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Letzte Gäste aus Hansa-Hotel verabschiedet

Till Brand

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Geschichte geschrieben: Karl-Heinz Volland hat von 1977 bis 2016 das Hansa-Hotel in der Breiten Straße betrieben - aufs Abschiedsfoto lädt er seine Enkel Jarno (links) und Mika Thurow ein. - © Till Brand
Geschichte geschrieben: Karl-Heinz Volland hat von 1977 bis 2016 das Hansa-Hotel in der Breiten Straße betrieben - aufs Abschiedsfoto lädt er seine Enkel Jarno (links) und Mika Thurow ein. (© Till Brand)

Lemgo. Wehmut mischt sich mit Erleichterung. Für Karl-Heinz Volland ist der Abschied vom Hansa-Hotel ein zweischneidiges Schwert: Es fällt nicht leicht, nach fast 40 Jahren loszulassen. Auf der anderen Seite müsste viel Geld investiert werden, um als Beherbergungsbetrieb weiter zu machen. „Bei meinem Alter lohnt das nicht mehr“ – sagt Volland... und verkauft.

Seit Jahresanfang steht die Stadt im Grundbuch als Eigentümer der Immobilie, an der Breiten Straße direkt gegenüber dem Hexenbürgermeisterhaus gelegen. Nicht nur Lemgos Kämmerer Dirk Tolkemitt liebäugelt damit, dass später Investoren einen schicken Hotelneubau wuppen könnten. Kurzfristig jedoch wird das Hansa-Hotel als Unterkunft für Flüchtlinge dienen (siehe Text unten).

Seit dem Sommer konnte sich Karl-Heinz Volland mit dem Gedanken anfreunden, das Hansa-Hotel aufzugeben. Er ist froh um diese „Gnadenfrist“, war das Ganze doch schon „eine Familienangelegenheit“, wie der ehemalige Inhaber bestätigt. 1977 übernahm er das Haus mit 24 Jahren, nachdem er beim Bund gewesen, Koch gelernt und die Hotelfachschule besucht hatte: ein gängiger Weg, um Hotelier zu werden.

Damals hatte sein Vater das Hansa-Hotel zunächst selbst betrieben, dann verpachtet, weil er es mit seinen 80 Jahren nicht mehr führen konnte. Doch 1977 kehrte der Betrieb dann in Familienhand zurück. Und das Geschäft lief gut. Die 1970er und auch noch die 80er Jahre waren die Zeit der mehrtägigen Busreisen. Vor allem Gäste aus Dänemark und den Niederlanden wussten das Hansa-Hotel zu schätzen, denkt Volland gern an seine prall gefüllten Gästelisten zurück. „Durch den Zusammenbruch des Ostblocks und den Fall der Mauer haben sich die Ziele nach Osten verschoben – da ist schon viel Geschäft weggebrochen“, betont er.

Große Gruppen, die drei, vier Tage in Lemgo absteigen – es gebe sie kaum noch. Zu den Boomzeiten dagegen kam es nicht selten vor, dass Reisende sich schon frühzeitig ein Zimmer in Richtung der Breiten Straße reservieren ließen. „,Mit Blick auf das Hexenbürgermeisterhaus‘, hieß es immer“, erinnert sich Volland und ist ein wenig stolz auf die privilegierte Lage des Hauses.

Als die Kurzurlauber weniger wurden, zog das Messegeschäft vor allem in Bad Salzuflen an, glich die Verluste einigermaßen aus, bestätigt der Ex-Hotelier. Wenn in der Nachbarstadt alle Zimmer belegt waren, gingen die Messeteams auch in Nachbarorten auf Zimmersuche. „Mit Aufbau, Betreuung des Messestandes und Abbau kamen dort schon einige Übernachtungen zusammen“, bekräftigt Karl-Heinz Volland zufrieden.

Insgesamt hatte das Hansa-Hotel 50 Betten in Zimmern. Der Gaststättenbetrieb schloss vor fünf Jahren – für Volland allein mit seinen zwei Angestellten wurde die Küche zu viel, auch wenn er sich an Arbeitszeiten von früh morgens bis 20 Uhr oder länger gewöhnt hat. Und schöne Momente bescherte die Kneipe auch: Gunter Gabriel war mal zu Gast, 15 Jahre mag es her sein. „Ziemlich cool, ganz locker, der Typ. Wir sind ins Gespräch gekommen“, erinnert sich Volland. Was Gabriel bestellte? Klar, Getränke. „Und etwas Hunger hatte er“, sagt der Hotelier, bei dem der Sänger ein spartanisches Mahlbestellte: „Bockwurst. Pur. Ohne was dabei.“

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