Umgebaute Sonderzüge sollen Schäden durch Fußballfans vermeiden

Die Deutsche Bahn schlägt vor, Waggons mit Urinalrinnen auszustatten

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Fans des Fußball-Zweitligisten Eintracht Braunschwig hatten am 21.08.2015 auf dem Rückweg von einem Auswärtsspiel in Bielefeld in mehreren Zugwaggons randaliert. Scheiben und Lampen gingen zu Bruch, Decken wurden rausgerissen und ganze Waggons zugemüllt. - © dpa
Fans des Fußball-Zweitligisten Eintracht Braunschwig hatten am 21.08.2015 auf dem Rückweg von einem Auswärtsspiel in Bielefeld in mehreren Zugwaggons randaliert. Scheiben und Lampen gingen zu Bruch, Decken wurden rausgerissen und ganze Waggons zugemüllt. (© dpa)

Düsseldorf. Vermüllte Abteile, herausgebrochene Deckenverkleidungen, geborstene Fenster und Schmierereien mit Urin, Kot und Erbrochenem: Wenn Fußballfans den öffentlichen Nahverkehr nutzen, kommt es immer wieder zu Verwüstungen.

Die Schäden, die dabei entstehen, kosten die Bahnen und damit den Steuerzahler jedes Jahr 1,5 Millionen Euro. Um das Ausmaß der Schäden einzudämmen, hat eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Bahnbranche, der Fußballverbände und der Bundespolizei ein Beförderungskonzept erarbeitet, das umgebaute Sonderzüge mit Pinkelrinnen für Fußballfans vorsieht. Unter Federführung des Landes NRW soll das Konzept bundesweit umgesetzt werden.

Geplant ist, dass aus dem Bestand der Deutschen Bahn Züge für alle Bahnbetreiber bereitgestellt werden, die nur noch Fußballfans zu den Spielen fahren und nicht extra gechartert werden müssen.

Vier Sonderzüge mit bis zu acht Waggons nur für Fußballfans

An Spieltagen der Bundesliga sind nach Angaben der Bahn bundesweit 100.000 Fans unterwegs, die Richtung Stadien pendeln. Dafür müssen rund 140 Verbindungen bedient werden, um das Gros der Spielbesucher zu befördern. Der Plan sieht vier Zusatzzüge mit jeweils sechs bis acht Waggons vor. „Damit können und sollen nicht alle Fußballspiele abgedeckt werden, sondern rund 80 Prozent der aus Sicht der Bundespolizei sicherheitsrelevanten Begegnungen", erklärt der Hauptgeschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger im Schienenpersonennahverkehr, Frank Zerban, auf Anfrage.

Da es derzeit noch ausreichend Züge im Bestand der Bahn gibt, die gekauft und als Sonderzüge genutzt werden könnten, sollte das Konzept möglichst bald umgesetzt werden, fordert Zerban. „Der Umbau der Züge ist nötig, weil normale Waggons nicht über eine ausreichende Anzahl von Toiletten verfügen."

Deshalb seien unkonventionelle Umbaupläne diskutiert worden. „Aus Kapazitätsgründen sind Urinalrinnen sinnvoll, die dort, wo sonst Fahrräder abgestellt werden, parallel zu den Außenwänden eingebaut werden", ergänzt ein Bahnsprecher. In der Mitte des Wagens blieben Stehflächen und ein Durchgang bestehen. Zudem seien Pinkelrinnen leicht zu reinigen und entsprächen den Bedürfnissen der überwiegend männlichen Fans. „Die Anzahl normaler Toiletten soll, insbesondere für Frauen, auch erhöht werden."

Die Sonderzüge sollen zudem die Sicherheit an Bahnhöfen erhöhen und die Polizei entlasten. „Wenn Fußballfans ohne Umstiege zum Stadion kommen, können Aufeinandertreffen rivalisierender Fans und Eingriffe in den Bahnverkehr verhindert werden", erklärt Zerban. Nach Angaben der Bahn kostet die Verstärkung des Sicherheitspersonals an Spieltagen jährlich 700.000 Euro. Durch den Einsatz von Fußball-Zusatzzügen könnte der Bahnverkehr laut Zerban insgesamt beruhigt werden. „Regelfahrgäste fühlen sich nicht länger belästigt, wenn Fußballfans künftig getrennt befördert werden."

Das Konzept steht, doch die Finanzierungsfrage ist noch offen. Die Verkehrsministerkonferenz hat beschlossen, dass die Umsetzung des Konzepts unter Federführung des Landes NRW in Zusammenarbeit mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) zu einem verursachergerechten Ergebnis führen soll.

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek erklärt auf Anfrage: „Ich lade den DFB und die DFL ein, aktiver Teil einer Finanzierungsgemeinschaft zu werden." Weiter erklärt er: „Die Begeisterung für den Fußball und der gemeinsame Wille, Fans sicher zu Spielen zu bringen, sind gut. Noch besser ist es, auch die Finanzierungsverantwortung gemeinsam zu tragen." Keiner der Beteiligten dürfe sich auf die Zuschauertribüne zurückziehen, so der Minister.

Auf Anfrage werden DFB und DFL jedoch nur wenig konkret. Ein DFB-Sprecher erklärt, dass die Gewährleistung von Sicherheit im Reiseverkehr in erster Linie Aufgabe der Beförderungsunternehmen sei. Er verweist darauf, dass DFB und DFL das NRW-Pilotprojekt der länderübergreifenden Zusatzzüge (in den Spielzeiten 2013/2014 und 2014/2015), die gechartert werden mussten, mit unterstützt haben. Nach Angaben des NRW-Verkehrsministeriums mit 155.000 Euro für eine Saison.

Zum Vergleich: Das Land NRW hat für beide Spielzeiten 300.000 Euro gezahlt. Groschek hofft nun, dass sich DFL und DFB auch dauerhaft an einem bundesweiten Konzept beteiligen. Ein Engagement durch DFB und DFL, auch in finanzieller Hinsicht, sei für alle Beteiligten imagefördernd und würde die Akzeptanz bei den Fans, diese Züge zu nutzen, erhöhen.

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