Bad Salzufler Ehepaar erlebt alles andere als eine „beschleunigte Einbürgerung“

Bad Salzuflen/Detmold. Während seines Berufslebens hat der jetzt in Bad Salzuflen wohnende Dieter Werner in vielen Ländern gelebt und gearbeitet: Nepal, Libyen, Peru, Irak, Russland, Indien, Niederlande, Schweiz, Spanien, Gabun, Trinidad und Jamaika. Dabei hat er auch mit der Bürokratie in den jeweiligen Ländern Erfahrungen gesammelt. Die deutsche Bürokratie, mit der er bei der Einbürgerung seiner aus Russland stammenden Frau Elena Samoylova konfrontiert war, bezeichnet er aber als &bdquo;unendliche Geschichte“. Außerdem bemängelt er Engpässe bei Sprach-Prüfungsterminen bei den Volkshochschulen.

Die Meldung in der LZ , die von der Ampel-Regierung eingeführte &bdquo;beschleunigte Einbürgerung“ für gut Integrierte solle nun wieder abgeschafft werden, nahm Dieter Werner als Anlass, zu erzählen, wie langwierig Einbürgerungen mit deutscher Bürokratie tatsächlich werden können. Involviert sind das Ausländeramt in Detmold, verschiedene Volkshochschul-Standorte in Lippe und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Gründlichkeit der deutschen Bürokratie Eigentlich erfüllt Elena Samoylova im Juli 2024 gute Voraussetzungen für eine Einbürgerung: Sie ist seit 2001 mit Dieter Werner verheiratet und lebt mit ihm in Deutschland. Bislang hat sie die russische Staatsbürgerschaft und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. &bdquo;Aber sie möchte ja auch mal Wählen gehen dürfen“, erklärt Dieter Werner. Und weil es seit Mitte 2024 für Elena Samoylova möglich war, trotz der neuen deutschen Staatsbürgerschaft ihre alte russische zu behalten, &bdquo;hatten wir mit der Beantragung gleich nach Inkrafttreten des Gesetzes begonnen“, erinnert sich ihr Mann. &bdquo;Hier durften wir nun die allseits bekannte Gründlichkeit der deutschen Bürokratie lebensnah erfahren.“

Eigentlich hätte es schnell gehen können, denn die meisten der geforderten Unterlagen hatte das Ehepaar schon 2001 bei der Beantragung des Aufenthaltstitels vorlegen müssen. Diesmal seien aber die aus dem Russischen ins Deutsche übersetzten Dokumente wie Geburtsurkunde und Scheidungsurkunde (noch aus UdSSR-Zeit) abgelehnt worden, da diese im Jahre 2001 von einem Büro in Moskau übersetzt worden waren. &bdquo;Diese waren mit einer Apostille versehen und im Jahr 2001 rechtsgültig“, weist Dieter Werner auf die spezielle Beglaubigung der Dokumente hin. Jetzt wird aber die Übersetzung durch einen in Deutschland registrierten Übersetzer gefordert. Dieter Werner spricht von &bdquo;ungeahnten Möglichkeiten der Verschleppung der Bearbeitung“, denn natürlich wird der Antrag auf Einbürgerung erst bearbeitet, wenn alle Unterlagen in der geforderten Form vollständig vorliegen. Im Januar hatte das Ehepaar alle Unterlagen zusammen.

Die zuständige Ausländerbehörde des Kreis Lippe erklärt die neuen Anforderungen mit einer Gesetzesänderung im Jahr 2023. Seitdem müssten Übersetzer vor Gericht zugelassen sein. Vorher habe es dafür keine bundesweiten Standards gegeben, so die Pressestelle des Kreises.

Lange Wartezeiten auf Integrationstests Natürlich werden für eine Einbürgerung auch Integrationskurse gefordert. &bdquo;Bereits im Februar 2008 hatte meine Frau das Zertifikat für den Integrationskurs vom BAMF erhalten. Ebenso das Zertifikat ,Deutsch B1’ und eine Teilnahmebescheinigung am Orientierungskurs der VHS Bad Salzuflen“, erinnert sich Dieter Werner. &bdquo;Den Test ,Leben in Deutschland’ gab es in diesen Jahren noch nicht.“ 14 Tage lang übte Elena Samoylova die Beantwortung der 300 möglichen Fragen mit Material aus dem Internet. Bei der VHS gibt es allerdings lange Anmeldefristen für diese Tests, die Wartezeiten von zwei bis drei Monaten bedeuten.

&bdquo;Am 3. Februar konnte meine Frau den Test bei der VHS in Lage ablegen“, berichtet Dieter Werner. &bdquo;Dieser wurde jedoch nicht von der VHS geprüft, sondern an die BAMF-Zentrale nach Nürnberg übermittelt.“ Warum aber trotz simplem Multiple-Choice-Test die Abholung der aus Nürnberg rückübermittelten Ergebnisse erst Wochen später am 10. April in Lage möglich gewesen sei, erschließe sich ihm nicht, sagt Werner.

Man habe hohe Ansprüche und prüfe deshalb die Tests alle selbst, antwortet auf LZ-Anfrage die Pressestelle des BAMF. Die Kreis-Pressestelle spricht von zahlreichen Anbietern, die Einbürgerungstests anböten, teilweise mit passenden Fälschungen gegen eine Zusatzgebühr. &bdquo; Zur Vermeidung von Willkür und auch Korruption sowie zur Einhaltung der Standards solle die Auswertung von Kursen/Tests nicht von privaten Einrichtungen, sondern von Behörden (in diesem Fall vom BAMF) vorgenommen werden.“

Warum das Prüfen von Multiple-Choice-Tests, was durch automatisierte Computer-Auswertung eine Sache von Minuten wäre, derart lange dauert, konnte der BAMF-Pressesprecher allerdings nicht schlüssig beantworten.

Genau wie die Ergebnisse des Tests von Elena Samoylova persönlich abgeholt werden mussten, war auch für die Vorlage beim Ausländeramt das persönliche Vorsprechen nötig. Eine vorab gesandte Kopie akzeptierte das Amt nicht. Das BAMF erklärt das gegenüber der LZ mit zunehmenden Betrügereien. Die Kreis-Pressestelle schreibt dazu: &bdquo; Eine persönliche Vorsprache hat immer einen Grund. Auch bei Onlineanträgen wird es immer erforderlich bleiben, dass Urkunden/Nachweise im Original vorgelegt werden müssen und Scans nicht ausreichen.“

Ausländer beschweren sich nicht &bdquo;Wir sind ja Rentner, da geht das“, sagt Dieter Werner, denkt aber auch an Berufstätige, für die das nicht immer so einfach sei. &bdquo;Die ursprünglich angekündigte Bearbeitungszeit von zwölf bis 18 Monaten wurde überraschenderweise verkürzt“, berichtet er später: Am 5. September bekommt seine Frau feierlich die Einbürgerungsurkunde übergeben. &bdquo;Das führe ich zum Teil auch darauf zurück, dass ich Deutscher bin“, sagt Dieter Werner. &bdquo;Dass ich bestimmte Sachen nicht akzeptiere, merken die Ämter. Ich war auch bei allen Tests dabei. Da haben mir andere Ausländer gesagt: ,Du kannst das Maul aufmachen. Wir müssen kuschen.’“

Die Pressestelle des BAMF findet die neun Monate Bearbeitungszeit im Fall von Elena Samoylova erstaunlich kurz. In der Regel liege die tatsächlich bei zwölf bis 18 Monaten, bestätigt man der LZ. Das Ausländeramt des Kreises spricht von durchschnittlich neun bis zwölf Monaten. &bdquo; In vielen anderen Kreisen und Städten dauern Einbürgerungen oft deutlich länger“, schreibt die Pressestelle des Kreises. Auch der Austausch mit russischen Behörden könne für Betroffene langwierig sein.

Für Elena Samoylova und Dieter Werner sind nun allerdings weitere bürokratischen Hürden zu überwinden. Denn mit der Übergabe der Einbürgerungsurkunde wurde Elena Samoylova der Aufenthaltstitel entzogen. Als Beweis einer Aufenthaltsgenehmigung solle sie nun die Urkunde im originalen unhandlichen A4-Format mit sich führen, berichtet ihr Mann. Also muss ein Personalausweis her, und vorher möchte Elena Samoylova den Nachnamen ihres Mannes annehmen. Hierfür wird laut Standesamt benötigt: die übersetzte und beglaubigte Geburtsurkunde, die übersetzte und beglaubigte Eheurkunde, das Scheidungsurteil mit Übersetzung, die übersetzte und beglaubigte Scheidungsurkunde.

Die Scheidung - noch zu UdSSR-Zeiten, lange vor ihrer Heirat - hätten beide bei der Eheschließung natürlich mit Dokumenten belegt, sagt Dieter Werner. &bdquo;Weshalb nun noch eine Eheurkunde (Heiratsurkunde aus erster Ehe) für eine zu UdSSR-Zeiten geschiedene Ehe benötigt wird, erschließt sich mir unter logischer Betrachtung nicht.“ Auch verlange das Standesamt Bad Salzuflen den Nachweis, dass die 2001 in Dänemark geschlossene Ehe vom Standesamt Hamburg anerkannt worden sei. &bdquo;Dabei war die Voraussetzung für ihre Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung damals in Hamburg die Eheschließung“, ärgert sich Dieter Werner.

Vorläufigen Personalausweis gibt es problemlos Immerhin hat das Bad Salzufler Einwohnermeldeamt Elena Samoylova problemlos gegen Vorlage der Einbürgerungsurkunde einen temporären Personalausweis ausgestellt. &bdquo;Innerhalb von 20 Minuten“, wie Dieter Werner betont und sich über diese positive Erfahrung mit deutscher Bürokratie freut. Jetzt muss seine Frau zumindest keine unhandliche Urkunde mit sich herumtragen, bis auch der Namenswechsel klappt und der endgültige Personalausweis und Reisepass ausgestellt werden können.

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