Aufruf in der LZ: Lemgoerin kann sich dank guter Fee ihren Traum erfüllen

Lemgo. Tanja Seifert tanzt. Dreht sich links und rechts, nach vorne und hinten und dann im Kreis. Ein Tanz mit Hoss, der das Ganze möglich macht. Und Hoss ist wahrlich ein toller Kerl: ein geländegängiger Rollstuhl der besonderen Art, der einem Segway gleich die Bewegungen mitgeht, es auf 15 Stundenkilometer bringt - und Tanja Seifert zu neuer Lebensqualität verhilft.

Die 53-Jährige ist glücklich. Und eigentlich kann sie es noch immer nicht fassen. Nicht fassen, dass ihr Traum endlich in Erfüllung gegangen ist. Dank ihrer Geschichte in der LZ und dank der besonderen Zuwendung einer 84-Jährigen, die anonym bleiben will.

Es ist erst wenige Wochen her, dass die LZ über das Schicksal der Lemgoerin berichtet hat. Sie leidet an einer seltenen Erbkrankheit. ALD oder Adrenoleukodystrophie schädigt die Nebennieren, Rückenmark und Gehirn und führt vor allem bei Männern innerhalb kurzer Zeit oft zum Tod. Ursache ist ein Gendefekt, der ausschließlich das X-Chromosom schädigt. Männer haben davon nur eines, daher bricht die Krankheit bei ihnen fast immer aus; Frauen haben zwei X-Chromosomen und damit die Chance auf einen milderen Verlauf.

Traum sich unerfüllbar

In Tanja Seiferts Familie zieht sich die Krankheit durch die Generationen. Schon die Großmutter war erkrankt, die Mutter, der Bruder starb an der Krankheit, auch Cousinen und Cousins sind betroffen. Bei Tanja Seifert brach die Krankheit vor gut zehn Jahren aus, mittlerweile ist sie großteils auf den Rollstuhl angewiesen und stößt mit dem herkömmlichen E-Modell immer mehr an ihre Grenzen. Denn der Traum der agilen Frau ist es, weiter bestmöglich am Leben teilzuhaben: weiterhin auf Campingtour mit dem Wohnmobil zu gehen, die Familie beim Waldspaziergang zu begleiten oder auch selbstständig längere Strecken unterwegs zu sein.

All das ist mit dem neuen Rollstuhl möglich, doch all das hat auch seinen Preis. Und der liegt deutlich über dem, was die Familie eigentlich aufbringen kann und die Krankenkasse war von vorneherein raus. Bei der Spendenplattform gofundme rief Tochter Annkathrin zu Spenden auf, doch erst ein Bericht der LZ brachte den Stein, beziehungsweise die geländegängigen Bewegungshilfe für Tanja Seifert ins Rollen.

Denn es meldeten sich gleich mehrere Unterstützer: Ein Mann stand vor der Tür und &bdquo;drückte mir einen Umschlag in die Hand“, erzählt Tanja Seifert. 500 Euro waren da drin, doch es kam noch besser - viel besser: Nur kurz darauf klingelte das Telefon. Eine ältere Dame war dran. Sie wollte helfen und dann kam’s: 20.000 Euro werde sie für den gewünschten Rollstuhl überweisen.

Tanja Seifert konnte es kaum glauben, hatte sie richtig gehört? Vor Aufregung rutschen ihr fast die Gehhilfen aus der Hand. Doch die Dame am anderen Ende der Leitung blieb bestimmt: 20.000 Euro, sie habe das Geld und wolle anderen helfen. Nur eine Bedingung gebe es: Sie wolle anonym bleiben.

Handy der Tochter im Dauerton

&bdquo;Ich dachte, ich werde verrückt“, erinnert sich Tanja Seifert an diesen besonderen Moment und strahlt noch immer vor Glück. Und auch Tochter Annkathrin muss lachen: &bdquo;Bei der Arbeit ging eine Sprachnachricht nach der anderen ein. Ich dachte, was ist denn mit der los? Bis ich es endlich abgehört habe.“ Und doch musste sich die Familie noch gedulden. Die Bankberaterin der Spenderin war in Urlaub - &bdquo;und ein wenig Angst hatte ich schon, dass sich das Ganze doch als Traum herausstellen würde“, erinnert sich die 53-Jährige an die bangen Tage, zumal ihr Mann ob der Schilderung erst einmal skeptisch blieb.

Doch pünktlich eine Woche später stand die Seniorin vor der Tür. Die Spende überwies sie in zwei Tranchen und hatte sich auch mit einem Steuerberater abgestimmt. &bdquo;Selbst Pralinen hatte sie dabei und wollte gar keinen Dank“, kann Tanja Seifert so viel Nächstenliebe bis heute kaum fassen. Und dann gab es kein Halten mehr. Schon wenige Tage später machte sie sich mit Mann und Wohnmobil auf die Reise nach Kirchheim. Dort hatte sie ihren Hoss-Rollstuhl bereits reserviert. Und der stattliche Rollstuhl samt Lichtern, Nummernschild und Eichenholz-Armstützen und sie wurden schnell zum eingespielten Team. Den ersten Tanz, den wagte sie mit ihm noch auf dem Dorffest bei Kirchheim und drehte sich beseelt im Kreis, wie ihr Mann auf einem Video festgehalten hat.

In Lemgo ist sie mittlerweile täglich mit dem Rollstuhl unterwegs: Zu den Freunden hinter Neu Eben-Ezer, quer durch das Ilsetal, ging es mit dem bis zu 15 Stundenkilometer schnellen Hoss, begleitet vom Ehemann auf dem Fahrrad, &bdquo;sonst kommt der ja nicht mehr mit“. Auch lange Wanderungen haben sie schon absolviert, sie fuhr zum Orthopäden, zum Einkaufen - &bdquo;ich kann jetzt überall allein hin“, sagt sie strahlend, während sie stolz zeigt, was der Hossi alles kann. Fast zärtlich streicht sie über Knöpfe und Steuerknüppel, demonstriert wie Hossi ähnlich wie ein Segway auf Bewegungen reagiert und erzählt, dass er es mit einer Akku-Ladung auf rund 60 Kilometer bringt. Und auch Tochter Annkathrin ist begeistert und hat’s selbst ausprobiert: &bdquo;Das Fahren macht richtig Spaß.“

Und zum Abschluss gibt es noch einen Tanz. Rechts, links, nach vorne, hinten und im Kreis - und das vor Glück strahlende Gesicht von Tanja Seifert obendrauf.

Aufruf in der LZ: Lemgoerin kann sich dank guter Fee ihren Traum erfüllen

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