Herford/Lübbecke. Gut jedem zweiten Tierheim droht nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes die Insolvenz. Auch in Ostwestfalen-Lippe spitzt sich die Lage zu. So musste 2014 eine Einrichtung in Bad Driburg geschlossen werden. Auch in Lübbecke und Vlotho schlagen die Träger Alarm.
Selbst wer ein Herz für Tiere hat, spart heute am Geld. Die Spenden seien zurückgegangen und Mitgliedsbeiträge blieben aus, klagt Marius Tünte, Sprecher des Tierschutzbundes, welcher die desaströse Finanzlage der Tierheime anprangert.
Ein Beispiel ist der Eichenhof in Vlotho. Schon im Herbst hieß es, die Zukunft sei ungewiss. "Wir hangeln uns derzeit von Monat zu Monat", sagte auf Anfrage die Vorsitzende Annette Kortekamp. Aktuell brauche man 5.000 Euro, um die Krankenstation der Katzen auszubauen und dadurch zertifizieren zu lassen. "Die finanziellen Rücklagen sind aufgebraucht." 173 Mitglieder gebe es, nur eine Neuanmeldung.
Auf die finanzschwachen Kommunen hofft Kortekamp ebenso wenig wie Renate Siekkötter vom Tierschutzverein Herford. Von einer Insolvenz direkt bedroht sei ihr Verein zwar nicht, aber ob "die sehr gute tiermedizinische Versorgung" beizubehalten sei, hänge von der finanziellen Situation ab. Siekkötter plant, mit mehr Briefen um Spenden zu bitten.
Verein in Lübbecke angeschlagen
Schwer angeschlagen ist auch der Tierschutzverein in Lübbecke. Eigentlich war ein Neubau geplant, daher fanden lange Zeit keine Renovierungen an dem 50 Jahre alten Bau statt. Doch dann kamen die Baupläne vom Tisch. "Würde morgen die Heizung ausfallen, dann wären wir von Insolvenz bedroht", sagt Cornelia Rosemann, die zweite Vorsitzende.
Die Zuschüsse der sieben Kommunen, für die der Verein tätig ist, seien zwar von jährlich 35.000 Euro auf 65.000 Euro 2015 gestiegen, doch dieser Betrag decke nur die laufenden Kosten. Deutlich kritisiert Rosemann den Mindestlohn. Im Lübbecker Tierheim gebe es daher keine Minijobber mehr. Künftig will der Verein mit einer Software des Tierschutzbundes arbeiten und Fallzahlen und die Verweildauer der Tiere erstmals elektronisch erfassen - auch um bei Verhandlungen belastbare Zahlen zu haben.
Bielefelder Tierfreunde verhandeln mit der Stadt
Hätten die Tierfreunde also früher mit den Kommunen in OWL verhandeln müssen? Helmut Tiekötter verneint das. Der Vorsitzende des Tierschutzvereins Bielefeld betont: "Verschlafen haben wir nichts." Seit 2014 führen die Bielefelder Gespräche mit der Stadt - mit 2.000 Mitgliedern im Rücken. Tiekötter ist zuversichtlich, dass man sich auf eine jährliche Zahlung von 270.000 Euro einigt; bisher waren es 50.000 Euro.
Ganz am Anfang steht die Deutsche Tierschutz-Union in Bad Driburg. Der Paderborner Verein hat das seit Juni 2014 geschlossene Tierheim übernommen. Der frühere Trägerverein "Tiere in Not" hatte seit Jahren mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Früher seien im Kreis Höxter 30 Cent je Bewohner (rund 145.000 Menschen) an das Tierheim geflossen, etwa 43.500 Euro. "Das ist unterirdisch", sagt Vorstandsmitglied Susan Smith. Künftig sind es 70 Cent, also mehr als 100.000 Euro. Smith bemängelt, es fehle im Tierschutz an Einigkeit, und es gehe zu oft um Emotionen. Auch deshalb hätten sich "viele Tierheime abspeisen lassen".
Tiere sind Fundsache
Laut Gesetz gelten herrenlose Tiere als Fundsachen; zuständig ist daher das Fundbüro (§§ 965 ff. BGB). In OWL geben die meisten Städte die Aufgabe ab und kooperieren mit einem Tierschutzverein. Mehr als 135 davon gibt es in NRW. Pro Jahr werden in Deutschland etwa 300.000 Tiere in mehr als 500 Tierheimen untergebracht.