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Bad Lippspringe

Bad Lippspringe muss für Giftschlangen zahlen

Exotische Geschäftsidee geht zulasten der Stadtverwaltung

Bad Lippspringe muss für Giftschlangen zahlen - © Bad Lippspringe
Bad Lippspringe muss für Giftschlangen zahlen (© Bad Lippspringe)

Bad Lippspringe. Ein arbeitsloser Mann hat die Stadt Bad Lippspringe mit einer sehr gefährlichen Geschäftsidee in die finanzielle Bredouille gebracht. Nach Recherchen dieser Zeitung musste die Kommune monatelang für die Unterhaltung zahlreicher Giftschlangen aufkommen, die sie im vergangenen Jahr aus Gründen der Gefahrenabwehr beschlagnahmt hatte.

Wie aus sicheren Quellen verlautet, liegt die Stadt mit dem Hartz-IV-Empfänger in einem juristischen Clinch. Der Arbeitslose war auf die Idee gekommen, sich zahlreiche Giftschlangen zu besorgen, um bei ihnen das Gift zu melken und es an die Pharmaindustrie zu verkaufen.

Entgegen einer weit verbreiteten Meinung stehen viele Giftschlangen nicht unter Artenschutz. Sie dürfen zwar nicht aus dem Ausland nach Deutschland importiert werden, aber ihre Nachzuchten sind hierzulande auf Reptilienbörsen ganz legal zu erwerben. Die Eigentümer müssen allerdings dafür sorgen, dass die gefährlichen Tiere sicher und artgerecht gehalten werden.

77 Schlangen in der Wohnung

Daran soll es hier gemangelt haben. Der Arbeitslose soll 77 Giftschlangen, darunter sehr gefährliche Klapperschlangen, Sandrassel- und Puffottern, zunächst in seiner eigenen Wohnung versorgt haben. Danach soll er die Kriechtiere zu seinem Bruder ins städtische Übergangsheim zur Aufbewahrung gebracht haben. Bald beschwerten sich dort Mitbewohner, die sich selbst und ihre Kinder unkalkulierbaren Gefahren ausgesetzt fühlten. Nach Angaben der Stadt Bad Lippspringe befanden sich die Giftschlangen "weder sicher noch artgerecht" in Holzkisten und Kunststoffbehältern.

Giftschlange - © FOTO:DPA
Giftschlange (© FOTO:DPA)

Am 12. April 2013 sah sich das Ordnungsamt gezwungen, die Giftschlangen zu beschlagnahmen und in die Reptilienauffangstation des Landes NRW nach Rheinberg zu bringen. Allein im vergangenen Jahr seien rund 3.000 beschlagnahmte Tiere dort angekommen, sagte ein Sprecher der Einrichtung. Häufig würden Schlangen und Reptilien von sozial schwachen Personen gehalten. Oft laufe ihnen die Sache aus dem Ruder.

Von den Giftschlangen aus Bad Lippspringe habe man inzwischen "einige an Liebhaber vermitteln können", sagte der Sprecher. Der Erlös deckte jedoch nur einen Bruchteil der Kosten für Futter und Unterbringung. Laut Stadt summierten sie sich "auf einen fünfstelligen Eurobetrag". Dafür musste die Stadt Bad Lippspringe in Vorleistung treten. Bereits im Juni 2013 stellte sie dem Eigentümer der Giftschlangen eine Rechnung über fast 4.000 Euro. Der Hartz-IV-Empfänger kann sie vermutlich ohnehin nicht zahlen. Aus seiner Sicht war die Beschlagnahme nicht notwendig. Um gegen den Bescheid der Stadt zu klagen, verlangt er Prozesskostenhilfe. Das Verfahren liegt beim Oberverwaltungsgericht in Münster.

In der Reptilienauffangstation in Rheinberg hat man andere Sorgen. Die NRW-Landesregierung arbeitet an einer Gefahrtierverordnung, die andere Länder schon haben. Mit der Verordnung sollen schärfere Bedingungen zum Beispiel für das Halten von Giftschlangen durchgesetzt werden. Weil viele Halter das Geld dafür aber nicht aufbringen könnten oder wollten, sei zu befürchten, dass bald etliche Schlangen in der freien Natur ausgesetzt werden, sagte der Sprecher.

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