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Hilfe von Tierärzten vergeblich gesucht

Ehepaar Kemminer ist wütend, weil ihr Hund ohne medizinische Versorgung nach einem Unfall starb

VON CAROLIN NIEDER-ENTGELMEIER

Karin und Gerhard Kemminer trauern um ihren sechs Jahre alten Jack Russel Terrier Timo, der am Samstag angefahren wurde und kurze Zeit später starb. - © Foto: Carolin Nieder-Entgelmeier
Karin und Gerhard Kemminer trauern um ihren sechs Jahre alten Jack Russel Terrier Timo, der am Samstag angefahren wurde und kurze Zeit später starb. (© Foto: Carolin Nieder-Entgelmeier)

Bünde. Wenn Karin und Gerhard Kemminer nach Hause kommen, werden sie nicht mehr wie gewohnt von ihrem Hund begrüßt. Denn am Samstag wurde ihr Jack Russel Terrier Timo von einem Autofahrer in Ahle bei Bünde (Kreis Herford) tödlich verletzt. "Timo hat 45 Minuten ums Überleben gekämpft, bevor er in den Armen meines Mannes gestorben ist", sagt Karin Kemminer sichtlich bewegt. "Niemand konnte uns helfen, weil wir keinen Tierarzt erreicht haben. So konnte er nicht einmal von seinem Leid erlöst werden."

Am Samstag wollte Gerhard Kemminer mit Timo einen Spaziergang machen. "Ich habe die Tür geöffnet und Timo lief nach draußen", sagt Gerhard Kemminer. "Ich bin sofort hinterher gelaufen, doch ich war zu spät. Ein Autofahrer hat Timo übersehen und angefahren." Der sechsjährige Jack Russel Terrier war nach dem Unfall noch zirka 45 Minuten am Leben. "Der Unfallfahrer und ich haben drei Tierärzte in ihren Bünder Praxen angerufen", sagt Karin Kemminer. "Bei zwei Ärzten lief der Anrufbeantworter und ein Arzt verwies uns an Tierkliniken."

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Warnungen vor Giftködern

Seit einigen Tagen mehren sich die Hinweise auf Giftköder, die im Raum Hiddenhausen, aber auch am Doberg sowie rund um die Bustedter Wiesen gefunden worden sind. Hundehalter warnen sich gegenseitig in dem sozialen Netzwerk Facebook.

Trotzdem raten die Tierärzte in Bünde und Umgebung Hundehalten zur Ruhe. "Panik ist nicht sinnvoll, genauso wenig wie das Einschränken der Hunde durch kurze Leinen oder Maulkörbe", sagt Tierarzt Gunnar Meissner. "Es gibt zwar immer Mal wieder Verdachtsfälle, aber Rattengift kommt zum Glück nur sehr selten vor", erklärt Tierarzt Friedhelm Hanke.

Trotzdem sollten Hundehalter stets darauf achten, was ihre Hunde bei Spaziergängen essen. "Wenn Hunde etwas Buntes fressen, dann müssen Halter schnell reagieren und zum Tierarzt fahren. Die Tiere bekommen dann in der Regel eine Spritze, damit sie das Gift erbrechen können", rät Tierarzt Radovan Fabianek. (caro)

Doch in der Tierklinik Markendorf in Melle erreichten sie niemanden. Deshalb probierte sie es in der Tierklinik Quernheim in Kirchlengern. "Ich habe einen Tierarzt auf seinem Handy erreicht. Doch er sagte mir, dass er frühestens in 40 Minuten in der Klinik sein konnte", sagt Karin Kemminer. Doch bevor das Ehepaar mit seinem verletzten Hund in die Klinik fahren konnte, starb Timo. "Niemand weiß, ob man ihn noch hätte retten können, doch man hätte ihn wenigstens von seinem Leid erlösen können."

Tierärztliche Kliniken müssen ständig dienstbereit sein

Dabei gibt die Berufsordnung der Tierärztekammer Westfalen-Lippe vor, dass tierärztliche Kliniken ständig dienstbereit besetzt sein müssen. Um diese Dienstbereitschaft sicherzustellen, müssen mindestens zwei Tierärzte oder ein Tierarzt und eine Hilfskraft dienstbereit sein. "Dienstbereit bedeutet, auf Anforderung tätig zu werden. Besetzt sein bedeutet ständige Anwesenheit mindestens einer Person", erklärt Hans-Joachim Reichstein, Geschäftsführer der Tierärztekammer. "Nichterreichbarkeit oder Wartezeiten von über 20 Minuten sind nicht mit den Richtlinine der Berufsordnung vereinbar." Für Tierärzte, die in einer Praxis arbeiten, gelte diese Regelung nicht. "In Nordrhein-Westfalen sind Tierärzte in Praxen nicht zu einer Notrufbereitschaft verpflichtet."

In der Tierklinik Quernheim hatte am Samstag Leiter Radovan Fabianek Bereitschaft. "Ich habe einen vergifteten Hund in Hüllhorst behandelt. Als ich den Anruf aus Bünde bekam, habe ich erklärt, dass ich erst 40 Minuten später in der Klinik seien kann", sagt Fabianek auf Anfrage der NW. In Ausnahmefällen biete das Team Hausbesuche an, deshalb könne es zu Wartezeiten wie am Samstag kommen. "Ich war nach 40 Minuten in der Klinik und habe auf den Notfall gewartet. Allerdings kam niemand mehr." Der Leiter der Tierklinik Markendorf, Dirk Steffen, ergänzt: "Außerhalb der Sprechzeiten leiten wir die Anrufe auf ein Handy um, das immer jemand bei sich hat. Doch wir können nicht mit mehr als einer Person telefonieren. Deshalb kann es passieren, da aufgrund der Umleitung kein Besetztzeichen ertönt, dass für wenige Minuten niemand den Anruf entgegennehmen kann."

Da sich die Tierklinik Markendorf in Niedersachsen befindet, müssen die Tierärzte einer Klinik nicht anwesend sein. Die 24-Stunden-Rufbereitschaft sei allerdings genau wie in Westfalen-Lippe vorgeschrieben. "Da ich aber in dem Klinikgebäude lebe und meine Kollegin nur einen Kilometer entfernt, sind wir schneller als die Tierbesitzer in der Klinik." Im Notfall rate Steffen Tierbesitzern dazu, ein weiters Mal anzurufen, wenn niemand erreichbar ist. Ehepaar Kemminer hofft, dass anderen Tierbesitzern im Notfall besser geholfen wird. "Wir haben ein Familienmitglied verloren, das niemand mehr ersetzen kann."

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