Lemgo. Entgelt für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), Zuwanderung und ein mögliches Zentralregister für psychisch Erkrankte: Über diese und weitere Themen haben Menschen mit Behinderungen jetzt bei eeWerk der Stiftung Eben-Ezer in Lemgo mit den Bundestagskandidaten des Wahlkreises Lippe I gesprochen. Bei der Diskussion unter dem Titel „Wir machen Demokratie barrierefrei“ bemühten sich die Politiker laut Pressemitteilung von Eben Ezer um leicht verständliche Aussagen, um den Anwesenden eine echte Entscheidungshilfe für die Bundestagswahl zu geben.
„Ich bin dafür, das Entgelt für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen zu erhöhen“, sagte CDU-Kandidatin Kerstin Vieregge auch mit Blick auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Alle anderen Kandidaten teilten diese Position.
„Werkstätten müssen wettbewerbsfähig bleiben“
Das galt allerdings nicht für eine weitergehende Forderung von Eduard Schneider von der Linken. Er möchte eine Anhebung des Entgelts auf das Mindestlohn-Niveau von aktuell 12,82 Euro pro Stunde erreichen. Beschäftigte in WfbM sind allerdings nicht auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt, sondern in einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis tätig. Bei den meisten von ihnen wird das Entgelt mit einer Grundsicherung oder einer Rente wegen voller Erwerbsminderung verrechnet. Zudem werden ihre Renten- und Krankenkassenbeiträge bezahlt. „Werkstätten für Menschen mit Behinderungen müssen wettbewerbsfähig bleiben“, gab Julien Thiede von der SPD außerdem zu bedenken.
Die Pläne der gescheiterten Ampel-Regierung, die staatliche Unterstützung für Werkstätten zu erhöhen, hält Robin Wagener weiterhin für richtig. Der Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen sagte, Bund und Länder müssten hier mitfinanzieren, „weil Werkstätten das Entgelt nicht allein erwirtschaften können“. Die Kandidaten von FDP und AfD sprachen sich für eine stärkere Betonung des Leistungsprinzips aus. „Wer mehr arbeitet, soll mehr Geld erhalten“, betonte Jens Teutrine, FDP-Kandidat im Wahlkreises Herford/Minden-Lübbecke II und als Vertreter des Kandidaten Torben Hundsdörfer nach Eben-Ezer gekommen.
„Leistung muss sich lohnen“, sagte Denis Pauli, Beisitzer im Vorstand des AfD-Kreisverbands Lippe und anstelle von Udo Hemmelgarn vor Ort. „Schwierig“ findet Julien Thiede von der SPD diese Haltung im Zusammenhang mit WfbM, denn: „Beschäftigte sollen ihr Geld auch dann erhalten, wenn sie mal einen schlechten Tag haben.“
Kein Zentralregister
Rolf Schmidt aus dem Werkstattrat, der die Diskussion mit eeWerk-Vertrauensperson Jörg Burschäpers moderierte, berichtete mit Blick auf die aktuelle Migrationsdebatte von Ängsten von Werkstatt-Beschäftigten. Diese fragten sich, ob ihre Kollegen mit ausländischen Wurzeln Deutschland verlassen müssten. Alle Kandidaten sprachen sich dagegen und für die Notwendigkeit von Zuwanderung aus, um das Land trotz der alternden Gesellschaft stabil zu halten. Straftäter dürften allerdings nicht bleiben.
Einem Zentralregister für psychisch kranke Gewalttäter, wie es kürzlich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann angeregt hatte, stimmte keiner der Kandidaten vorbehaltlos zu. „Ein Register könnte helfen“, sagte Denis Pauli von der AfD zwar, äußerte zugleich aber Zweifel, dass eine solche Neuerung Taten wie in Aschaffenburg und Magdeburg verhindert hätte. Linnemanns Parteifreundin Kerstin Vieregge sagte: „Ich weiß nicht, was das bringen soll.“ Wichtiger sei es, dass Behörden miteinander kommunizierten und sich austauschten. Auch die anderen Kandidaten sprachen sich entschieden gegen ein solches Register aus.