Toleranz, Vertrauen, Respekt: Warum Dr. Inga Loke Lippes Landrätin werden möchte

Kreis Lippe. Es ist usselig an diesem Tag in Detmold. Und doch hat sich Dr. Inga Loke, Landratskandidatin der Grünen, einen kleinen Tisch im Außenbereich des &bdquo;Café Europa“ ausgesucht, dort, wo man mittendrin ist, wo man Straßenmusiker hört und Begegnungen schafft. Hier wollte sie sich treffen, an einem ihrer Lieblingsorte, mit dem sie viel verbinde, wie sie lächelnd erzählt. Was genau, warum sie Landrätin werden möchte und warum Vertrauen und Verlässlichkeit so wichtig sind, verrät sie im Interview.

Warum treffen wir uns hier?

Dr. Inga Loke: Im Toscani? (lacht) So hieß es früher. Hier spüre ich das Leben. Zu Schulzeiten habe ich hier gesessen mit Freunden, mit meinen Eltern, jetzt mit meinen Kindern. Mit den Initiatoren vom &bdquo;Toleranz-Tunnel“ habe ich mich ebenfalls hier getroffen, meinen jetzigen Job quasi hier begonnen.

Ist Toleranz ein Thema, dass Sie umtreibt?

Dr. Inga Loke: Ja, man muss acht geben, dass sie nicht verloren geht. Und dazu gehört, andere Meinungen auch mal stehen zu lassen, wenn sie sich – und das ist meine Grenze – im Rahmen der Gesetze und der Menschenrechte bewegen. Ich muss nicht die Meinung haben, aber ich kann sie versuchen, nachzuvollziehen und dann respektieren. Toleranz und Respekt gehören zusammen.

Sie sind zweifache Mutter, berufstätig, politisch aktiv. Wie geht das zusammen?

Dr. Inga Loke: Für mich ist das flexible Arbeiten wichtig. Ich bin immer erreichbar, um Entscheidungen treffen zu können, egal ob als Mutter, beruflich oder politisch. Das ist auch eine Frage der Organisation, ich habe ein gutes Netzwerk. Ich will nicht alles selber machen, ich habe Vertrauen in die Menschen um mich rum.

Sie sprachen eben von Respekt, haben Sie das Gefühl, der ist verloren gegangen?

Dr. Inga Loke: Wir brauchen einen Raum, wo man mal unter vier Augen oder mit 16 BürgermeisterInnen reden und ehrlich miteinander sein kann. Dazu gehört Vertrauen, das muss man sich erarbeiten. Und Verlässlichkeit. Wenn man eine Zusage macht, muss man sich daran halten. Wenn das nicht geht, was immer passieren kann, aber auch die Größe zeigen, ehrlich darüber zu sprechen.

Stichwort Kreishaushalt.

Dr. Inga Loke: Auch da müssen wir uns mit allen Bürgermeistern, Kämmerern hinsetzen und eine Lösung finden. Eine feste Kreisumlage, die jährlich um drei Prozent steigt, funktioniert nicht mehr, dafür müssen wir mit zu vielen Krisen umgehen. Wir müssen ehrlich sein und sagen, so können wir das machen oder nicht. Was anderes hilft nicht. Und Verständnis haben für die andere Position.

Für Wilbasen stehen Investitionen von über einer Million Euro im Raum ...

Dr. Inga Loke: Wilbasen ist eine Traditionsveranstaltung, wo man sich trifft, Gemeinsames erlebt, das finde ich für alle Generationen wichtig. Es gibt noch einige offene Fragen, etwa, was aus dem Gebäude wird, was man noch auf dem Gelände anbieten kann, wie die Zuwegung verbessert werden könnte. Da muss die Verwaltung mit der Stadt sprechen. Vielleicht findet man erst mal nur eine Zwischenlösung fürs nächste Jahr und überlegt in Ruhe, um die beste dauerhafte Lösung zu finden.

Laut Lippe-Check ist die Mobilität auf dem Land ein Manko.

Dr. Inga Loke: Mir ist bewusst, dass man auf dem Land ohne Auto nicht weiter kommt. Daher ist für mich das Ziel, multimodal unterwegs zu sein, also Angebote zu schaffen, die unterschiedliche Strecken und Arten der Verkehrsmittel beinhalten, ob es jetzt &bdquo;Park and Ride“ ist oder mehr E-Fahrradboxen oder dergleichen. Wir haben ein Mobilitätskonzept beschlossen mit Vorschlägen, aber die müssen auch finanziert werden. Man muss gut drauf gucken, was angenommen wird, was wirklich nötig ist. Und dann zum Beispiel kleinere Busse einsetzen oder den &bdquo;Limo“-Service ausbauen und schauen, wie sich das wirtschaftlich rechnet. Wichtig ist auch Verlässlichkeit bei der Bahn, da müssen wir aus Lippe draufschauen.

Auch fehlender Wohnraum ist ein Thema bei den Lippern. Wie kann der Kreis da die Kommunen unterstützen?

Dr. Inga Loke: Ich plädiere nicht für eine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft. Jede Stadt kann das selbst entscheiden, kommunale Trägerschaften sind gut, auch wichtig für die Entwicklung, aber der Kreis kann nicht entscheiden, wo welche Entwicklung stattfinden soll. Stattdessen kann er runde Tische, einen Austausch anbieten, Leuchtturmprojekte aufzeigen, berichten, was funktioniert. Das kann man als Landrätin moderieren, hier kann man Anstöße geben. Da spielt die Mobilität wieder hinein, auf dem Land ist das Wohnungsproblem nicht so ausgeprägt.

Was muss in Lippe besser laufen?

Dr. Inga Loke: Wir brauchen wieder mehr Vertrauen, Gespräche, gegenseitiges Verständnis. Es gibt einiges an Themen, von Energiesicherheit bis zur Finanzierung. Wir müssen Lippe so attraktiv gestalten, dass die Menschen gern hier leben, dazu gehört auch, Detmold und Lemgo als Hochschulstädte zu entwickeln, damit die jungen Leute hierbleiben.

Was macht Lippe denn trotzdem liebenswert?

Dr. Inga Loke: Kein trotzdem: Lippe ist meine Heimat, deswegen will ich als Landrätin bewusst Verantwortung übernehmen. Auf der einen Seite gibt es die Städte, in den man Einkaufen, sich begegnen, frische Sachen auf dem Markt kaufen kann, auf der anderen Seite die Ruhe auf dem Land. Dazu ein kulturelles Angebot, was wirklich gut ist, tolle Ausflugsziele, es lässt sich hier einfach richtig gut leben.

Persönlich Dr. Inga Loke, 40 Jahre alt, wurde in Steinheim geboren - &bdquo;Mein Manko: Nicht in Lippe geboren zu sein“, sagt sie augenzwinkernd - und ist in Brakelsiek aufgewachsen, hat am Leopoldinum in Detmold Abitur gemacht und dann in Stuttgart Chemie studiert, in Basel in einem Chemiekonzern geforscht, und in organischer Chemie promoviert. Doch es zog sie zurück in die Heimat, am Gymnasium und Horn-Bad Meinberg hat sie Mathe, Chemie, Physik und Naturwissenschaften unterrichtet. Mittlerweile ist sie stellvertretende Geschäftsführerin beim gemeinnützigen Verein &bdquo;Toleranz-Tunnel“.

Sie kommt aus einem politischen Elternhaus, sich zu engagieren, sei immer Thema gewesen. Seit 2004 ist sie Mitglied der Grünen, war Kreissprecherin, ist seit 2020 Mitglied im Kreistag und seit Anfang des Jahres Fraktionsvorsitzende ihrer Partei. Inga Loke ist Segelfliegerin, verbringt gern Zeit mit der Familie, liest, meditiert, macht Sport, wenn es die Zeit zulässt. Sie ist geschieden, lebt in einer festen Partnerschaft und hat zwei Kinder.

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