Krankenhaus-Debatte: Warum der Leitende Notarzt für Lippe nur eine Notaufnahme fordert

Kreis Lippe. Wenn Ersthelfer nicht binnen vier Minuten mit der Herzdruckmassage anfangen, kommt es zu irreversiblen Hirnschäden. &bdquo;Wir sind bei Minute 3:59 in Bezug auf die zu treffenden Entscheidungen, um das Klinikum - aus notfallmedizinischer Perspektive – robust aufzustellen.“ Daniel Fischer, Chefarzt der Klinik für interdisziplinäre Notfallmedizin am Klinikum Lippe und Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes, spricht sich angesichts der aktuellen Debatte ohne Wenn und Aber für die Notfallversorgung an einem Standort aus - nämlich in Detmold.

Forderungen, in Lemgo eine Basisnotfallversorgung sicherzustellen, erteilt er eine klare Absage. Dies fordern unter anderem die vier nordlippischen Bürgermeister und das Aktionsbündnis Klinikum, das ein Bürgerbegehren auf die Beine stellen will.

Fischer hatte das Aus für Lemgo stets als &bdquo;absolut richtig“ bezeichnet. Beide Standorte stellten die Aufnahmebereitschaft für den Rettungsdienst sicher, der 85 Prozent seiner Patienten nach Detmold oder Lemgo fahre. &bdquo;Er hat den Auftrag, die Notfallpatienten in die nächste geeignete Klinik zu fahren. Es geht nicht darum, die nächste erreichbare Klinik anzufahren.“ Das Detmolder Haus sei bei akutem Herzinfarkt, für Schwerverletzte oder bei Reanimationen die richtige Adresse. Lemgo bei Schlaganfällen.

Zwei Standorte sind problematisch Nicht immer sei die definitive Diagnose vor Ort zu stellen: &bdquo;Wenn ein Patient während eines Krampfanfalls gestürzt ist und sich einen Unterarmbruch zugezogen hat, muss der Rettungsdienst entscheiden, welche Diagnose dringender ist: Neurologie in Lemgo oder Traumatologie in Detmold?“ Der Patient müsse anschließend gegebenenfalls verlegt werden.

&bdquo;Daher ist ein notfallmedizinscher Standort unerlässlich, um den Anforderungen gerecht zu werden.“ Dafür müsse allerdings die neurologische Notfallversorgung in Detmold verortet werden, schreibt Fischer und stimmt dem Berger-Gutachten zu, das dieses vorschlägt . Eventuell längere Fahrstrecken des Rettungsdienstes seien dank der qualifizierten Notfallsanitäter und der Notärzte, des Telenotarztsystems und der Fahrzeugausstattungen kein Problem.

&bdquo;Forderungen sind unmöglich umzusetzen“ Anforderungen an Krankenhäuser, die an der stationären Notfallversorgung teilnehmen, seien exakt festgelegt, insbesondere an Qualifikationen und Verfügbarkeit des Personals. Ab Mitte 2025 müsse ein Arzt mit der Zusatzqualifikation &bdquo;Klinische Akut- und Notfallmedizin“ spätestens nach 30 Minuten am Patientenbett zur Verfügung stehen. Dies bedeute, dass für Detmold und für Lemgo ein Rufdienst etabliert werden müsse - pro Standort mindestens drei Ärzte mit der Qualifikation. In der KLG besäßen diese derzeit zwei bei geforderten sechs. Genug Ärzte für beide Standorte zu qualifizieren sei kurzfristig nicht möglich. Diese Systematik müsse in die Debatte mit einbezogen werden, &bdquo;um bei dem Fachkräftemangel keine unmöglich umzusetzenden Forderungen zu stellen.“

In einer &bdquo;persönlichen Anmerkung“ ergänzt Fischer, die Sorgen um die Notfallversorgung in Nordlippe seien verständlich. Er habe jedoch den Eindruck, dass es eher um &bdquo;einen niederschwelligen Zugang zu einer ambulanten Notfallversorgung gehe - Sache der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.“ Die KVWL habe jedoch zunehmend Schwierigkeiten, den Versorgungsauftrag sicherzustellen. Angesichts der Altersstruktur der niedergelassenen Kollegen seien diese Bedenken mehr als gerechtfertigt. Zielführend wäre, die Forderungen an eine Notfallversorgung zu konkretisieren und gemeinsam mit der KV nach Lösungen zu suchen.

&bdquo;Kein Versagen der KV“ Die KV betreibt seit 2010 eine Notdienstpraxis in den Räumlichkeiten der Notaufnahme in Lemgo, erklärt dazu Bezirksstellenleiter Dr. Hans-Christian Körner . &bdquo;Die Öffnungszeiten wurden 2018 um die Werktage Montag, Dienstag und Donnerstag reduziert, da an diesen Tagen weniger als ein Patient pro Stunde die Notdienstpraxis aufgesucht hatte.

Ein wirtschaftlicher Betrieb mit einem Arzt und einer medizinischen Fachangestellten war nicht möglich.“ Auch an den anderen vier Tagen sei das Patientenaufkommen sehr gering - 2023 seien es im Durchschnitt ein Patient pro Stunde am Mittwoch und zwei freitags und sonntags gewesen.

Wegen dieser seit mehr als 14 Jahren bestehenden geringen Nachfrage könne er Fischers Einschätzung, dass in Lemgo vor allem ein &bdquo;niederschwelliger Zugang zu einer ambulanten Notfallversorgung erwartet und gefordert wird“, werde, nicht nachvollziehen. Außerhalb der Praxisöffnungszeiten sei ein KV-Fahrdienst mit zwei Fahrzeugen zu den Notfalldienstpraxen in Detmold und Lemgo parat, von 22 bis 8 Uhr übernehme seit 2010 das Klinikum, wie in ganz Westfalen-Lippe.

&bdquo;Patienten haben ein subjektives Empfinden, wie dringend ihre Beschwerden sind“, weiß Körner. Es stehe ihnen frei, welche Struktur sie aufsuchten und wo sie behandelt werden möchten. &bdquo;Wenn leicht erkrankte Patienten während unserer Öffnungszeiten das Klinikum ansteuern, kann dieses nicht als ein Versagen der KVWL interpretiert werden.“ In Lippe seien 400 Vertragsärzte zum Notdienst verpflichtet. 70 haben sich aus Altersgründen davon befreien lassen, 330 seien etwa sechsmal jährlich dran. &bdquo;Die KVWL kann nicht erkennen, dass die Altersstruktur der Ärzte zu einem Risiko für die Aufrechterhaltung des Notdienstes wird, insbesondere da viele junge Ärztinnen und Ärzte sich für eine Tätigkeit in lippischen Praxen entschieden haben.“

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