Fitness-Erfolg aus Lemgo: Eleni und Maurice erreichen Millionen bei YouTube

Lemgo . Eleni (29) hat ihren unbefristeten Job im Controlling bei Fraunhofer in Lemgo &bdquo;geschmissen“. Ihr Verlobter Maurice (30) tat es ihr gleich und kehrte dem öffentlichen Schuldienst an der Lemgoer Realschule den Rücken. Der Grund: ihr Erfolg beim globalen Videoportal YouTube. Dort erreicht vor allem Eleni mit ihren Fitnessvideos &bdquo;made in Lemgo“ inzwischen mehr als 1,8 Millionen Fans. Genug, um das berufliche Leben ganz dem Hobby – der Fitness, dem Tanz, der Bewegung – zu widmen.

Dein ältestes Video ist aus dem Jahr 2021. Hast du das schon mit dem Gedanken aufgenommen, Geld zu verdienen?

Eleni Papaspirou: Überhaupt nicht. Ich habe halt schon immer Sport gemacht – mit fünf Jahren Ballett bei Hannelore Koch hinter St. Johann. Dann Hip-Hop, das auch selbst unterrichtet, und mit 17 bin ich ins Fitnessstudio. Irgendwann waren mir die Cardio-Einheiten dort aber zu langweilig. Ich habe angefangen, selbst Workouts zu entwickeln und zu filmen.

Und die Clips dann einfach mal hochgeladen?

Eleni: Im Grunde schon. Denn ich hatte wenig Ahnung. Ich musste erst mal recherchieren, wie man Videos schneidet. Dann habe ich gerade mal so viel Tapete und Farbe besorgt, wie nötig war, um nur die eine Wand bei meinem Vater zu tapezieren und zu streichen, die man sieht. Es war nicht 100 Prozent, aber ich habe ja auch eigentlich im Controlling gearbeitet.

Wie schnell war klar, da kann ein großes Ding draus werden?

Eleni: Nach drei Monaten kamen die ersten 200 Euro. Anzeigeneinnahmen. Das fühlte sich richtig cool an, Geld mit etwas zu verdienen, was dein großes Hobby ist. Immer mehr wurden auf meine Videos aufmerksam und schauten zu.

Wann hast du entschieden, ausschließlich auf deine YouTube-Karriere zu setzen und bei Fraunhofer zu kündigen?

Eleni: Viel später als eigentlich notwendig. Zu dem Zeitpunkt lief mein Kanal &bdquo;Eleni Fit“ schon super, aber ich bin ein Typ, der auf Nummer sicher geht. Bei 250.000 Abonnenten habe ich mir dann gesagt, ich höre auf bei meinem Schreibtisch-Job. Denn ganz ehrlich? Ich habe viel gearbeitet, bis abends um 22 Uhr, bin nachts aufgewacht, um Videos hochzuladen. Oder um 5 Uhr aufgestanden, um vor der Arbeit gerade noch eine Aufnahme zu machen.

Klingt nach dem Punkt, an dem es heißt: Ganz oder gar nicht ...

Maurice Schnittger: Genau, ab da wurde es total professionell. Ursprünglich hatten wir eine Kamera, die nach einer halben Stunde oder auch sonst zwischendurch mal unerwartet ausgegangen ist. Wenn ein ganzer Arbeitstag in so einem Video steckt, hält das natürlich auf.

Was gehört genau zu einem solchen Arbeitstag?

Maurice: Eleni arbeitet immer von der Musik aus, überlegt sich, welche Songs in den 30 Minuten enthalten sein sollen. Dann folgt die Planung der Übungen, der Bewegungen, mit einem Timer – und wie es zum Takt passt. Das alles wirkt am Ende sehr flüssig in den Übergängen. Filmen, Fotos, Schneiden, Hochladen ... so geht der Tag rum. Aber das ist auch eine Besonderheit ihrer Videos.

Wirtschaftlich gesehen funktionieren die wahrscheinlich top, weil sie immer aktuell sind. Ich kann mein Training danach ausrichten, neue Sachen probieren, aber auch die alten immer wieder machen ...

Maurice: Genau, wir bedienen damit genau die Fans, die einfach nur Sport machen wollen. Es sind richtige Fitness-Videos, die weltweit ankommen. Nicht nur so Standardübungen, sondern immer Kombinationen – Pilates, Bewegung, nie langweilig, immer im Beat. Die deutschen Zuschauer sind auf Platz 3. Angeführt wird die Liste von den USA und Indien und ab 4 Philippinen, England und Kanada.

Und weil es bei Eleni läuft, übertragt ihr den Erfolg jetzt auf deinen Kanal?

Maurice: Zunächst bin ich bei Eleni ins Unternehmen eingestiegen, um sie zu unterstützen. Seitdem verfolge ich aber auch meine eigenen Ziele und konnte einiges aufbauen. 100.000 Abonnenten haben meine Fitnessvideos schon und ich dafür meinen Job als Sonderpädagoge an der Realschule aufgegeben.

Eleni: Meistens realisieren wir gar nicht, wie viele Menschen uns zuschauen und warum manche Videos richtig viral gehen. Stolz sind wir schon, wenn die Zuschauer Spaß und Freude dabei haben.

Habt ihr denn Zeit, die ganzen Kommentare zu checken?

Eleni: Ich lese wirklich jeden Einzelnen. Alles beantworten, geht aber nicht mehr. Bei längeren Kommentaren aber ein Feedback abzugeben, das sehe ich auch als Kundenbetreuung. Wie eine Trainerin. Das schenkt den Menschen Motivation.

Gibt es auch bissige Einwürfe aus der Internet-Community?

Eleni: Klar, die gibt es ja immer und überall. Nun eckt man mit dem Thema Fitness nicht so an wie mit anderen. Aber natürlich kommen auch kritische Kommentare. Am Anfang hinterfragt man sich, aber man lernt schnell, das zu ignorieren.

Apropos ignorieren: Wie inkognito müsst ihr denn in Lemgo unterwegs sein?

Eleni: Dadurch, dass die Videos eher weltweite Bedeutung haben, ist das nicht so ein Thema. Eine Frau hat mich mal erkannt und gesagt, ihr sei gar nicht klar gewesen, dass ich aus Lemgo komme. Ansonsten sind die Fans aber eher verstreut – bis auf meine Oma aus Lemgo. Die war schon bei den Ballettaufführungen damals in der MWG-Aula immer dabei – und jetzt schaut sie bei meinen Drehs live zu ...

Maurice: ... und hat sich jetzt auch selbst eine Kettlebell, so eine Art Hantel, gekauft. Sie hatte Rückenprobleme und macht jetzt ihre Übungen. Das ist toll!

Nun bist du, Eleni, ja schwanger: Keine Sorge, dass damit ein neues Kapital kommt und etwas wegbricht?

Eleni: Youtube ist schon eine standhafte Plattform, eine Rückkehr an den Schreibtisch schließe ich für mich aus. Dafür ist viel zu viel Leidenschaft im Spiel. Ich denke eher, da geht vielleicht mehr, eine App, ein Kochbuch, Pilates-Produkte, andere Ausrüstung. Das soll dann aber sinnvoll sein und nicht einfach nur Merchandise.

Maurice: Und außerdem hast du auch viele Zuschauerinnen, die selbst schwanger waren, es sind oder es werden ...

Eleni: ... genau, viele schreiben begeistert, dass sie durch meine Programme wieder in Form gekommen sind. Ich habe tatsächlich einiges vorgedreht für die Babypause, und einige Übungen gehen momentan halt nicht. Etwa auf dem Bauch liegen. Aber für Programme ohne Springen beispielsweise sind meine Fans auch dankbar. Letzten Endes öffnet sich durch die Schwangerschaft ja auch eine Tür zu einer weiteren Themen-Nische.

Denkt man da eigentlich mal darüber nach, die Uraltvideos von noch etwas rustikalerer Machart zu löschen, wenn man ständig Neues in Premiumqualität nachschießt?

Eleni: Nein, auch wenn ich sehr perfektionistisch bin. Aber das alte Zeug gehört ja auch zur Geschichte meines Kanals, für den ich sehr lange konsequent dran bleiben musste. Zufälligerweise ist ein sehr altes Video eines der am meist angesehenen. Außerdem sind die Kommentare teils so ergreifend.

Ergreifend?

Eleni: Ja, da kommen einem beinahe die Tränen, so berührend sind die Geschichten. Siebzigjährige schildern, wie sie angefangen haben, zu trainieren. Andere, wie sie mit dem Sport gegen Depressionen und Krankheiten kämpfen. Und wie sie da raus kommen. Das ist viel schöner als irgendeine nackte Millionenzahl bei den Followern.

Hand aufs Herz: Wie viel Zeit sollten Anfänger auf den Sport verwenden?

Maurice: Wichtiger als Zeit finde ich, einen Sport zu finden, der einem Spaß macht. Dann ist es auch kein Problem, den kontinuierlich zu machen. Und wenn man dann mit 10 bis 20 Minuten drei Mal die Woche anfängt, ist das schon gut. Man braucht realistische Ziele, die man einhalten kann. Die Ausdauer kommt dann schnell.

Eleni: Ausdauer ist unser Thema, nicht nur Kraft. Ausdauer, Kraft und Ernährung – das ist das Rezept, ein guter Mix eben. Mit 17 habe ich mich beispielsweise im Fitnessstudio angemeldet und ohne Ende Kardiotraining, also Ausdauer, gemacht. Meine Traumfigur habe ich so nicht bekommen. Und nur strenge Diät ist auch verkehrt.

Zählen also viel zu viele Menschen die Kalorien, die sie zu sich nehmen?

Eleni: Das würde ich jetzt so auch nicht sagen. Man muss schon differenzieren. Anfang ist das Kalorienzählen schon gut, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welches Lebensmittel wie wirkt. Auf lange Sicht ist natürlich intuitives Essen am effizientesten, um ein gesundes Verhältnis zur Ernährung zu bekommen. Wichtig ist, genügend gesunde Nährstoffe zu sich zu nehmen, um Energie zu haben, die man in Alltag und Sport braucht.

Apropos brauchen: Wie habt ihr euch gefunden? Im Fitnessstudio, das wäre zu sehr Klischee, oder?

Eleni: Doch tatsächlich, im Grunde schon. Maurice war in Asemissen im Studio der gleichen Kette, ich in Lemgo. Dann war Corona – und Maurice hat mich angeschrieben. Da ja alles zu hatte, wegen Corona, haben wir uns dann direkt zu Hause getroffen und sind nach ein paar Monaten zusammengezogen.

Maurice: ... und all das, was man sonst so zum Kennenlernen macht, Café, Kino, Essengehen, haben wir nachgeholt.

Mehr zu Eleni und Maurice

Eleni Papaspirou (29) ist gebürtige Lemgoerin. Bei der Ballettschule (erst Hannelore Koch-Peters, dann Annelie Fasse) hat sie ebenso getanzt wie bei der Tanzschule Hey. Nach der Schule hat Eleni in ihrer Heimatstadt an der Technischen Hochschule OWL Betriebswirtschaft studiert, um dann als Controllerin bei Fraunhofer anzufangen.

Maurice Schnittger (30), gebürtiger Bielefelder, ist in Leopoldshöhe aufgewachsen. In Bielefeld hat er Lehramt für Mathematik und Sport sowie im zweiten Masterstudiengang Sonderpädagogik studiert. Nach seinem Referendariat an der Realschule Lemgo blieb er dort zunächst als Sonderpädagoge. Mit ihren YouTube-Kanälen sind beide selbstständig.

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