Von der Lebenshilfe zum festen Job auf dem Grabbenhof

Lemgo. Andreas Tünker kennt seine Schäfchen. &bdquo;Die sprechen mit mir und kennen meine Stimme", sagt der 56-Jährige, während es ihm aus dem Stall entgegen blökt.

Vorsichtig nimmt er eines der Lämmchen auf den Arm, entspannt beäugt vom Muttertier. Seit zehn Jahren arbeitet der Bewohner der Lebenshilfe auf dem Grabbenhof in Brüntorf. Dort erledigt er alle anfallenden Arbeiten, mistet aus, füttert die Schafe, arbeitet auf dem Feld oder sortiert Kartoffeln. &bdquo;Ich bin der Mann für alles", sagt der Mitarbeiter der Lebenshilfe-Werkstätten und ist sich sicher: &bdquo;Ohne mich schafft der Chef das nicht." Da mag etwas dran sein, sagt Landwirt Friedrich Arning und lacht, denn den emsigen Helfer mag er auf seinem Hof kaum noch missen. &bdquo;Er ist fleißig, verantwortungsvoll und weiß oft intuitiv, was zu tun ist", lobt er das Engagement von Andreas Tünker , während der sich verlegen die Nase reibt.

Zehn Jahre ist es her, dass Friedrich Arning den Lebenshilfe-Werkstätten einen ausgelagerten Arbeitsplatz anbot. Damals war er über eine Reitstallbetreiberin auf die Möglichkeit aufmerksam geworden, denn die Lebenshilfe sucht für ihre Schützlinge immer wieder Jobs außerhalb der Werkstätten, um sie zu fördern, ihren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden und sie für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren.

Andreas Tünker hatte zuvor in der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in der Tischlerei gearbeitet, Spulen für eine große Firma gereinigt oder auch Altkleider sortiert. Sein Wunsch aber war es immer, in der Landwirtschaft zu arbeiten. &bdquo;Die frische Luft, die Tiere", fasst er zusammen, was ihm so wichtig ist – und was er bei Friedrich Arning gefunden hat. Der hatte stets Mühe, Arbeiter für die einfachen Tätigkeiten auf dem Hof zu bekommen. &bdquo;Das ist halt nichts für Leute mit Abitur."

Seit Generationen ist er mit seiner Familie auf dem Grabbenhof zu Hause und erinnert sich noch an die Zeiten, als behinderte Menschen auf den Bauernhöfen ganz selbstverständlich dazugehörten. Dass er und Andreas Tünker gut zusammenpassen würden, war schnell geklärt, erinnert sich auch Elke Repp , Job Coach von der Lebenshilfe. Zwei Monate absolvierte der gebürtige Dörentruper ein Praktikum auf dem Hof, dann waren auch die letzten Bedenken behoben.

&bdquo;Einen besseren Helfer kann ich mir kaum wünschen", sagt der 67-jährige Landwirt, der mittlerweile ein fast freundschaftliches Verhältnis zu seinem Mitarbeiter hat. Der kommt morgens um 7 mit dem Bus, auch wenn der Arbeitstag erst um 8 Uhr beginnt. &bdquo;Wir starten dann mit einem gemeinsamen Frühstück, gucken in die Zeitung und ich lese ihm vor, was ihn interessiert", beschreibt Friedrich Arning das morgendliche Procedere , bevor es hinaus zur Hofarbeit geht. Dort sind sie meistens zu zweit unterwegs, und Arning hat gelernt, auf die besonderen Bedürfnisse von Andreas Tünker einzugehen.

&bdquo;Zu viel Hektik macht ihn nervös", sagt der Landwirt, der mit seiner ruhigen Art offensichtlich den richtigen Tonfall trifft. Gegen 16 Uhr geht es für Andreas Tünker mit dem Bus zurück nach Lemgo – wobei ihn der Chef schon mal nach Hause schicken muss, wie Elke Repp lächelnd erzählt. &bdquo;Er sieht die Arbeit, will weitermachen. Auf ihn ist einfach Verlass", lobt Friedrich Arning den Überschwang seines Mitarbeiters, auch, wenn er ihn manchmal bremsen muss. Und Andreas Tünker ? Der schaut mittlerweile schon ungeduldig auf die Uhr und will los. &bdquo;Es gibt noch so viel zu tun."

Ein Gewinn für alle Beteiligten Die Inklusionsabteilung der Lebenshilfe bemüht sich, Mitarbeiter der Werkstätten über Praktika und ausgelagerte Arbeitsplätze für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse auf dem allgemeinen Arbeitsplatz zu qualifizieren. Bei einem ausgelagerten Arbeitsplatz bleiben die Beschäftigten offiziell Mitarbeiter der Lebenshilfe, die neuen Arbeitgeber zahlen lediglich ein kleines Entgelt. Möglich ist es auch, die Beschäftigten in einem normalen Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Auch in diesem Fall gibt es Förderungen. Bei Problemen kann der Lebenshilfe-Mitarbeiter jederzeit in die Werkstätten zurückkehren. Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden vor Ort von Job Coaches der Lebenshilfe betreut. ?( kk )

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