Prozess vor dem Landgericht: Augustdorfer für sexuellen Übergriff verurteilt

Detmold/Augustdorf. Sicher ist: Diese eine Nacht im Januar 2023 in Augustdorf wird keiner der daran Beteiligten jemals wieder vergessen können. Für das Opfer sind die Erinnerungen höchst wahrscheinlich traumatisch. Für den Angeklagten resultierten die Geschehnisse nun vor dem Detmolder Landgericht in einer zweijährigen Bewährungsstrafe wegen sexuellen Übergriffs und einer angeordneten Geldzahlung von 1000 Euro an die Frauenberatungsstelle Alraune.

Gemeinsam mit seiner Freundin B (alle Namen anonymisiert) und zwei weiteren Pärchen geht der inzwischen 30-jährige Augustdorfer A im Ort Anfang 2023 zu einem Handballspiel. Schon in der Halle während des Spiels spricht die Gruppe ordentlich dem Alkohol zu und nach dem Spiel entscheidet man sich, zu Hause bei A. weiter zu feiern. Man redet, man raucht, hört Musik, tanzt und trinkt weiter - Wein und auch Hochprozentiges. Gegen 22 Uhr kommt Nachbarin E dazu und feiert mit. Die Gruppe kennt sich lose über Beruf und ehrenamtliche Tätigkeit.

Irgendwann geht B ins Schlafzimmer ins Bett. &bdquo;Mir ging es nicht so gut. Ich glaube, ich bin einfach gegangen und habe niemandem Bescheid gesagt“, erinnert sie sich vor Gericht. Eins der anderen Pärchen verabschiedet sich ebenfalls. Zwischen drei und vier Uhr morgens verlässt dann auch Nachbarin E die Wohnung. Im Wohnzimmer bleiben A sowie das Pärchen C und D. Sie werden auch dort übernachten, weil sie schon längst zu viel Alkohol zum Autofahren im Blut haben. Soweit sind sich alle Zeugen einig.

Erinnerungslücken an entscheidenden Stellen C ist sehr müde und legt sich aufs Sofa. &bdquo;Da habe ich noch drei Minuten etwas mit dem Handy gemacht und bin dann eingeschlafen“, erinnert er sich. Deshalb bekommt er nicht mit, was dann passiert. &bdquo;Irgendwann bin ich auf dem Sofa wach geworden und da lag ich hinter D“, erzählt Angeklagter A vor Gericht - in Löffelchen-Stellung. Wie genau er dorthin gekommen sei, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Er habe anfangs auch nicht realisiert, dass es nicht seine Freundin gewesen sei, da sie auch oft an dieser Stelle liege, wenn sie auf dem Sofa einschlafe, sagt er erst. Also habe er D intensiv mit Zunge geküsst und sei mit der Hand intim in sie eingedrungen. Sie habe anfangs auch mitgemacht - ihm dann aber den Ellbogen in die Seite geboxt und &bdquo;Stopp, du bist nicht C!“ gesagt. Erst da habe er registriert, dass D nicht seine Freundin sei.

Nach Nachfragen durch das Gericht, korrigiert A, dass er sich auf dem Sofa wohl bewusst hinter D gequetscht habe, wie er das bei seiner Freundin auch immer mache. Nach einer weiteren Nachfrage von Anke Reese, Vertreterin der Nebenklägerin, zu möglichen Piercings gibt Pflichtverteidiger Johannes Salmen für seinen Mandaten eine Erklärung ab: Die Freundin B seines Mandanten A habe ein Piercing im Mund. D habe keins. Er habe also nach dem Zungenkuss gewusst, dass es nicht seine Freundin sein könne. Er habe aber weitergemacht, weil sich D nicht gewehrt habe - bis zu dem Schlag mit dem Ellenbogen.

Google-Übersetzer für die Verständigung Dann habe er sich gemeinsam mit D ans Fenster gestellt und geraucht, sagt A. D sei nicht sauer oder aufgelöst gewesen, behauptet A. Gemeinsam habe man entschieden, sowohl seine Freundin B, als auch Ds Freund C zu wecken und allen von dem Vorfall zu erzählen. Die Verständigung mit der kaum Deutsch sprechenden D sei schwierig gewesen, weshalb er den Google-Übersetzer bemüht habe.

Die Sichtweise von Opfer D auf den Abend bekommt die Öffentlichkeit vor dem Detmolder Landgericht nicht zu hören. Sie wird auf Antrag der Nebenklägerin für die Dauer ihrer Aussage ausgeschlossen. Ihr damaliger Freund C wird dafür vor Gericht auch öffentlich sehr deutlich. Wie ein &bdquo;wilder Stier“ sei er nach As Erklärung ausgerastet. &bdquo;Mein Gehirn musste das erstmal verarbeiten.“ D habe &bdquo;total verheult“ in der Ecke gesessen. An eine Verwechslung glaube er nicht. &bdquo;D hat doch eine ganz andere Statur als B. Und wenn man jemand sehr gut kennt, riecht man doch auch, dass es sich um jemand anderen handelt!“ Er habe dann mit D die Wohnung verlassen und noch unten vor dem Haus die Polizei gerufen. &bdquo;Wie kann man, wenn deren Freund drei Meter entfernt schläft, dessen Freundin anfassen?“, fragt C in den Gerichtssaal. &bdquo;Wie kommt man auf so etwas? Jemand, mit dem man freundschaftlich unterwegs war...“

Sieben Monate arbeitsunfähig &bdquo;Ich konnte danach sieben Monate nicht zur Arbeit gehen“, sagt C. &bdquo;Ich hatte Angst, an dem Haus vorbeizugehen. Ich habe mir Vorwürfe gemacht, ob ich meine Freundin hätte schützen können.“

Die Geschichte mit der Verwechslung glaubt das Gericht A nach allen Zeugenaussagen nicht mehr. Seine Freundin sei ja gar nicht mehr im Wohnzimmer gewesen. Man werte das Geschehen aber nicht als besonders schwere Vergewaltigung, weil A nicht anfangs nicht unbedingt hätte davon ausgehen können, dass D nicht auch wollte. &bdquo;Aus seiner Sicht war es so, dass die Zeugin mitgemacht hat“, sagt Richter Karsten Niemeyer. &bdquo;Es bleibt aber eine Tat des sexuellen Übergriffs. Es geht gar nicht, dass man eine Frau, die man in der eigenen Wohnung beherbergt, sexuell angeht“, sagt Niemeyer. &bdquo;Und bei Ds Aussage haben wir gehört, dass der Übergriff für sie psychische Folgen hat. Das bleibt nicht einfach in den Kleidern hängen.“ Für eine verminderte Schuldfähigkeit von A reiche ein Promille Blutalkoholgehalt zum Tatzeitpunkt bei einem erfahrenen Trinker nicht aus. Positiv wirke sich allerdings seine Geständigkeit aus.

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