Oerlinghausen. „Haben Sie schon einmal Dino Park gesehen?", fragt Karl Banghard, Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums. „Wenn Sie die Augen schließen und nur auf die Geräusche der Raptoren achten, werden Sie merken, dass der Raptor sich wie ein Schwein anhört. Und genau das ist es. Die Geräusche der Raptoren sind Weideschweine bei der Futterkonkurrenz."
Nicht wirklich, oder? „Doch, tatsächlich", sagt Banghard. „Und beim T-Rex haben die Sound-Leute noch ein bisschen Delfin mit hinzugemixt. Kein Scherz." Den Schweinen ist solch Ruhm egal. Ebenso wie die Tatsache, dass sie etwas Besonderes sind. Sie sind lebhaft, neugierig, verfressen – und sie sehen so aus, wie die Schweine vor 600 Jahren. Es sind Düppeler Weideschweine. Das ist eine Rückzüchtung, denn das echte Deutsche Weideschwein ist 1975 ausgestorben. Die Rückzüchtung passierte auf der Grundlage von drei Schweinerassen: dem Mangalitza-Wollschwein, der Deutschen Landrasse und dem rotbunten Weideschwein. Nach sechs Generationen ähneln die Tiere dem Vorbild, das es bereits im Mittalter gab, aufs Haar.
Der Verein „Tiere im Dorf" bringt seit 18 Jahren Menschen das Thema alte und gefährdete Haustierrassen nah. Bei verschiedenen Aktionen wie „Tag des offenen Hofes", Höfetouren oder Teilnahme an regionalen Veranstaltungen werden Tiere gezeigt und Informationen weitergegeben. Infos: Tel. (05265) 94900.
Jetzt müssen die beiden Schweine des Museums in eine andere Unterkunft, und zwar möglichst vor der Winterpause, die im Freilichtmuseum jetzt beginnt. „Es bestand bereits Kontakt zum Verein ,Tiere im Dorf", sagt Banghard. Der Verein aus Dörentrup-Schwelentrup hat es sich seit 18 Jahren auf die Fahne geschrieben, alte Haustierrassen zu bewahren und rückzuzüchten.
„Wir sind sehr dankbar, dass wir vom Oerlinghauser Museum die beiden Düppeler Weideschweine bekommen", sagt Rudolf Diekmeier, ein Sprecher des Vereins. Zusammen mit dem Bunten Bentheimer Schwein, der Lippegans, dem Coburger Fuchsschaf und anderen (beinahe) ausgestorbenen Haustierrassen zeigt der Dörentruper Verein, wie vielfältig die Tierwelt auf den lippischen Bauernhöfen einmal war.
Das Schwein nimmt dabei eine Sonderrolle ein. Banghard: „Im Mittelalter wurde ein Waldstück nicht danach bewertet, wie viele Bäume es enthielt, sondern wie viele Schweine in ihm weiden konnten." Denn früher wurden die Schweine nicht gemästet, sondern im Wald gehütet. Eine Hauptnahrungsquelle waren Eicheln. Es gebe Thesen, sagt Banghard, nach denen nicht der Besitz von Silberminen im 7. Jahrhundert ausschlaggebend für einen Adelstitel war, sondern die Anzahl an Schweinen. „Wenn dann noch ein Salzstock zum Grundbesitz gehörte, konnten Schinken in großem Stil produziert werden. Es wurde dann nicht mit Salz sondern mit Schinken gehandelt."
Obwohl noch etwa 20 Jahre vergehen müssen, bis die Düppeler Weideschweine einen eigenen Genpool aufgebaut haben, wie Diekmeier sagt, seien sie vom Skelett her schon nicht mehr von den Skeletten zu unterscheiden, die man bei archäologischen Ausgrabungen findet, erklärt Banghard. Das Borstenvieh aus dem Museum unterscheidet sich erheblich vom modernen Mastschwein. Es ist hochbeiniger, der Kopf ist keilförmig wie der eines Wildschweins, es ist dem Menschen sehr zugewandt und durch Einkreuzung von afrikanischen Schweinen höhlenbildend. Vor allem aber ist es sehr robust und stressresistent. Die Tiere sind wildschweinfarben oder getüpfelt.