Wirtschaft in Lippe: „Der Milchpreis muss ’rauf“

Kreis Lippe. Es scheint ein ewiger Kampf zu sein: Milchbauern gegen Molkereien. Auch jetzt protestieren Landwirte in Deutschland erneut ob der zu niedrigen Preise für ihre Milch. Ihr Anliegen ist klar: Sie bekommen zu wenig, um davon leben zu können. In Bremen haben Bauern mit einer Treckerdemonstration auf ihre missliche Lage aufmerksam gemacht. Und die lippischen Bauern? Sie demonstrieren bisher nicht. Was aber nicht heißt, dass sie nicht auf die Barrikaden gehen.

Cord-Friedrich Delker ist Landwirt in Brake, hat mehr als 100 Kühe und die Faxen dicke. &bdquo;Wir gehen mit einer Resolution zum DMK (Deutsches Milchkontor) und sagen denen wieder einmal, dass es so nicht geht", sagt er wütend während eines Telefoninterviews letzte Woche. In seiner Stimme schwingt keine Resignation, aber eine gewisse Genervtheit mit. Weil er weiß, was er zu hören bekommen wird? &bdquo;Das kann man positiv, negativ oder realistisch sehen", sagt er. Zuversichtlich wirkt er nicht. Er stehe nicht zum ersten Mal dort, wo er jetzt mit seinen Kollegen stehe. &bdquo;Die Molkereien werden wieder sagen, dass der Einzelhandel zu niedrige Preise fährt, und der wird wiederum auf die zu hohen Preise der Molkereien verweisen", prognostiziert er.

Die Wahrheit sei: &bdquo;Wir produzieren zu den höchsten Standards, die es in Deutschland gibt. Aber die Molkereien nehmen Milch aus Polen oder Tschechien, wenn es entweder nicht reicht oder die dort günstiger ist." Das drücke den Gesamtpreis. Doch werde die dortige Milch meist nicht unter den selben Qualitätsmanagement-Standards produziert, wie in Deutschland. &bdquo;Das beginnt bei der Kontrolle der Fütterung und Haltung der Tiere, geht über die Kontrolle der Hygiene in der Produktion und endet bei der gesundheitlichen Qualität der Milch", sagt er. Der aktuelle Grundpreis für Milch liege bei 30 Cent. Sobald sie im Ausland billiger sei, spielten Qualitätsstandards keine Rolle für die Molkereien, sagt Cord-Friedrich Delker.

Generell müsste die Milch 13 bis 14 Cent mehr kosten. Das generelle Problem liege darin, dass die Molkereien zu viel Milch abnehmen wollten. &bdquo;Wir haben drei bis fünf Prozent zuviel Milch auf dem Markt. Wäre es weniger, wären unsere Preise stabil, und wir hätten damit ein Auskommen", sagt der Landwirt. Doch daran hätten die Molkereien kein Interesse. &bdquo;Die wollen ihre Werke auslasten – und wenn sie die überschüssige Milch zu Pulver verarbeiten und einlagern müssen. Dann verkaufen sie es später nach China", sagt er. Das sei alles andere als klimafreundlich.

Milchbauern, die Bioprodukte anböten, spielten keine wirkliche Rolle in diesem Streit. Diese hätten feste Kunden und feste Abnahmen. &bdquo;Die sagen: Warum sollen wir mehr produzieren als nötig, wenn wir damit unseren Preis senken?", erklärt Delker. Der Preisdruck aus dem Ausland betreffe sie nicht, da das Bio-Label eine bestimmte Zielgruppe anspreche. Diese sei bereit, den Aufpreis zu zahlen. Biomilchbauer Friedrich Uthmeier aus Lüerdissen kann das bestätigen. &bdquo;Auch Bio-Milchpreise könnten besser sein, aber immerhin sind sie stabil. Es gibt dort keine Überproduktion." Allerdings weiß auch er, dass ein Leben nur mit Milchproduktion eigentlich nicht möglich ist. Er ist schon vor längerem dazu übergegangen, seine Milch direkt zu Eis zu verarbeiten und nicht nur zu verkaufen. &bdquo;Ohne die Eisproduktion hätte ich nicht genug zum Leben", sagt der Bauer.

Ein paar Tage vorgespult: Die Bauern waren beim DMK, um sich zu beschweren. Das Ergebnis ist für Cord-Friedrich Delker wie erwartet: &bdquo;Den Molkereien geht das glatt am Arsch vorbei." Seine Kollegen seien mittlerweile an ihrer psychischen Belastungsgrenze.

Die Pressestelle des DMK bezieht Stellung: &bdquo; [...] wir wissen als Genossenschaft sehr genau, dass viele Betriebe die Grenzen der Belastbarkeit erreicht haben beziehungsweise schon darüber hinaus sind." Allerdings sei es nicht die verarbeitende Industrie, die die Preise diktiere. Das Problem beginne bei den Kunden, die zu zu günstigen Produkten greifen würden. Die Preisschlacht des Handels erziehe den Kunden dazu. &bdquo;Lebensmittel müssen in der Wertschätzung wieder ihren Wert haben, dann kann man damit auch Wertschöpfung betreiben. Das kann nur gemeinsam angegangen werden. Aktuell agiert jeder gegen jeden – dass das nicht zum Ziel führen kann, ist offensichtlich", so die Stellungnahme.

Solange die Molkereien die Milch so günstig anbieten, müssten auch die großen Handelsketten nicht reagieren, meint Cord-Friedrich Delker. &bdquo;Dann brauchen die ja ihre Preise nicht zu erhöhen." Unwilligkeit beim Kunden, mehr zu zahlen, sei nicht das Problem. Er sieht zwei Lösungswege: Entweder die Molkereien seien anständig und überdächten ihre Preis- und Abnahmepolitik. Oder die Politik ermächtige den Milchbauern, den Preis zu kontrollieren. &bdquo;Wir würden die Molkereien fragen: ,Wie viel braucht ihr? Und dann würden wir den entsprechenden Preis für genau die Menge benennen".

Cord-Friedrich Delker gibt sich trotz der erwarteten Enttäuschung kampfeslustig: &bdquo;Wenn wir noch mal streiken, bin ich dabei."

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