Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Apotheken sollen zu Stützpunkten für Videosprechstunden werden

Julia Kube

  • 0
So könnte es bald aussehen: Von der Apotheke aus mit dem Arzt per Videoanruf kommunizieren – könnte für viele Patienten eine Lösung bedeuten. - © Bernhard Preuß
So könnte es bald aussehen: Von der Apotheke aus mit dem Arzt per Videoanruf kommunizieren – könnte für viele Patienten eine Lösung bedeuten. (© Bernhard Preuß)

Kreis Lippe. Die Zahlen von Ärzten und auch Apotheken sinken in manchen ländlicheren Regionen – auch in Lippe ist Ärztemangel ein großes Thema. Leidtragende sind die Patienten, die für einen Praxisbesuch zuweilen lange Wege und Wartezeiten auf sich nehmen müssen. Die sich immer weiter entwickelnde Digitalisierung bietet da Chancen – etwa durch die Telemedizin. Darauf setzt Michael Höferlin mit seiner Idee.

Der Diplom-Ingenieur aus Detmold hat sich auf die Architektur von Arztpraxen und Apotheken spezialisiert. In einigen Krankenhäusern werde schon Telemedizin praktiziert, sagt er. „Warum soll es also nicht auch in unseren Apotheken funktionieren? Ein Raum, ein Computer und eine Kamera – und der Patient kann (in der Apotheke vor Ort) mit dem Arzt kommunizieren", sagt Höferlin. Der Patient könne dann zum Beispiel über Skype mit dem Arzt sprechen, ihm seine Symptome erklären oder kleinere Wunden zeigen. Die Umsetzung ist allerdings gar nicht so leicht, zeigt eine LZ-Nachfrage.

Schwierige Rahmenbedingungen

Es gibt auch Kritik. Dr. Hans-Christian Körner von der Bezirksstelle Detmold der kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe hat seine Praxis in Horn-Bad Meinberg. Er sieht den Plan nicht ganz so optimistisch:„Es müssen einfach die Rahmenbedingungen gegeben sein, wie gute Technik oder eine flüssige Internetverbindung. Natürlich müssen Ärzte zur Verfügung stehen, und es darf nicht zu überlaufen sein", begründet Körner seine Vorbehalte. Außerdem sei noch nicht klar, wie es mit der Terminvergabe aussehe. Und: Ob ein Arzt immer Zeit habe, sei fraglich. Es spiele zudem der Datenschutz eine große Rolle, dieser sei im Internet für viele Menschen zweifelhaft.

Körner kann sich nicht vorstellen, dass Patienten private Informationen über ihre Gesundheit über das Internet mitteilen wollen. Für viele Erkrankte sei es einfach vertraulicher, wenn der Arzt direkt vor ihnen stehe und so kein Dritter etwas mitbekomme. Trotz allem erkennt Körner Vorteile in der Idee: In einer Behandlung könne der Patient den Verlauf einer Wunde zeigen oder es gebe eine kurze Konversation, die den Arzt über die Entwicklung eines Symptoms informiere. Das könne den Ärzten viel Zeit ersparen, da Hausbesuche teilweise nicht mehr nötig wären. „Die langen Wartezeiten in der Praxis würden zum Teil wegfallen, wenn der Arzt kurz mit dem Patienten sprechen kann und trotzdem auf dem neuesten Stand ist", sieht Körner auch Chancen.

Telemedizin im Altenheim

Das Konzept könne sich nicht nur in regionalen Apotheken als sinnvoll erweisen, sondern auch in Altenheimen. „Die examinierten Pflegekräfte könnten dabei sein und bei der Videosprechstunde assistieren." Die Pfleger wären somit der verlängerte Arm des Arztes, was wiederum Zeit und Aufwand im Sinne der Patienten einsparen würde.

„Es ist nur eine Idee und ein grober Entwurf", stellt Höferlin klar. „Trotzdem lohnt es sich, darüber zu sprechen und das Konzept ins Rollen zu bringen." Selbstverständlich seien etliche Rahmenbedingungen zu beachten, wie die räumlichen und technischen Voraussetzungen. Aber: „Es muss sich etwas ändern, denn in Zukunft wird es weniger Apotheken geben. Denn wo kein Arzt ist, da gibt es auch keine Apotheken mehr." Trotzdem müsse es Grenzen geben, meint Höferlin. Mit einer Erkältung müsse man nicht unbedingt zum Arzt gehen, da wüssten die Apotheker Rat. Doch sobald sie an ihre Grenzen stießen, müsse der Mediziner eingeschaltet werden – das gehe durch die Telemedizin schneller.

Höferlin hat sein Konzept schon Ärzten und Apothekern vorgestellt. Alle seien bis jetzt beeindruckt gewesen. Er gründet seine Idee auch auf Fakten: Es herrsche ein Apotheken-Schrumpfen. Seien es bundesweit zurzeit 19.000, so schätze er, dass es in naher Zukunft nur noch etwa 15.000 Apotheken in Deutschland gebe. „Dabei sind Apotheken wichtig. Viele Patienten nutzen eher die Apotheke als den Arzt." Man könne Apotheken auf dem Land, die eine wichtige Anlaufstelle seien, durch dieses Projekt am Leben erhalten.

Die Meinung eines Apothekers

Christian Schmidt ist Bezirksvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, auch er befürchtet schwere Folgen durch den Mangel an Ärzten und befürwortet die Telemedizin: „Wenn die nächste Praxis auf dem Land schwer zu erreichen ist, werden Videosprechstunden vermutlich an Bedeutung gewinnen, um gerade älteren Menschen umständliche Wege mit dem Öffentlichen Personennahverkehr zu ersparen."

Schmidt weiß, dass Internetbedingungen in vielen ländlicheren Regionen ausbaufähig seien, daher könne die Videosprechstunde wahrscheinlich nicht in jedem Haushalt genutzt werden. Das Gedankenspiel, dass deshalb die Apotheken vor Ort zu Stützpunkten für Videosprechstunden werden, sei also diskutierenswert.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.

Kommunalwahl-Abo

Angebot zur Kommunalwahl

5 Wochen Lippische Landes-Zeitung lesen -
gedruckt UND digital!

Jetzt bestellen
Kommunalwahl-Abo