Reinholdi bekommt sein Wahrzeichen zurück

Lage-Pottenhausen. Reinholdi ohne Riesenrad ist wie Auto ohne Scooter oder Musik ohne Express. Es ist das Wahrzeichen der Traditionskirmes in Pottenhausen. Als es für Marktmeister Adolf Steuer zunehmend schwieriger wurde, überhaupt noch einen entsprechenden Betreiber mit Kapazitäten zu finden, kaufte er kurzerhand ein eigenes.

Den Traum von einem romantischen Giganten träumt der Schausteller bereits seit etlichen Jahren. &bdquo;Es hat mich genervt, dass in München auf dem Oktoberfest sowie in Stuttgart auf den Cannstatter Wasen sich jeweils ein Riesenrad dreht, hier auf Reinholdi jedoch nicht mehr", macht Adolf Steuer deutlich, dass der Lagenser Markt für ihn quasi auf der gleichen Stufe mit den berühmten Volksfesten steht. Während der Pandemie hätten sich viele Betreiber umorientiert, Riesenräder wurden zu stationären, so genannten &bdquo;stand-alone"-Fahrgeschäften, bevorzugt in Großstädten oder an der Küste. &bdquo;Per Zufall habe ich erfahren, dass durch Corona ein Kunde eines italienischen Riesenrad-Herstellers kalte Füße bekommen hat. Dadurch konnten wir zu Sonderkonditionen zuschlagen", grinst Adolf Steuer und schließt mit &bdquo;wir" seinen Sohn Maximilian Steuer ein, den er als ebenso karussellverrückt wie sich selbst beschreibt.

Kauf zu Sonderkonditionen So landete das &bdquo;Royal" nicht in Brasilien, sondern in Lippe. &bdquo;Damit konnten wir unserem 125-jährigen Betriebsjubiläum vor zwei Jahren die Krone aufsetzen", freut sich der Lemgoer über das imposante, 36 Meter hohe Fahrgeschäft. &bdquo;Die 24 Gondeln sind geschlossen, so dass ein noch sichereres Fahrgefühl entsteht. Im Winter könnte man die Gondeln sogar beheizen. Dank neuster Technik ist dieses moderne Riesenrad sehr effizient, verbraucht enorm wenig Strom und kann mit vier Personen in zwei Tagen aufgebaut werden", schwärmt Adolf Steuer, dem der Perosnalmangel genauso zusetzt, wie allen Kollegen in der Branche. Die Produktion sei auf 30 Stück limitiert, lediglich drei der Riesenräder drehen sich in Deutschland. &bdquo;Ich kann mich vor Anfragen kaum retten", verrät der 58-Jährige, dass er wöchentlich einen anderen Rummel bespielen könnte und selbst eine Fast-Food-Kette aus Polen mit dem &bdquo;Royal" einen Werbefilm drehen möchte.

Reinholdi ist der Lieblingsmarkt Doch aktuell hat Steuer nur einen Hot-Spot im Blick: seine Lieblings-Veranstaltung, den Reinholdi-Markt . &bdquo;Ich mag diese Kirmes einfach. Und die Menschen, die dorthin kommen, die sind einfach toll", möchte er deshalb allen eine Fahrt im Riesenrad ermöglichen, um Pottenhausen aus der Vogelperspektive zu erleben und um zur Ruhe zu kommen. &bdquo;Höher, schneller, weiter, das ist heutzutage für viele Leute nicht mehr der Anspruch. Im Riesenrad kann man mal das Tempo rausnehmen, sich entspannen und einen Hauch von Nostalgie genießen", wirbt Steuer und verrät, gerne mal persönlich dort im Kassenhäuschen zu sitzt. &bdquo;Dann denke ich immer: vergesst mich hier einfach", lacht der rührige Reinholdi-Marktmeister, dessen Handy in der Regel keine zwei Minuten stillsteht.

Die Riesenräder Die ersten Riesenräder wurden schon im frühen 17. Jahrhundert in Bulgarien und England gebaut. Damals befestigten Kinder Sitze an großen Rädern und hatten damit im Prinzip ein Karussell gebaut, das sich nicht horizontal, sondern vertikal im Kreis bewegt. Das erste moderne Riesenrad konstruierte der Ingenieur George Washington Gale Ferris anlässlich der Weltausstellung in Chicago anno 1893. Er wollte etwas Neuartiges schaffen, mit dem der Eiffelturm in Paris in den Schatten gestellt werden konnte.

Das Ferris Wheel sollte als Symbol für die Ingenieurskunst und die wirtschaftliche Macht der USA dienen. In der Folge wurden auch in zahlreichen anderen Städten Riesenräder errichtet. Doch dieser erste Boom flaute zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder ab, weil der Reiz des Besonderen verloren war. Der Bau des &bdquo;London Eye", das anlässlich der Millenniums-Feierlichkeiten mit zahlreichen technischen Innovationen verwirklicht wurde, läutete jedoch eine Renaissance der Riesenräder ein.

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