Bielefeld/Düsseldorf. Für Geflügel in Risikoregionen in Nordrhein-Westfalen gilt ab Dienstag eine Stallpflicht. Das ordnete das Umweltministerium NRW an, nachdem das gefährliche Vogelgrippe-Virus H5N8 bei einem Wildvogel nachgewiesen worden war. Risikoregion in Ostwestfalen-Lippe ist der Rietberger Raum. Hier rasten Zugvögel am Steinhorster Becken.
Im Kreis Lippe ist der Kalletaler Norden von einer Stallpflicht betroffen. Im Wesentlichen gelte die Stallpflicht für die Ortschaften Farmbke, Erder, Varenholz und Stemmen, teilte der Kreis am Dienstagnachmittag mit.
"Es handelt sich um Gebiete mit durchziehenden oder rastenden Wildvögeln", sagte Wilhelm Deitermann, Sprecher des Ministeriums. So seien am Niederrhein viele Gänseschwärme unterwegs.
In Ostwestfalen-Lippe legen Wildvögel unter anderem Rast in den Weserauen im Kreis Minden-Lübbecke ein. Zuletzt war hier im Oktober 2006 Geflügelhaltern in den Städten Minden, Petershagen und Porta Westfalica die Stallpflicht auferlegt worden zum Schutz gegen die Vogelgrippe. Im Rietberger Raum machen Zugvögel am Naturschutzgebiet Steinhorster Becken Rast.
Kreisveterinärämter geben Informationen
In den Risikogebieten gelte die Stallpflicht ab sofort für konventionelle Betriebe, Biobetriebe und private Halter von Hausgeflügel, so das Umweltministerium. Alle freilaufenden Fasane, Puten, Gänse, Enten, Legehennen, Reb- und Perlhühner und Strauße sind in geschlossenen Ställen unterzubringen. Informationen geben alle Kreisveterinärämter. Übertragungen auf den Menschen seien unwahrscheinlich.
Durch die Aufstallung soll der Kontakt zu infizierten Wildvögeln ausgeschlossen werden. Ob sie die Ursache der jüngsten Ausbrüche von H5N8 in europäischen Mastställen sind, ist aber nicht belegt. Zwar war im Rahmen eines Wildvögel-Monitorings das Vogelgrippe-Virus vor wenigen Tagen erstmals in Europa bei einem Wildvogel nachgewiesen worden - bei einer Krickente in Mecklenburg-Vorpommern -, es sei jedoch sehr unwahrscheinlich, dass damit die Übertragungsquelle für die jüngsten Ausbrüche in Mecklenburg-Vorpommern, Großbritannien und den Niederlanden gefunden sei, sagte Birgit Kaiser de Garcia vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in NRW. "Der Vogelzug zieht zu dieser Jahreszeit nach Süden und in Richtung Asien, fliegt also in die falsche Richtung."
Stress für Weihnachtsgänse
Wahrscheinlicher seien Geflügelprodukte oder Futtermittel als mögliche Überträger, so Kaiser de Garcia. Die Stallpflicht sei vor allem eine Vorbeugungsmaßnahme. Heinrich Bußmann vom Geflügelwirtschaftsverband sieht ein großes Problem darin, dass die Geflügel-Prüfstationen nicht auf die aktuelle Gefahrensituation reagiert hätten. "Das Risiko ist groß, dass das Vogelgrippe-Virus durch Prüfer aus anderen Ställen eingeschleppt wird, in denen das Virus noch unentdeckt ist." Dagegen könne die Stallpflicht nicht vorbeugen.
Für die eingesperrten Weihnachtsgänse wird es in Ställen in NRW jetzt eng. "Das ist reiner Stress für die Tiere, die an den Freilauf gewöhnt sind", sagt Bernhard Beneke, Leiter des Gütersloher Kreisveterinäramts. Eine Not-Option könne sein, Schlachtungen vorzuziehen, um die Ställe zu leeren. "Die Gänse müssen aber auch auf ihr Gewicht kommen können."