Wie zwei Lemgoer den Atlantik mit einer Segelyacht überquerten

Lemgo . Greta Thunberg ist auf dem Wasserweg nach Amerika unterwegs. Mit einer Segelyacht. Einer, der diese abenteuerliche Tour vor wenigen Tagen mit seinem Sohn Adrian ebenfalls unternommen hat, ist Lemgos CDU-Fraktionschef Dr. Harald Pohlmann. Die beiden meinen: Die junge Klima-Aktivistin Thunberg fährt die weitaus anspruchsvollere und unkomfortablere Route.

Mit der Kraft des Windes über den Atlantik: Wie kommt man als CDU-Fraktionsvorsitzender und Unternehmer auf diese ungewöhnliche Idee?

Harald Pohlmann : Ende der 60er Jahre habe ich im Kanu- und Segelclub Lemgo einen Diavortrag von Herbert Lübke über dessen Atlantiküberquerung gehört. Das hat mich fasziniert und nicht mehr losgelassen. Jetzt hat mich mein Sohn Adrian gefragt: Papa, lass uns mal über den Atlantik segeln. Wenn man das von seinem Sohn gefragt wird, zögert man keine Sekunde.

Wie lange haben Sie für die Tour gebraucht?

Adrian Pohlmann : Wir sind von den Kap Verden gestartet und haben nach zwölf Tagen in Trinidad festgemacht. Nichts Ungewöhnliches, das machen jedes Jahr Hunderte, doch die meisten im Rahmen einer organisierten Rallye und im November nach der Hurricane Saison – doch da haben wir keine Zeit.

Dann gibt es Gefahren? Welche? Und wie kommt Hilfe?

Adrian Pohlmann : Ein solcher Trip ist immer mit gewissen Risiken verbunden, wie Stürme, Schäden am Boot oder im Meer treibende Container. Wir haben versucht, so gut es geht voraus zu planen und uns abzusichern. Auf dem Boot haben wir viele Ersatzteile, Sicherheitsausrüstung und Navigationstechnik. Über ein Satellitentelefon konnten wir täglich das aktuelle Wetter abrufen und hätten im Notfall mit einem Anruf innerhalb von einigen Stunden oder Tagen gerettet werden können. Da wird dann der Seenotfall an Schiffe in der Nähe weitergeleitet.

Wie ist das Seeleben?

Harald Pohlmann : Mehr als eine Woche nur Wasser, Wind und Wellen. Wir haben kein einziges Schiff gesehen, nichts aus der zivilisierten Welt. Die einzigen Besucher waren fliegende Fische. Wenn nicht gerade die Segel gewechselt werden müssen, ist nicht viel zu tun.

Klingt nach viel Zeit zum Nachdenken...

Harald Pohlmann : Abgesehen vom Segelwechseln habe ich das Wetter abgerufen, Mails geschrieben, Schlaf nachgeholt. Mein Sohn hat viel gelesen und abends für uns gekocht. Nachts musste immer jemand Wache halten, Adrian hatte die erste Schicht bis 1 Uhr ich dann die zweite Hälfte der Nacht.

Welche Momente bleiben in Erinnerung?

Adrian Pohlmann : Tolle Momente lassen sich gar nicht so genau festmachen, die gesamte Reise und das Abenteuer an sich zählen. Aber natürlich waren die Ankunft und das Gefühl, es geschafft zu haben, ein Höhepunkt.

Gibt es Komfort – und genießt Greta Thunberg den auch?

Adrian Pohlmann : Auf einem normalen, modernen Boot gibt es ganz normale Toiletten, Duschen, eine kleine Küche, Schlafzimmer und alles, was man so braucht. Das Wetter kann einem aber trotzdem das Leben schwer machen. Wenn man nachts, bei vier Meter Welle, im Gewitter, auf dem Vorschiff Segel bergen muss, in Schwimmweste und angeleint, um nicht über Bord zu gehen, dann hat das mit Komfort wenig zu tun.

Und Greta Thunberg?

Adrian Pohlmann : Sie ist nicht auf einem &bdquo;normalen" Boot, sondern einer Rennyacht. Da gibt es keine gemütlichen Betten, keine Küche, nicht mal eine Dusche oder Toilette. Wenn sie dazu noch schlechtes Wetter erwischen, ist ihr möglicherweise tagelang zu übel, um etwas zu essen.

Fährt sie die identische Route?

Harald Pohlmann : Nein, unsere Route liegt deutlich weiter im Süden, mit den Passatwinden und der Strömung von hinten.

Klingt irgendwie besser...

Harald Pohlmann : Dafür muss man die Windsysteme im Nordatlantik verstehen: Im Norden (New York) nach Osten, im Osten nach Süd, im Süden (Kanaren) nach Südwest und in der Karibik dann nach Nord. Deshalb macht der Profi gar nicht erst den Versuch auf direktem Kurs das Ziel anzusteuern, sondern segelt einen riesigen Umweg zunächst Richtung Kanaren und erst dann nach West und dann nach Nord.

Wie Sie?

Harald Pohlmann : Ja. So folgen Segler seit alters her der Route, die Kolumbus nahm. Auf den Tag genau vor 500 Jahren ankerte Kolumbus in der Chacachacare Bay in Trinidad, in der auch wir nun zwei Nächte verbrachten.

Greta Thunberg nutzt das Segelboot als Transportmittel: ein Vorbild für eine neue Art transatlantischer Reisen?

Harald Pohlmann : Nein. Viel zu langwierig, anstrengend, umständlich – es sei denn man hat solch einen Segelspleen wie wir.

Persönlich Dr. Harald Pohlmann (64) ist Unternehmer und Vorsitzender der Lemgoer CDU-Ratsfraktion. Sein Sohn Adrian ist 23 und studiert an der Uni Bielefeld als angehender Grundschullehrer.

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