
Detmold-Berlebeck. Mit dem Artikel über Haidong Gumdo startet am Samstag eine mehrteilige Serie, die unter dem Motto "Ausprobiert" steht. Die Mitarbeiter der LZ-Sportredaktion stellen sich unterschiedlichen Aufgaben.
LZ-Volontär Patrick Bockwinkel hat sich zum Auftakt an dem koreanischen Schwertkampfsport versucht und schildert seine Eindrücke.
Auf dem You-Tube-Video sieht alles ganz einfach aus: Bei den Weltmeisterschaften im Haidong Gumdo, einem koreanischen Schwertkampfsport, wirbeln die Athleten mit der Klinge durch die Luft und zerkleinern sekundenschnell massive Bambusstäbe, dicke Strohballen, schneiden Zeitungspapier in feine Schnipsel und bringen mit dem Luftzug ihres Schwertes ganze Kerzenbatterien zum erlischen. Doch was kinderleicht aussieht, ist das Ergebnis harten Trainings.
Das stelle ich bei meiner ersten Lektion Haidong Gumdo sehr schnell fest. "Ganz gerade schneiden", ermahnt mich Meister Sascha Sander, als ich zum x-ten Mal das Holzschwert nach vorne sausen lasse. Barfuß stehe ich in einer Reihe mit den anderen Schülern auf der Matte im Dojo in Berlebeck. Schweißperlen rinnen. Gerade bin ich froh, dass ich beim Schneiden nicht mit dem Schwert wackle, da kommt die nächste Ermahnung des Meisters: "Das Schwert muss weiter nach hinten, bis die Spitze das Gesäß berührt."
Präzision sei beim Haidong Gumdo sehr wichtig, erklärt Sander, während ich mit meinem Schwert gerade den Schlag eines Gegners abwehre. Deshalb werden einzelne Techniken, Bewegungsformen, Schneideübungen und vieles mehr immer und immer wieder geübt. "Das Schwert ist eine Waffe. Ein Fehler beim Umgang damit kann schlimme Folgen haben", sagt Sander. Deshalb werde auch erst ab dem 1. Dan mit einer scharfen Klinge hantiert. Bis dahin wird unter anderem mit Holzschwertern trainiert, wie ich es in meinen Händen halte und womit ich als Nächstes versuche, meinen Gegner mit einem geraden Schlag anzugreifen. "Das linke Bein nachziehen", korrigiert mich Sander, als ich einen Schritt auf den Gegner zumache. Sofort zeigt mir der Meister, wie es richtig geht. Es wird komplizierter. Nach unzähligen Wiederholungen schwidnet die Kraft und ich werde immer langsamer. Teils aus Erschöpfung, teils, weil ich mir die richtige Reihenfolge der Bewegungen nicht merken kann.
Bei der eigentlich ersten richtig anspruchsvollen Übung, einer für Meister Sander und die restlichen Schüler simplen Bewegungsform, ist dann endgültig Gedankensalat angesagt. Während die anderen filigran ihre Körper und Schwerter synchron über die Matten des Dojos bewegen, habe ich Knoten in den Beinen und Armen. Drei Monate dauere es, bis ein Anfänger die Grundtechniken einigermaßen verinnerlicht habe. Ich bin zwar richtig kaputt, aber vorbei ist der Übungsabend noch nicht. Zum Ausklang darf ich noch einmal versuchen, nur mit dem Luftzug meines Holzschwertes eine brennende Kerze zum Erlischen zu bringen. Hochkonzentriert hocke ich auf der Matte und peile mit beiden Augen die Flamme an. Geschwind lasse ich das Holzschwert von oben auf die Kerze herabsausen und stoppe kurz vor dem entzündeten Docht abrupt ab. Doch Fehlanzeige, die Flamme tänzelt nur ein wenig im Wind. Immer und immer wieder versuche ich mein Glück, ohne Erfolg. Wie es richtig geht, zeigt mir einer der erfahrensten Schüler Sanders. Schon mit dem zweiten Schlag ist die Kerze erloschen, genau so elegant wie in den You-Tube-Videos. Bis ich das drauf habe, vergehen glaube ich Jahrzehnte.