
Von Stefan Backe
Ein Gottesdienst ohne Glockengeläut? Eigentlich undenkbar. Eine Ausnahme gibt es am Karfreitag. Da schweigen die Glocken von St. Nicolai. Dieses und weitere Details finden sich in der Läuteordnung.
Lemgo. Pfarrer Rolf-Joachim Krohn-Grimberghe zeigt auf die kleinen Kreuze, die über die zweiseitige Tabelle verteilt sind. Drei Kreuze bedeuten einen maximalen Glockeneinsatz im kirchlichen der beiden St.-Nicolai-Türme. Eine Lücke tut sich in der Liste, die von "1.) normale Sonntage" bis "4.d) Beerdigungen" reicht, dagegen zwischen Gründonnerstag und Ostersonntag auf. "Als Zeichen der Trauer schweigen die Glocken in dieser Zeit", verweist Krohn-Grimberghe auf den Todestag Jesu.
Zwar wurde dies in der lutherischen Gemeinde auch früher ähnlich mit reduziertem Geläut gehandhabt. Doch mit der neuen Läuteordnung hat sich neben einer nun schriftlich fixierten Verbindlichkeit noch deutlich mehr getan. Die drei Glocken in ihren Tonarten es, ges und as würden nun viel bewusster eingesetzt. "In vielen Gemeinden werden die Glocken nur als reiner Ruf zum Gottesdienst geläutet. Eine Differenzierung der drei bis vier Glocken gibt es nicht", erklärt Krohn-Grimberghe.
Nach der Rückkehr der dritten Glocke (siehe Infokasten) hat der Kirchenvorstand von St. Nicolai nun unter Mithilfe eines Glockensachverständigen eine eigene Läuteordnung beschlossen. Seitdem ist beispielsweise festgelegt, dass sich auch die Glocken in der vorösterlichen Passions- und Leidenszeit zurücknehmen - lediglich zwei Exemplare sind im Einsatz. Zwar können die Glocken mit ihren schwingenden Klöppeln zumeist nicht punktgenau angespielt werden, doch auch ohne echte Melodien kann ein aufmerksamer Zuhörer Unterschiede bemerken.
So beginnt das Trio sein Geläut immer mit der hellsten Glocke und endet in umgekehrter Reihenfolge. Ist an einzelnen Tagen nur der Einsatz einer Glocke gefragt, werde die Tonlage bewusst ausgesucht. "Je tiefer die Glocke, desto feierlicher", erklärt der Pfarrer. Dass die wuchtigen Instrumente im Turm in der Regel eher spärlich eingesetzt werden, dient auch der Schonung der von Fachleuten als Kunst- und Musikdenkmäler bezeichneten Glocken. Dabei kommt aber auch moderne Technik zum Einsatz. Die meisten Vorgaben der Läuteordnung sind in einem Computerprogramm gespeichert und lassen sich bequem per Knopfdruck starten.