Kurz vor der ersten Ernte: So läuft es beim Cannabisclub „Legal Weed“ in Bad Salzuflen

Lemgo / Bad Salzuflen. Ein unscheinbares Gewerbeobjekt, ein kleines Namenschild mit Klingel und eine schwere Brandschutztür: Nach einem Vereinsheim sieht der Eingang zur Anbauanlage des Cannabis-Social-Clubs (CSC) &bdquo;Legal Weed“, der in Bad Salzuflen und Lemgo operiert, nicht aus. Und auch drinnen ist es alles andere als heimelig, denn das Gebäude wird im Moment ausschließlich für den Anbau von Cannabis genutzt. Die erste Ernte steht noch aus, die Ausgabe an die bisher 30 Vereinsmitglieder soll danach aber direkt vor Ort stattfinden.

Der Anblick der mit grünen Pflanzen prall gefüllten Anbauzelte wirkt noch ein wenig surreal. Vor wenigen Jahren hätte wohl kein Erzeuger von THC-haltigen Gewächsen seine Pflanzen stolz der Öffentlichkeit präsentiert. Doch seit einem guten Jahr haben sich die Vorzeichen geändert. Cannabisanbau ist für darauf ausgelegte Vereine und Privatpersonen mittlerweile legalisiert, es gibt keinen Grund mehr, im Schatten zu agieren.

Drogenberatung und Anbaugemeinschaft kooperieren Frank Indenbirken ist Mitglied der Anbaugemeinschaft und kümmert sich vor Ort um die Pflanzen. Zum Gespräch mit der LZ hat er auch Saskia van Oosterum, Abteilungsleiterin der Fachstelle für Suchtprävention bei der Drogenberatung Lippe eingeladen. Zwar ist die Zusammenarbeit zwischen Cannabisclubs und Drogenberatungsstellen gesetzlich vorgeschrieben. Beide halten diesen Ansatz aber auch für sinnvoll - besonders weil der Verein Mitglieder ab 18 Jahren aufnimmt. &bdquo;Man kann ja keinen zwingen, aber wenn einer Probleme hat, dann bin ich der Vermittler zu Drogenberatung“, erläutert Indenbirken, der selber kein Cannabis konsumiert, über die Zusammenarbeit. Viele Vereine setzten auf eine Altersbegrenzung ab 21 Jahren. An jüngere Mitglieder darf nur Cannabis mit geringeren THC-Konzentrationen ausgegeben werden.

Doch wie weit verbreitet ist ein problematischer Cannabis-Konsum unter jungen Menschen überhaupt? &bdquo;Ich würde schon sagen, dass das einen größeren Anteil bei den jüngeren Konsumenten ausmacht. Wobei es sich tatsächlich auch verändert hat. Wir hatten vor ein paar Jahren eine reine Cannabis-Sprechstunde“, berichtet van Oosterum. Diese wurde mittlerweile in ein generelles Beratungsangebot für Menschen unter 24 Jahren umgewandelt, da selbst in dieser Altersgruppe der Konsum von THC zumeist nur ein Teil einer weitgreifenderen Problematik sei, bei der andere Substanzen im Vordergrund stehen. Es komme zwar auch vor, dass junge Menschen mit einer reinen Cannabis-Problematik zu tun haben, doch das sei eher die Ausnahme.

Menschen werden an den Rand gedrängt Die Teillegalisierung sieht die Diplompädagogin positiv, denn die Drogenberatung Lippe hat sich der akzeptierenden Drogenarbeit verschrieben. &bdquo;Wir sind für die Legalisierung oder Regulierung aller Substanzen“, erläutert van Oosterum, für die eine weitere Kriminalisierung von Konsumenten nicht förderlich ist - auch wenn es darum geht, den Menschen zu helfen: &bdquo;Die Menschen werden marginalisiert, am Rande der Gesellschaft. Da kann man sie schlecht unterstützen.“ In der Prävention sei es zudem ein Problem, dass in den Schulen viel zu wenig über illegale Substanzen gesprochen werde. &bdquo;Informationen sind immer wichtig, um Entscheidungen zu treffen“, so die Beraterin weiter.

Deshalb sei es auch schwierig, dass junge Menschen unter 18 Jahren bei der Teillegalisierung außen vor gelassen werden. Denn, dass auch Minderjährige konsumieren, sei klar, sie müssten sich ihr Material aber weiterhin auf dem Schwarzmarkt besorgen. &bdquo;Die kaufen weiter beim Dealer, kaufen weiter Gestrecktes“, berichtet van Oosterum, die selber auch keine Patentlösung für dieses schwierige Problem zur Hand hat.

Dass aber Jugendliche jederzeit an Cannabis kommen können, steht für den Cannabisclub und die Drogenberatung außer Frage. Zumindest bleibe die Hoffnung, dass die jungen Menschen heute nicht mehr so häufig mit Cannabis in Kontakt kämen, das mit Streckmitteln versetzt ist. &bdquo;Wenn junge Leute zu Dealern gehen, dann dealen die ja nicht nur mit Gras. Dann ist Speed da, dann ist Ecstasy da. Dann kommt man schneller in diese Kreise“, nennt Indenbirken ein weiteres Problem.

Verein war schon vor der Teillegalisierung aktiv Der Cannabisclub selbst ist schon vor der Teillegalisierung aktiv geworden, um sich für die Legalisierung von Cannabis und die Rechte von Konsumenten einzusetzen. &bdquo;Als es dann so weit war, haben wir eine Satzungsänderung beantragt“, beschreibt Indenbirken den Weg, den sein Verein in den letzten Jahren genommen hat. Sein persönlicher Antrieb dabei sei die Entkriminalisierung der Konsumenten gewesen. &bdquo;Die Kriminalisierung von Leuten die kiffen oder sonstige Drogen nehmen, finde ich scheiße“, findet Indenbirken deutliche Worte.

Der Weg zur ersten Ernte ist für den Verein nicht leicht. Für die Genehmigung der Anbaustätte habe es zahlreiche Auflagen gegeben, es mussten zum Beispiel Sicherheitsvorkehrungen wie vergitterte Fenster und Videoüberwachung nachgewiesen und Nutzungsänderungen beantragt werden. Allein die Kosten dafür haben sich laut Indenbirken auf mehrere Tausend Euro belaufen. &bdquo;Wir finanzieren das alles aus eigener Tasche“, so der Aktivist weiter.

Dazu kommen weitere Kosten für Pflanzen, Anbauzelte, Dünger und Lampen sowie die Pachtkosten für die Räumlichkeiten. Und überhaupt einen geeigneten Ort zu finden, habe sich schwierig gestaltet, da Vermieter oft einen Rückzieher gemacht hätten, wenn klar wurde, was in den Räumen produziert werden sollte. Auch eine Vereinssatzung auf den Weg zu bringen, die den gesetzlichen Vorgaben entspricht, sei schwierig gewesen. Selbst mit anwaltlicher Unterstützung. Wenn in wenigen Wochen die erste Ernte eingefahren wird, hofft Indenbirken darauf, dass sich noch weitere Mitglieder finden, die das produzierte Material abnehmen.

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