Streit in der SPD Lemgo: Fraktionschef Udo Golabeck wirft hin

Lemgo. Im Wahljahr werden die Lemgoer Sozialdemokraten so richtig durchgeschüttelt. Der Streit zwischen der Partei- und Fraktionsspitze fordert ein prominentes Opfer: SPD-Fraktionschef Udo Golabeck hat gestern Abend im Lemgoer Stadtrat angekündigt, von seinem Posten zurückzutreten. Auch sein Vize Marcus Graeve will es dem langjährigen Kommunalpolitiker und früheren Bürgermeisterkandidaten gleichtun.

Nach 16 Jahren endet die Ära Golabeck. Nur sieben Monate vor der Kommunalwahl, bei der sowohl der Stadtrat als auch der Bürgermeister bestimmt werden, müssen sich die zwölf Ratsmitglieder der SPD eine Ersatzspitze suchen. Einen weiteren Stellvertreter neben Graeve gibt es nämlich nicht. Grund für den Abtritt Golabecks ist die Kritik vor allem seitens des sozialdemokratischen Nachwuchses, die SPD habe die vergangenen Jahre einen &bdquo;Kuschelkurs" gegenüber der CDU gefahren und eigene Werte verkauft.

Der Liemer Golabeck sieht sich, wie berichtet, in der Partei &bdquo;gemobbt" und hielt die Zahlung von Mandatsträgerabgaben auf seine enthaltenen Aufwandsentschädigungen für Ratsarbeit und Fraktionsvorsitz gegenüber dem Stadtverband zurück. Daraufhin kündigte dieser an, seinen einstigen Spitzenmann von der Kandidatenliste für die Wahl im Herbst zu streichen.

Kluge Entscheidungen oder Kuschelkurs? Damit ist das Tischtuch zwischen Golabeck als Fraktionsspitze und der Parteiführung wohl vollends zerschnitten. Maximal bis Ende März wolle er für organisatorische Fragen zur Verfügung stehen, sagte Golabeck gestern Abend in einer persönlichen Erklärung im Stadtrat. Für politische Fragen hingegen gelte sein Rücktritt ab sofort. Angetreten sei er, &bdquo;um für Lemgo Sachpolitik zu machen", nahm Udo Golabeck die Kritik am mutmaßlichen &bdquo;Kuschelkurs" auf.

In den 16 Jahren als Fraktionsvorsitzender habe er sich stets intern um Konsens bemüht. &bdquo;Ein einheitliches Auftreten und vor allem die einheitliche Stimmabgabe waren mir wichtig", betont der geschasste Fraktionschef weiter. Nie habe die Lemgoer SPD die alleinige Macht gehabt, so dass immer wieder unterschiedliche Mehrheiten zu suchen gewesen seien. Udo Golabeck: &bdquo;Das ist gelungen. Die alte Hansestadt steht hervorragend da, die SPD hat dazu ihren Teil beigetragen und ihre Handschrift hinterlassen. Darauf kann man stolz sein."

Den Schwenk, von &bdquo;Kuschelkurs und Einheitsbrei" zu sprechen, könne und wolle er nicht mittragen – ebenso wenig wie die offene Ankündigung, auf politischen Konfrontationskurs einzuschwenken. &bdquo;So funktioniert eine erfolgreiche Kommunalpolitik nicht", warnte Golabeck, der einer eigenen Einschätzung zufolge nur noch einen Teil der Fraktion hinter sich weiß.

Ähnlich äußerte sich Golabecks bisheriger Vize Marcus Graeve. Er sprach von einer &bdquo;leisen, aber konstruktiven sowie konsensbezogenen Zusammenarbeit und auch bei kontroversen Themen immer einem fairen Miteinander". Manch schwer vertretbarer Beschluss habe in der Umsetzung, zusammen mit der parteiübergreifenden Zusammenarbeit, Lemgo dorthin gebracht, wo es heute stehe. Graeve attestiert dem Stadtrat &bdquo;kluge Entscheidungen" in den vergangenen Jahren .

Fraktionsvize Marcus Graeve hatte bereits Anfang 2019 innerparteilich einen Dämpfer einstecken müssen, als er in der Kampfabstimmung zum SPD-Ortsvereinsvorsitz in der Lemgoer Kernstadt Nachwuchskraft Lasse Huxoll unterlegen war. Letzterer hatte zuvor schon als jüngster Lemgoer Sozialdemokrat aller Zeiten den Vorsitz beim Stadtverband übernommen – seitdem Huxoll im Ortsverband in vorderster Reihe steht, hat im Stadtverband Huxolls Vertrauter Julien Thiede im Chefsessel Platz genommen.

Klar wird: Der Machtkampf in der SPD ist auch eine Generationenfrage. Von den derzeitigen Ratsmitgliedern wollen der bereits verabschiedeten, aber inzwischen ungültigen (die LZ berichtete) Kandidatenliste zufolge nur acht Vertreter überhaupt noch weiter machen. Fast jeder dritte Kandidat, mit dem die SPD in den Wahlkampf geht, wäre, falls der Vorschlag im zweiten Anlauf zieht, jünger als 35 Jahre.

Golabeck kämpft um Liemer Wahlkreis Udo Golabeck selbst hält an seinen ursprünglichen Planungen fest, es zwar nicht über die Reserveliste, aber als Direktkandidat in seinem Dorf Lieme in den Stadtrat schaffen zu wollen. Stand heute will die Stadtverbandsspitze dort nach dem Streit um die Mandatsträgerabgaben aber Heiko Marx statt Golabeck aufstellen. Wie Letzterer auf LZ-Nachfrage sagt, werde er für seinen Wahlkreis kämpfen. Er sei bereit, es bei der Delegiertenversammlung am 12. März in Leese auf eine Kampfkandidatur ankommen zu lassen.

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