Kinderklinik Lippe warnt: Sind Eltern zu oft und lange am Handy, schadet das den Kindern

Kreis Lippe. &bdquo;Sie sind zwar körperlich anwesend, aber emotional allzu oft nicht“: Mütter oder Väter, die kinderwagenschiebend Soziale Medien checken, chatten, fotografieren, im Handy ’rauf und ’runterscrollen. Das sagen Bleona Marku und Sylvia Dzäbel-Ruck von der Kinderklinik Lippe und bestätigen Studien etwa aus Australien und Finnland: Schenken Eltern ihrem Smartphone deutlich und oft mehr Aufmerksamkeit als ihren Kindern, kann das erhebliche Folgen für diese haben. Die Eltern-Kind-Bindung kann massiv gestört werden.

Bleona Marku ist Psychotherapeutin in Ausbildung, Sylvia Dzäbel-Ruck Psychologin. Beide arbeiten unter anderem im Team der Psychosomatik der Kinderklinik mit Kindern und Jugendlichen, beraten Familien. Beide wissen, wovon sie sprechen. Sie wollen keinesfalls die Moralkeule schwingen, viele Eltern nutzten das Handy sehr bewusst und angemessen: &bdquo;Sie wissen oft sehr gut, dass die intensive Handynutzung nicht gut ist.“ Es gelte aber, die Interaktion mit dem Kind nicht zu beeinträchtigen. &bdquo;Aber viele scheinen Angst zu haben, etwas zu verpassen, schauen sie mal nicht ins Handy“, vermutet Bleona Marku.

Die ersten Monate sind entscheidend Vor allem in den ersten sechs Lebensmonaten sei es von größter Wichtigkeit, eine enge Eltern/Kind-Bindung zu entwickeln, die Grundbedürfnisse der Babys zu erkennen und zu befriedigen. Darauf basierten Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit, Vertrauen. Und dafür brauche es Nähe, Schutz und viel Augenkontakt. &bdquo;Die Kinder suchen die Signale ihrer Mütter und Väter, brauchen die Interaktion.“ Die aber ist eingeschränkt, wenn zwischen Kinderwagen und Kinderwagenschiebern Smartphones die Sicht versperren. &bdquo;Das Kind sieht: Die Eltern sind ja gar nicht da. Studien belegten eindeutig, dass sie weniger Vertrauen aufbauen.“ Das muss nicht zwingend sein, aber die Tendenz sei unbestreitbar. Auch Defizite bei der Sprachentwicklung seien nachgewiesen.

Beunruhigende Ergebnisse auch für die lippischen Expertinnen, die wissen: Babys beruhigen sich beim Klang der Elternstimme, halten Augen- und suche Körperkontakt. Das ist sozusagen das Einmaleins der Kommunikation. &bdquo;Gerade in den ersten sechs Wochen ist es wichtig, die Kinder durch Nähe zu beruhigen.“

Enge Bindung schafft Selbstvertrauen Bis etwa zum achten Monat entwickeln die Kleinen dann eine &bdquo;Wenn-Dann-Beziehung“, erklärt Sylvia Dzäbel-Ruck. &bdquo;Will heißen: Wenn ich lächele, lächelt meine Bezugsperson zurück, Vertrauen wächst.“ Also darf das Handy nicht im Blickfeld sein, darf nicht wichtiger werden. &bdquo;Denn erst, wenn das Kind eine sichere Bindung entwickelt hat, kann es Neues ausprobieren.“ Wenn es etwas älter ist, zeigt sich diese Sicherheit beispielsweise darin, dass es selbstbewusst in der Kita bleibt, wenn Mama oder Papa es abgegeben haben. Es weiß: Die kommen ja zurück und holen mich wieder ab. Außerdem: Kinder lernen durch das Verhalten der Eltern, wie dermaßen wichtig Smartphones sind, kommen später auch schlechter davon los. Das wirke sich auf ihre gesamte Entwicklung aus, auf das Knüpfen von Freundschaften, die Kommunikation, darauf, miteinander zu spielen, nicht nur gleichzeitig.

Übermäßiger Handykonsum von Kindern und Jugendlichen, immer wieder thematisiert und etwa von Kinderärzten und Schulen beklagt, ist also auch ein Problem für die Eltern. Die australischen Forscher hatten Daten von 21 Forschungsarbeiten aus zehn Ländern analysiert. Von einem ähnlichen Ergebnis berichtet &bdquo;Psychologie aktuell“ unter Berufung auf das Leibniz-Institut für Wissensmedien: &bdquo;Mütter, die ihr Smartphone für eine längere Zeit nutzten, verhielten sich weniger einfühlsam gegenüber ihrem Kind. Sie waren also weniger empfänglich für dessen Signale und reagierten auf Anfragen weniger angemessen. Während einer Beobachtungszeit von zehn Minuten griff fast die Hälfte der Mütter im Durchschnitt 80 Sekunden lang zum Handy.“ Andererseits biete das Smartphone &bdquo;mitunter einen Zugang zu Unterstützung oder auch ein offenes Ohr.“ Auch das eine Bestätigung für Bleona Marku: &bdquo;Eltern müssen lernen, mit dem Handy umzugehen:“

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