Trotz Arzneimittel-Zulassung ranken sich viele Vorurteile um Hanf

Schieder-Schwalenberg/Lothe. Seit März 2017 ist Cannabis in Deutschland als Arzneimittel zugelassen. Für Stefan Noelker-Wunderwald, Inhaber der Firma &bdquo;Hanf-Zeit" in Steinheim , war diese Zulassung lange überfällig. Doch noch ist der medizinische Hanfgebrauch unter Ärzten umstritten und viele Patienten haben kaum eine Chance, dass ihr Rezept von der Krankenkasse übernommen wird.

&bdquo;Es gibt drei Verwendungsmöglichkeiten: als Nutzhanf, als Genussmittel und als Medizin. Bei allen besteht noch Regelungsbedarf, in der Medizin jedoch am dringendsten", stellt Noelker-Wunderwald seine Position klar. Er selbst besitzt 45 Hektar Felder mit Nutzhanf, unter anderem in Lothe und Lage. Der medizinische Anbau ist ihm aufgrund verschiedener Regularien nicht möglich, dennoch informiert er sich regelmäßig auf Kongressen und hat auch persönlichen Kontakt zu Cannabis-Patienten.

Der potenzielle Wirkungsbereich von Cannabis ist enorm. Von chronischen Schmerzen über Migräne und Tinnitus bis hin zu ADHS wird dem grünen Kraut in etlichen Krankheitsfeldern heilende Wirkung zugesprochen. Dennoch: Cannabisprodukte sind keine Wundermittel, ihre Wirkung individuell unterschiedlich, wie es auch in einem Magazin der Arbeitsgemeinschaft &bdquo;Cannabis als Medizin" geschrieben steht: &bdquo;Vielen Patienten helfen sie nicht oder nur wenig, während andere sehr gut profitieren."

Grundsätzlich wird in der Medizin zwischen den Cannabis-Wirkstoffen CBD und THC unterschieden. Während CBD frei verkäuflich ist, ist THC verschreibungspflichtig und kann laut Dr. Gerald Niedeggen sowohl psychisch als auch körperlich abhängig machen. Diese Gefahr sei jedoch bei Morphium und Opiaten, die zudem schlechter dosierbar sind und größere Nebenwirkungen hervorrufen, mindestens auf demselben Level gegeben. Dr. Gerald Niedeggen ist als homöopathischer Arzt in Detmold tätig und einer der wenigen Ärzte in Lippe, die Cannabis-Therapien anwenden. Auf LZ-Anfrage erklärten gleich mehrere Mediziner, dass sie sich mit dem Thema nicht auskennen oder nicht viel davon halten.

Dr. Niedeggen hingegen überzeugt die positive Wirkung auf viele Patienten: &bdquo;Wenn ein Parkinson-Patient durch die Einnahme von CBD eine ganz andere Lebensqualität erhält, dann freut einen das auch als Arzt", gibt er zu. Die Vorbehalte gegen Cannabis-Präparate sind laut dem Mediziner vorwiegend auf die Unbekanntheit des schon Jahrtausende alten Krauts zurückzuführen. Es sei gut mit anderen Therapien kombinierbar und sehr breit anwendbar. Zu ihm kommen nur Privatpatienten, so dass der hohe zeitliche Aufwand der Beantragung des Präparates, der viele seiner Kollegen abschreckt, wegfällt.

Eine Kostenübernahme wird von den Kassen häufig abgelehnt. Der Grund: fehlende Studien oder ein noch nicht austherapierter Patient. Betroffene müssen dann tief in die eigene Tasche greifen, um sich nicht auf illegalem Weg zu versorgen. 10 bis 25 Euro zahlt man für ein Gramm in der Apotheke, ein durchschnittlicher Patient benötig zwischen ein und drei Gramm pro Tag.

Ein verbreiteter Irrglaube ist die Annahme, dass Cannabis-Patienten ständig &bdquo;high" seien. Noelker-Wunderwald veranschaulicht die Wirkungsweise des Medikaments anhand eines Glases Wasser, das das menschliche Cannabinoid-System darstellt: &bdquo;Bei einem gesunden Menschen ist das Glas voll, bei einem kranken nicht. THC beziehungsweise CBD füllen dieses Glas erst wieder auf. Zum Rausch kommt es erst dann, wenn das Glas überläuft". Daher dürfen Patienten nach einer Eingewöhnungsphase, in der gemeinsam mit dem Arzt das richtige Pensum gefunden wird, auch Auto fahren und sind im Alltag nicht eingeschränkt.

Petition Der Anbau von Nutzhanf ist seit 1996 erlaubt. Der geringe THC-Gehalt von weniger als 0,2 Prozent schließt einen möglichen Missbrauch der Pflanzen aus. Stefan Noelker-Wunderwald steht bei dem Vertrieb seiner aus Nutzhanf hergestellten Öle, Tees und Gebäcke dennoch immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Eine widersprüchliche Gesetzgebung sorgt dafür, dass er seinen Kunden den legal produzierten und mehrfach genehmigten Hanftee zwar ausschenken, jedoch nicht verkaufen darf, da dies als Handel mit Suchtstoffen gilt. Im Internet sowie vor Ort in der &bdquo;Hanf-Zeit" ist daher nun eine Petition verfügbar, mit der für eine klare Unterscheidung zwischen zugelassenen Hanfsorten und Betäubungsmitteln gekämpft wird. Hier informiert der Experte auch über die Unterschiede.

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