Covid-Infektionsrisiko für die Jüngsten wird größer

Kreis Lippe . Die Nachrichten aus den USA alarmieren: Immer mehr Kinder werden mit Covid-Infektionen in die Krankenhäuser eingeliefert. Professor Thomas Brune, Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Detmold, beobachtet die Entwicklung mit großer Sorge. Im Klinikum Lippe wurden vier Kinder mit einer Covid-Infektion behandelt. Der Mediziner wirbt dafür, möglichst viele Jugendlichen ab zwölf Jahren zu impfen und mehr aufzuklären.

Es zeigt sich in den Zahlen, dass sich das Infektionsgeschehen verändert. Die Ansteckungswelle erfasst akut vor allem jüngere Menschen. Hier steigt die Impfquote zwar am schnellsten, bisher ist sie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aber noch besonders niedrig.

Professor Brune: "STIKO richtet sich nicht nach Politik" Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), auch 12- bis 17-Jährige sollten sich impfen lassen, wird von einigen Eltern in den Sozialen Netzwerken kritisch bewertet. Da ist von Gefälligkeitsempfehlungen für die Politik die Rede. &bdquo;Die Impfkommission macht aber das gerade nicht: Sie richtet sich nicht nach dem politischen Ziel. Wenn sie das tun würde, wäre die Empfehlung früher ausgesprochen worden", sagt Brune. Vielmehr entscheide sie nach Individualnutzen – und nach Auswertung der Situation in anderen Ländern.

Und was sich in den USA abspielt, beginnt im Kleinen auch in Deutschland. In Kiel, wo seit zwei Wochen wieder die Schule läuft, liegt die 7-Tage-Inzidenz bei den 0 bis 14-Jährigen bei 224,3, 69 Fälle wurden gemeldet, in der Gruppe 15 bis 34 Jahre sind es 104 Fälle und eine Inzidenz von 135,3. &bdquo;Wir sehen, dass nicht mehr die Älteren, sondern die Jüngeren viel stärker gefährdet sind. Deshalb ist es wichtig, die Gruppen, die wir schützen können, auch für die Impfung zu gewinnen", erklärt der Chefarzt.

COVID-Infektion? - Verlauf nicht absehbar Hinzu komme: Die Delta-Variante sei wesentlich ansteckender als die, die zu Beginn der Pandemie grassierte. &bdquo;Es muss allen klar sein: Wer sich nicht impfen lässt, entscheidet sich für die Infektion." Wie die Infektion verlaufe, sei nicht abzuschätzen. &bdquo;Wenn wir die Fälle in den USA sehen, dann ist das beunruhigend. Es gibt durchaus schwere Verläufe bei Kindern und Jugendlichen", sagt Brune.

Und selbst bei leichteren Fällen gebe es das Risiko für Long-Covid. &bdquo;Bei erwachsenen Patienten rechnet man mit cirka zehn Prozent der Fälle, wo es auch nach einem leichteren Verlauf später zu lang andauernden gesundheitlichen Einschränkungen der Patienten kommt." Bei Kindern und Jugendlichen sei dieser Prozentsatz noch nicht abzuschätzen, aber auch hier würden die Fallzahlen steigen.

Aufklärung statt Impfpflicht Es werde auch immer die geben, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Auch sie würden profitieren, wenn die Impfquote hoch ist. &bdquo;Das Virus kann sich dann nicht so stark ausbreiten, wir sehen zum Beispiel an den Infektionszahlen der Gruppe über 80, dass die Impfung schützt." Mit einer Herdenimmunität sinke außerdem das Risiko, dass sich neue Varianten bilden.

Ein Impfpflicht befürwortet Brune dennoch nicht. &bdquo;Es gibt Menschen, die Angst haben. Es setzt sie unter großen Druck. Viel besser ist es, wenn wir sie mit Argumenten überzeugen", meint Brune. Er begrüßt, dass an den Schulen Impfkampagnen laufen können – die Landesregierung hat dafür den Weg frei gemacht. In Lippe sollte es mehr Aufklärungsaktionen geben.

Drei, vier Kinderärzte könnten sich bereit erklären, an Elternabenden Rede und Antwort zu stehen. Er selbst sei bereit, sich einzubringen, sagt Brune. &bdquo;Wir müssen die psychische und soziale Situation berücksichtigen, die für Kinder und Jugendliche sehr belastend ist. Und gerade darum müssen wir mit Fakten aufklären. Die Impfung ist momentan alternativlos und unsere einzige Chance zurück zu einem normalen Leben."

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