High-Tech, 30 Jahre alt: Warum ein Fahrradfreund aus Schieder auf Stahlrahmen setzt

Schieder-Schwalenberg. Auf dieses unscheinbare kleine Werkzeug ist er besonders stolz: Mit dem Spezialschlüssel, einem Flaschenöffner ähnlich, löst er die Rädelschraube, zieht den Zahnkranz ab und kann ihn so vernünftig sauber machen. Das ginge nicht, bliebe dieser fest montiert. Ein technisch geniales System. Denn, weiß Eckhard Sporleder: Saubere Zahnkränze, geölte Ketten sind wichtig. &bdquo;Pflegen Sie Kette und Zahnräder gut, dann geht eigentlich nichts kaputt. Das ist wie Zähneputzen“, rät der Schiederaner und präsentiert zum Beweis seinen Schatz, ein Rad mit einem italienischen Bianchi-Rahmen, an dem sämtliche Komponenten (Ausnahme: Licht) aus dem vorigen Jahrhundert stammen. Für Fahrräder gibt es keine strenge Klassifizierung, ab wann sie denn als Oldtimer durchgehen dürfen. Für Sporleder kein Problem: &bdquo;Alle Teile sind mindestens 30 Jahre alt. Da dachte ich, das passt in die Oldtimer-Serie der LZ.“ Tut es.

Nach Kreta auf dem Rad Kettenblattgarnitur, Naben und Felgen, Lenkervorbau und Lenker, Bremsen und Bremsgriffe, Schaltung, Sattelstütze, Sattel Sporleder hat sein Bianchi ausschließlich mit alten Komponenten ausgestattet. &bdquo;Das ist seit vielen Jahren meine Leidenschaft.“ Zeit seines Lebens sei er geradelt, mit dem Torpedo-Dreigang zur Schule, im Studium, später mit anderen Rädern zuweilen zur Gesamtschule nach Detmold, um zu unterrichten, in seinen Urlauben, ob ins Sauerland oder bis nach Kreta. Der 71-Jährige verfolgt die Tour de France und die Radsport-Szene, ist selber RTF-Rennen mitgefahren, hat in der Schule mit Jugendlichen in AGs an Rädern herumgeschraubt. Eine Gelegenheit, den jungen Leuten etwas von der Technik zu vermitteln und Reparaturtricks zu zeigen.

Eckhard Sporleder, Lehrer für Englisch und Sport im Ruhestand, ist fit, treibt vier-, fünfmal die Woche Sport, radelt, geht schwimmen. Doch die Technik der Räder ist das, wovon er noch begeisterter ist, als auf ihnen unterwegs zu sein. Sporleder ist ein Schrauber, wie er im Buche steht. Hat kartonweise Ersatzteile im Keller, ist immer auf der Suche nach der bestimmten Schraube, dem speziellen Hakeneisen. Sein Wissen hat er sich über die Jahre selbst angeeignet, zuweilen schraubt und repariert er auch mit Freunden &bdquo;Wenn es mir nach einem Unfall oder Sturz den Rahmen zerlegt hat, habe ich immer alle Teile verwahrt und einen neuen Rahmen gesucht, an den sie passen.“

Die Bremsen, wahre Schönheiten Oft kein leichtes Unterfangen, die Radtechnik ist im stetigen Wandel, es gibt kaum Normierungen. Sein Bianchi-Stahlrahmen hat gemuffte Verbindungen, die Sockel der Schaltungen sind angelötet, die italienischen Campagnolo-Bremsen aus den Achtzigern wahre Schönheiten und hundertprozentig funktionstüchtig. Die Weinmann-Bremsen aus der Schweiz sind 50 Jahre alt. &bdquo;Die europäischen Hersteller haben die großen Entwicklungsschritte und Innovationen in Sachen Radtechnik nicht mehr mitgemacht“, bedauert Sporleder. Die Produkte seien jedoch nach wie vor top und praktisch unzerstörbar.

Die Musik spielt seit Jahrzehnten nun in China und Japan. Aber es gibt Ausnahmen, sagt er und streicht über den butterweichen, weil stets sorgsam eingefetteten Brooks-Ledersattel mit dazugehörigem Sattel-Werkzeugtäschchen. Überhaupt seien seine Räder &bdquo;technisch-ästhetische Gesamtkunstwerke“ und dokumentierten die Technik-Geschichte vergangener Zeiten. Einige der früheren großen Firmen, Hersteller bekannter Marken, existierten gar nicht mehr. Manche Produkte, etwa Simplex-Schaltungen, seien heiß begehrte Raritäten auf dem Fahrrad-Altteilemarkt. Dann holt er eine &bdquo;Eddy-Merckx-Rolle“ aus der Ecke. Ein Papier, das aussieht wie ein zusammengerollter Kassenbon, das um den Lenker gewickelt und während der Fahrt Stück für Stück abgerollt wird. Darauf säuberlich vermerkt: Kilometerangaben, Etappenziele. Zwischenhalte.

E-Bike? Kein Thema Sporleder weiß natürlich, dass heutige Komponenten den &bdquo;guten alten“ technisch überlegen sind, das ficht ihn aber nicht an. Aus Vernunftgründen hat er allerdings Handgriffe, Pedale und Beleuchtung von dem Kriterium &bdquo;aus dem letzten Jahrhundert stammend“ ausgenommen, auch hat er die Kettenblätter des vorderen Antriebs durch kleinere ersetzt, &bdquo;um an schwierigen und längeren Steigungen nicht schieben zu müssen.“ Denn aufs E-Bike zu wechseln, das wolle er nicht; das sei kein richtiges, vollwertiges Radfahren. Und ein Stahlrahmen müsse schon sein. &bdquo;Wer einige Kilos sparen will, der sollte die lieber bei sich selbst sparen“, lacht er und hebt das durchaus schwere Rad stolz an.

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