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Doch kein Erlass der Vodafone-Schulden? Inkassofirma verlangt noch mehr Geld

Erol Kamisli

Georg Begemann im Gespräch mit Hasan Al Bach. - © Archiv: Bernhard Preuß
Georg Begemann im Gespräch mit Hasan Al Bach. (© Archiv: Bernhard Preuß)

Extertal-Bösingfeld. Als Hasan Al Bach im Briefkasten das Schreiben einer Inkassofirma findet, fällt er aus allen Wolken. Das Unternehmen fordert im Auftrag des Mobilfunkanbieters Vodafone rund 550 Euro und setzt dem 58-jährigen Flüchtling aus Syrien eine zehntägige Frist.

Nach LZ-Intervention im Herbst vergangenen Jahres hatte Vodafone-Pressesprecher Volker Petendorf versprochen, dass die Schulden des Syrers in Höhe von 300 Euro erlassen werden, da es bei den Handyverträgen zu „Missverständnissen" gekommen sei. Das war vor vier Monaten – danach herrschte Funkstille bis vor wenigen Tagen. In ihrem Schreiben sattelt das Inkassounternehmen nochmals 250 Euro auf die Forderungen drauf und verlangt nun 550 Euro.

„Leider gab es ein Problem mit dem Inkassounternehmen. Das Versprechen, dass Hasan Al Bach die Schulden erlassen werden, wird eingehalten", betont Petendorf. Die Schulden des 58-Jährigen seien inzwischen ausgebucht und das Inkassoverfahren eingestellt worden. „Es tut uns leid. Der Kunde erhält ein Erledigungsschreiben, und die Rechnungen landen nun in der Mülltonne", sagt Petendorf.

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Groß ist die Freude nicht nur bei Hasan Al Bach, sondern auch bei Georg Begemann, Vorsitzender der Extertaler AWO. „Wir sind sehr erleichtert und dankbar, dass dieser Ärger nun endgültig vorbei ist", sagt Begemann, der sich um den anerkannten Flüchtling kümmert.

Der 58-Jährige flüchtete 2015 vor dem Krieg in Syrien und lebt nun in Begemanns Nachbarschaft. Kontakt zu seiner Frau und den drei Kindern, die er in der Türkei zurücklassen musste, hält Al Bach übers Handy. Er schloss einen Vertrag bei Vodafone ab, „weil die mir versprochen haben, dass ich günstig in die Türkei telefonieren kann", erinnert sich der Syrer.

Verbraucherschützer rät: Hilfe suchen

Doch die Versprechen wurden nicht eingehalten. Mit der Zeit häuften sich die Rechnungen in dreistelliger Höhe, und irgendwann konnte er sie nicht mehr bezahlen. Er habe lange und erfolglos versucht, seinen Vertrag zu kündigen, erinnert sich der 58-Jährige, der monatlich 400 Euro Hartz IV bekommt. Da seine Familie derzeit keine Einreiseerlaubnis erhalte, müsse das Geld für „zwei Leben in Deutschland und der Türkei reichen", sagt Al Bach. Er wolle arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Schulden seien ihm peinlich.

Doch Hasan Al Bach sei kein Einzelfall, betont Marcus Köster, Rechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale NRW: „Viele Schuldner erhalten, trotz Einigung mit Gläubigern, Schreiben von Inkassofirmen samt horrender Forderungen." Er könne nur allen raten, die Briefe von „modernen Schuldeneintreibern" erhalten, erst mal eine Verbraucher- oder Schuldnerberatung aufzusuchen. „Wer resigniert oder abwartet, riskiert Mahn- oder Vollstreckungsbescheide, und dann wird es richtig teuer", so Köster.

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