Blickwinkel um 180 Grad und stellt die Helden, auch &bdquo;Supes" genannt, mal auf die Schattenseite der Gesellschaft. Diese Helden sind nur zu menschlich. Und das im negativen Sinne. Denn es wird nicht selbstlos und gutmütig gehandelt. Es werden keine Menschen aus reiner Nächstenliebe gerettet. Diese Superhelden kassieren Fett ab, sind in sozialen Netzwerken aktiv und wollen um jeden Preis das größtmögliche Kapital aus ihren Kräften schlagen. Dafür gehen sie auch über Leichen.

Wer tritt den &bdquo;Supes" in den Hintern? Ausgangspunkt der achtteiligen ersten Staffel der Serie ist Hugh Campbell (Jack Quaid). Diese Figur dient in der Geschichte als Identifikationsfigur und Anker, der die Zuschauer mitnimmt. Er ist in der gleichen Lage, in der sich auch der Zuschauer zu Beginn befindet. Für ihn sind die &bdquo;Supes" etwas Positives. Sie sind Stars, die jeden Tag scheinbar Gutes tun, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. &bdquo;Hughie" vergöttert diese Helden und würde nie auf die Idee kommen, dass sie Schlechtes im Sinn haben...

Erst als Hughies Freundin durch einen &bdquo;Unfall" stirbt, beginnt er die "Supes" zu hinterfragen. Denn einer der Heden ist maßgeblich für den Tod der jungen Frau verantwortlich. Der Schuldige ist der schnellste Mann der Welt. Als "A-Train" (Jessie Usher) bewegt er sich mit übernatürlicher Geschwindigkeit. Und zwar so schnell, dass er mit bloßen Auge kaum fassbar ist.

"A-Train" ist Mitglied der &bdquo;The Seven", der vermutlich stärksten Heldenvereinigung der Welt. Ihr gehören sieben von einem Unternehmen ausgewählte Menschen mit übernatürlichen Kräften an, die von einem Großkonzern bestmöglich vermarktet werden. An vorderster Front der &bdquo;Seven" steht der mächtige &bdquo;Homelander". Er verkörpert eine Art Superman - mit moralisch eher fragwürdigen Charaktereigenschaften.

Die sieben größten Helden arbeiten für den Konzern &bdquo;Vought", einer von Kapitalismus und Gier getriebenen Firma, die aus ihren Superhelden Profit in Milliardenhöhe erwirtschaftet. Die Fassade, die von Vought nach außen aufgebaut wurde, beginnt für Hughie zu bröckeln, als diese versuchen, den Unfall zu verschleiern und den jungen Mann mit einer Geldsumme zum Schweigen zu bringen.

In dieser Phase seines Lebens lernt er Billy Butcher (Karl Urban) kennen. Einen Mann, der Jagd auf Helden macht. Er weiß schon längst, dass hinter der sauberen Marketingfassade der &bdquo;Supes" ein dreckiges Geschäft steckt. Butcher ist der Kopf von &bdquo;The Boys", einer kleinen Gruppe von Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die vermeintlichen Superhelden aufzuhalten - und der Öffentlichkeit das wahre Gesicht ihrer Vorbilder zu zeigen.

Gesellschaftskritik und MeToo-Debatte Die Serie strotzt nur so vor Kritik an Kapitalismus und Geldgier. Die Helden, die im Licht der Öffentlichkeit stehen, könnten im wahren Leben genauso gut berühmte Schauspieler, Politiker oder Fußballer sein. Die Helden der Serie stehen mehr oder weniger als Metapher für Personen des öffentlichen Lebens, die einen großen Einfluss auf die Gesellschaft und somit große Verantwortung haben. Denn auch hier stecken große Marketingmaschinerien dahinter, um möglichst großen Profit abzuwerfen.

Daneben bekommt auch die &bdquo;MeToo"-Debatte schon zu Beginn der Handlung ihren Platz eingeräumt. Als die junge Heldin &bdquo;Starlight" (Erin Moriarty) nämlich zu einem neuen Teammitglied der berühmten &bdquo;Seven" werden soll, muss sie zuerst einem höher angesehenen Kollegen einen Dienst der unmoralischen Art erweisen. Das ganze Szenario erinnert schon sehr an Methoden, die in den Medien immer wieder im Zusammenhang mit &bdquo;MeToo" auftauchen.

Es wird eines recht schnell klar. Die größten Helden der &bdquo;The Boys"-Welt interessieren sich deutlich mehr für ihre Beliebtheitswerte, Geld, Social-Media-Aktivitäten und ihre Außenwirkung. Geld und Ruhm sind ihr Antrieb. Sie stecken in einem von einem Unternehmen geschaffenen Hamsterrad, in dem sie nur einen Zweck haben: Geld. Dass sie dabei zwischendurch auch Gutes tun müssen, ist eher ein notweniges Übel für die Heldentruppe. Und dennoch schaffen es die Macher, auch den fiesesten Superhelden in wenigen Momenten menschliche Züge zu verleihen.

Absurd und genial Nicht selten fällt dem Zuschauer beim Schauen von &bdquo;The Boys" die Kinnlade runter - so unerwartet entwickelt sich die Handlung teilweise. Obwohl viele Szenen mit extremen Gewaltausbrüchen sehr auf die Spitze getrieben werden, hat die Erzählweise doch etwas Faszinierendes. Die Einfälle der Autoren sind teilweise so absurd, dass man manchmal nicht weiß, ob man sich ekeln oder doch eher in Gelächter ausbrechen soll. Die Autoren gehen nicht gerade zimperlich mit der Darstellung von blutigen Szenen um. Nicht mal Flipper bleibt verschont...

Fazit &bdquo;The Boys" ist auf jeden Fall anders, als nahezu alles, das bisher unter dem Superheldengenre gelaufen ist. Auch wenn es durchaus Parallelen zu anderen Produktionen gibt. Ein Stück weit erinnert der Tenor von "The Boys" an Alan Moores &bdquo;Watchmen – Die Wächter". Auch in dieser Welt stehen Helden über allem und das Volk fragt sich, wer diese eigentlich überwacht. (Bald erscheint auch dazu eine Serie beim Sender HBO.) Daneben haben gebrochene Protagonisten wie Jessica Jones dem Zuschauer schon längst gezeigt, dass die Figur des Superhelden durchaus düster und komplex sein kann.

Der teils derbe und schwarze Humor und die übertrieben blutigen Splatter-Szenen sind bestimmt nicht für jeden Zuschauer geeignet. Wer aber diese Mischung und den gesellschaftskritischen Unterton mag, wird diese Serie lieben.

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