Eine sitzt weich, die anderen ziemlich hart: Lippes Abgeordnete machen sich bereit

Kreis Lippe. Am Tag danach haben sie alle Gewissheit, und sie machen sich auf den Weg in die Bundeshauptstadt. Für die LZ-Redaktion gar nicht mal so einfach, die Dame und die drei Herren ans Telefon zu bekommen. Aber die im Amt bestätigten Bundestagsabgeordneten Kerstin Vieregge (CDU), Robin Wagener (Grüne) sowie die frisch gewählten MdB Udo Hemmelgarn aus Harsewinkel und Denis Pauli aus Bad Salzuflen (AfD) haben jetzt eine Menge vor sich.

Kerstin Vieregge Die wiedergewählte CDU-Bundestagsabgeordnete ist am Montagnachmittag in Berlin angekommen und will erst mal nach einem kleinen Kaffeetrinken mit den erleichterten Mitarbeitern Liegengebliebenes aufarbeiten und die unzähligen Glückwünsche beantworten. &bdquo;Morgen geht’s dann an die Arbeit“, sagt sie der LZ. Sie hoffe, auch weiter Obfrau im Verteidigungsausschuss bleiben zu können - &bdquo;ich habe immerhin sehr viel Lob und Anerkennung dafür bekommen, und ich denke, da kann ich schon mal den Finger heben.“ Sie setze nun auf eine Zweierkoalition mit der SPD, und &bdquo;dass wir uns sehr, sehr schnell auf große Linien verständigen können, anstelle alles kleinklein aufzuschreiben“, damit Deutschland angesichts der außenpolitischen Entwicklungen handlungsfähig sei.

Robin Wagener Robin Wagener hat es geschafft und zieht über die Landesliste NRW für Bündnis 90/Die Grünen wieder in den Bundestag ein – Listenplatz 10 hat gereicht, bereits am frühen Morgen sei diese Information der Bundeswahlleiterin da gewesen. Aber statt in der Regierung wird er sich in der Opposition wiederfinden, davon geht er zumindest aus, schließlich reicht es rein rechnerisch für eine schwarz-rote Koalition. Er gratuliere Kerstin Vieregge (CDU) zu ihrem Direktmandat und dem lippischen Ergebnis.

Mit dem eigenen Ergebnis könne er nicht zufrieden sein, er sei aber dankbar, weiter in Berlin mitzuarbeiten. &bdquo;Ich freue mich über den Zuspruch bei den Erststimmen“, das zeige, dass es wichtig sei, in Lippe als Mensch ansprechbar zu sein.

Und Wagener weiß, wie wichtig, aber auch schwierig die Arbeit in der Opposition werden wird. &bdquo;Eine Zusammenarbeit mit der AfD ist ausgeschlossen“, betont er. &bdquo;Wichtig ist es, Verantwortung und ernsthafte Politik bei den Entscheidungen zugrundezulegen.“ Die Frage sei immer, was das Beste für die Menschen, die Zukunft und das Land sei – und eine realistische Position einzunehmen. Er wünsche sich eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Regierung, vor allem auch, um Frieden und Freiheit zu sichern.

Bislang war Robin Wagener Koordinator der Bundesregierung für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit dem Südlichen Kaukasus, der Republik Moldau sowie Zentralasien. Diese Aufgabe wird er in der Opposition naturgemäß nicht mehr ausüben können. &bdquo;Ich möchte aber weiterhin Außen- und Sicherheitspolitik machen.“

Udo Hemmelgarn Wie der Hase im Bundestag läuft, weiß Udo Hemmelgarn schon längst, immerhin hat er auch schon als Abgeordneter für den Kreis Gütersloh in der AfD-Bundestagsfraktion gesessen. Der Listenplatz 17 bringt ihn nach Berlin. Auch wenn er in Harsewinkel wohnt: &bdquo;Ich habe sehr enge Bezüge zu Lippe“, unter anderem eine Reihe von Verwandten leben hier. Ganz bewusst habe die AfD nicht mit Personen geworben, darum könne es schon sein, dass ihn nicht so viele Lipper kennen. Aber die Politik der Partei habe gepunktet. &bdquo;Wir haben in Lippe das viertbeste Ergebnis des Landes erzielt, hinter Gelsenkirchen, Essen und Duisburg“, berichtet er stolz.

Dass die AfD hier, im ländlichen Raum, so gut abgeschnitten habe, sei leicht zu erklären: &bdquo;Wir haben hier extrem viele Wähler bei den Russlanddeutschen.“ Und zwar bei denen, die vor zwei Jahrzehnten noch CDU gewählt hätten. &bdquo;Die fühlen sich verraten“.

Was er für Lippe tun werde? &bdquo;Wir werden versuchen, die Windräder noch zu verhindern.“ Besonders wichtig sei die Eindämmung der Migration, weil die dadurch entstehenden finanziellen Belastungen extreme Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte hätten. Die Verschwörungstheorie, die der bekennende AfD-Fan und rechte Influencer Tim Kellner derzeit verbreitet - er spricht sinngemäß von Wahlbetrug, drückt es aber derber aus - hält Hemmelgarn für Unsinn: &bdquo;Das ist Populismus, damit will er Geld verdienen, und mit dem habe ich gar nichts gemein.“

Die AfD will in Lippe nun sichtbarer werden, auch mit Blick auf die Kommunalwahl: &bdquo;Denis Pauli und ich werden ein Wahlkreisbüro einrichten mit mindestens einem Festangestellten, und wir erhoffen uns Unterstützung vom Parteinachwuchs.“ Regelmäßige Sprechstunden seien ebenfalls geplant. Er selbst will sich wie zuvor im Bereich Bauen engagieren und gern in den Außenausschuss. &bdquo;Aber das wollen viele.“

Denis Pauli Sein Parteikollege Denis Pauli würde sich auch für die Außenpolitik interessieren, sagte er der LZ auf Nachfrage. Der Listenplatz 22 hat den selbstständigen Unternehmer für die AfD nach Berlin gebracht, erst am Montagmorgen um 5 Uhr wusste er: Es hat geklappt. &bdquo;Das war eine unruhige Nacht“, sagt er. Der gelernte Bauingenieur, Jahrgang 1978, ist vor allem an den Wahlkampfständen der AfD aufgetreten und war bei einer Podiumsdiskussion. Er stammt ursprünglich aus Kasachstan, und auch der dreifache Vater nimmt die Enttäuschung der ehemaligen CDU-Wähler unter den Russlanddeutschen wahr. Beispielsweise die CDU-Haltung zu Thauruslieferungen an die Ukraine: &bdquo; Wir brauchen einen stabilen Frieden in Europa und keine weitere Eskalation .“ Für ihn selbst, der in seinem Exportgeschäft im Agrarbereich vor allem mit Kasachstan handelt, wäre innerhalb der AfD-Fraktion eine Mitarbeit im Themenbereich Wohnen und Bauen die erste Präferenz. Außenpolitik oder wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung &bdquo;könnte ich mir auch gut vorstellen, allerdings sind diese hart umkämpft .“

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