Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt


hat es sich gestern Abend ein wenig nach Déjà-vu angefühlt? Das ging nicht nur Ihnen so, leider ist versehentlich ein bereits veröffentlichter Newsletter herausgegangen. Deshalb gibt es heute ausnahmsweise zur Morgenlektüre direkt einen Nachschub hinterher. Schließlich ist einiges passiert. Schön, dass Sie noch da sind.

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass wir das erste Mal über die Ermittlungen gegen eine damals in U-Haft sitzende Detmolder Anwältin für Betreuungsrecht berichtet haben. Ein ganzes Jahr dauerte es dann noch, bis die Staatsanwaltschaft Detmold letztendlich Anklage in fast 40 Fällen erhoben hatte. Im November 2024 startete der Prozess vor dem Landgericht Detmold. Kaum zu glauben, dass der Fall jetzt tatsächlich ein Ende gefunden hat - zumindest vorerst.

Nach zehn Monaten intensiver Beweisaufnahme und insgesamt 29 Verhandlungstagen hat die Große Wirtschaftsstrafkammer die 59-jährige Juristin Ende vergangener Woche wegen gewerbsmäßiger Untreue, Betrugs in Tateinheit mit Untreue und versuchten Betrugs zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Darüber hinaus soll die Anwältin fünf Jahre nicht als Berufsbetreuerin arbeiten dürfen und rund 34.900 Euro Schadenersatz zurückzahlen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, die Verteidigung hat Revision angekündigt. Sie hatte ursprünglich Freispruch beantragt, die Staatsanwaltschaft forderte sogar sechseinhalb Jahre Haft samt Berufsverbot als Betreuerin (für immer) und Anwältin (für fünf Jahre).

Ein Verfahren voller Überraschungen

Kaum ein Gerichtsverfahren hat mich als Reporterin in letzter Zeit so intensiv beschäftigt und immer wieder aufs Neue erstaunt wie dieser Fall. So gut wie kein Prozesstag verging, ohne dass sich eine neue Überraschung auftat - oder sich das Verfahren in eine Richtung entwickelte, die selbst die Prozessbeteiligten nicht kommen sahen. Nervenzusammenbrüche, gefeuerte Verteidiger, ein blauer Karton voller Sparbücher - es gab unzählige Situationen, bei denen Zuschauer, Prozessbeobachter und Beteiligte große Augen machten.

Fest steht schon jetzt: Das letzte Wort in diesem Mammutverfahren ist noch längst nicht gesprochen. Das liegt nicht nur an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der das Urteil prüfen wird. Die Staatsanwaltschaft Detmold wird noch zwei weitere Fälle gegen die Anwältin zur Anklage bringen. Einmal soll die 59-Jährige das Sparbuch einer Betreuten mit einem stolzen Betrag verschwinden lassen haben. In einem weiteren Fall wirft ihr die Ermittlungsbehörde vor, das Auto aus dem Nachlass eines Betreuten einfach innerhalb ihrer eigenen Familie weitergegeben zu haben.

Auch der Ehemann der Anwältin wird sich bald selbst vor dem Amtsgericht verantworten müssen, die zuständige Richterin hatte das Ergebnis des Hauptverfahrens gegen seine Frau erst abwarten wollen. Auch hier geht es um mutmaßlichen Betrug von Pflegeleistung für einen von seiner Frau betreuten Senioren. Daneben werden wohl auch die kürzlich ebenfalls in diesem Komplex verurteilte Ex-Kanzlei-Mitarbeiterin und ihre in den Fokus geratene Nichte (noch einmal) auf der Anklagebank sitzen.

Wie es auch weitergeht, wir bleiben dran.

Sie haben Fragen oder Anregungen zu diesem Newsletter oder zu Themen rund um die Kriminal- und Gerichtsberichterstattung? Schreiben Sie gerne eine Mail an jkoenig@lz.de.

Ich freue mich über den Austausch mit Ihnen!

Viele Grüße aus der Redaktion,

Janet König