Wieso Quizmaster Günther Jauch Newcomer Louis Pawellek in Bad Meinberg eine Chance gibt

Horn-Bad Meinberg. Wer hätte das gedacht: In Detmold ist Günther Jauch zwar nicht regelmäßig, aber hin und wieder, wohnt hier doch eine Großtante von Jauchs Frau Thea. Die alte Dame wurde just vergangene Woche 100. &bdquo;Und dann haben wir gedacht, dann fügen wir dem einen Großereignis noch ein zweites hinzu“, sagt der TV-Moderator und schmunzelt. Es ist 18.30 Uhr, wir sitzen Backstage bei Keksen und Kaffee. Das &bdquo;zweite Großereignis“ startet in einer Stunde: Jauch talkt mit Louis Pawellek im ausverkauften Kurgastzentrum in Bad Meinberg.

Herr Jauch, ich denke, es mangelt Ihnen nicht an Angeboten, warum haben Sie sich ausgerechnet den Newcomer Louis Pawellek ausgesucht?

GÜNTHER JAUCH: Er war ja schon mal Gast in der &bdquo;Wer wird Millionär“-Sendung und hat sich dann gemeldet. Klar, es melden sich relativ viele danach mit Ideen. Doch dann schaue ich, was sind denn das für Menschen. Mir hat gefallen, was er gemacht hat, und ich habe gesehen, dass er seriös ist und sein Wort hält. Und weil ich gerade noch Aufzeichnungen in Köln hatte, passte es.

Sie moderieren seit 26 Jahren &bdquo;Wer wird Millionär“ – wie wäre Ihre Karriere ohne dieses Showformat verlaufen?

GÜNTHER JAUCH: Ich wäre gar nicht traurig. Vielleicht würde ich dann immer noch Stern-TV machen, oder eine der Sportsendungen, die ich mit der Zeit an den Nagel gehängt habe: Skispringen, Champions League, .... Ich mache mir allerdings nicht so große Gedanken darüber. Also in dem Alter, dass man so langsam anfängt, sich weniger Gedanken zu machen, wäre ich ja sowieso...

Sie spielen selbst auf Ihr Alter an. 68. Da denkt der normale Arbeitnehmer an Rente.

GÜNTHER JAUCH: Ich habe die Ruhestandsgrenze sogar schon überschritten. Wäre rentenberechtigt, habe sie aber noch nicht beantragt.

Und haben es auch nicht in absehbarer Zeit vor?

GÜNTHER JAUCH: Mal schauen. Ich glaube, irgendwann muss man. Ich glaube, irgendwann wird man gezwungen, so ab 70. Ich werde mich rechtzeitig erkundigen.

Noch sind Sie aber &bdquo;Mister Wer-wird-Millionär“. Schon seltsam, dass fast jede Show mit irgendeiner Geschichte in den Medien stattfindet: Günther Jauch fassungslos, aufgebracht oder verärgert. Sind Ihre Reaktionen authentisch oder Schauspielerei?

GÜNTHER JAUCH: Es wird natürlich wahnsinnig aufgebauscht. Ich glaube, es gibt auch bei bestimmten Zeitungen die Aufgabe: mach irgendeinen Artikel über grundsätzlich jede Wer-wird-Millionär-Sendung. Dann müssen die irgendwas machen. Und so kommt es zu genau diesen Clickbaiting-Überschriften. Ich versuche in jeder Sendung auch so zu moderieren, wie mir gerade ist; und wenn Pannen passieren, wird es nicht sofort herausgeschnitten. Und auch die Kandidaten zeigen interessante Reaktionen, weil sie unter enormen Stress stehen. Das macht die Show authentisch.

Früher ging es vor allem um die Million, heute um das Drumherum?

GÜNTHER JAUCH: Ich sage auch immer, mittlerweile ist es egal, ob jemand 125.000 gewinnt oder 4000 gewinnt oder 8000 oder 32.000. Interessant ist, ob ein Kandidat lustig oder originell, spannend oder verschlossen ist. Ob die Leute auf dem Sofa vorm Fernseher sitzen und denken, das ist mein Typ – oder nicht.

Und wie war der Louis Pawellek so? Können Sie sich an seinen Auftritt erinnern? Seine Schlagerdarbietung war ja schon besonders.

GÜNTHER JAUCH: Ja, aber wir haben bis jetzt 1700 Sendungen gemacht, drei bis vier Kandidaten pro Sendung. Das sind gut 5000 Kandidaten insgesamt. Da wird es bei mir immer schwieriger, mich zu erinnern. Der eine singt, der andere tanzt, der dritte fällt hin, wenn er reinkommt, der vierte jodelt – also es ist schon wie meine Schwiegermutter immer zu sagen pflegt: Gottes großer Zoo läuft da auf.

Gibt es denn eine ganz besondere Situation, die Ihnen im Gedächtnis geblieben ist?

GÜNTHER JAUCH: Na, die schönste Begebenheit war für mich mal eine Sendung mit Horst Schlemmer, der sich einfach auf meinen Stuhl gesetzt hat und dann gesagt hat, er stellt jetzt mal die Fragen. Herrlich.

Als Quizmaster sind Sie sehr beliebt, als Werbefigur für eine Internet-Apotheke aber auch sehr umstritten. Haben sie geahnt, dass das so viel Kritik hervorrufen würde?

GÜNTHER JAUCH: Als Amazon angefangen hat, mit Büchern zu handeln, wurde auch gesagt, es ist das Ende der lokalen Buchhandlungen, aber so war es am Ende überhaupt nicht. Internet-Apotheken sind für viele, gerade für ältere, eine Erleichterung. Früher mussten sie zum Arzt, mit dem Rezept zur Apotheke, das Arzneimittel war nicht vorrätig, dann gingen sie nach Hause, mussten erneut in die Apotheke und wieder nach Hause. Dass die Apothekenverbände organisiert gegen die Werbung sturmlaufen, das war mir erstens klar und das ist auch völlig in Ordnung.

Sie haben mal Werbung für den Euro gemacht – haben Sie noch Schlafmünzen zu Hause?

GÜNTHER JAUCH: Nein. Aber das war eine meiner Lieblingskampagnen. Ich sollte &bdquo;unrasiert und unausgeschlafen“ ins Fotostudio kommen. Und das habe ich ganz brav gemacht. Der berühmte Fotograf Jim Rakete hat die Fotos gemacht. Und die ganzen Leute von der Bundesbank, die das kontrollieren wollten, die hatten Verspätung, weil Nebel am Flughafen war. In zehn Minuten hatte Jim Rakete diese Kampagne durchfotografiert, und dann gingen wir nach Hause – und die kamen an, als alles schon fertig war. Ich glaube übrigens, ich bin der einzige Mensch, den die Bundesbank mal Werbung machen lassen hat. Denn die machen sonst ja keine Werbung.

In dem Spot sagen Sie unter anderem, &bdquo;gestern habe ich mich selbst im Fernsehen gesehen und ich habe mich selbst überzeugt“. Von was sind Sie heute mehr überzeugt? Dem Quizmaster oder Journalisten Jauch?

GÜNTHER JAUCH: Ach, weiß ich nicht, ich mach da so gar keine Abwägungen. Ich hab Journalist gelernt und war sicherlich länger Journalist als Unterhaltungskünstler. In die Unterhaltung hat mich Thomas Gottschalk reingequatscht. Das gebe ich heute noch zu. Er entschuldigt sich immer bei mir dafür. Und ich sage dann: Ich bin da wirklich gar nicht unzufrieden. Mir hat immer Freude gemacht, dass ich mich so ganz breit aufstellen konnte. Und dass mir Leute eine Kanzler-Viererrunde ebenso abnehmen wie &bdquo;Wer wird Millionär“. Denn beides macht mir Spaß, weil mich auch beides interessiert. Insofern hatte ich das Glück, dass ich dieses breite Interesse ausleben konnte.

Das Interview führte stellvertretende ChefredakteurinSilke Buhrmester

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